Antisemitismus in der Linken: Safe Spaces auch für Jüd:innen
Antirassistische und migrantische Bündnisse haben ein Antisemitismus-Problem. Radikale Selbstkritik in Teilen der Linken ist dringend nötig.
Nach dem rassistischen Anschlag in Hanau im Februar 2020 gründeten sich mehrere sogenannte Migrantifa Gruppen, aktivistische Bündnisse, in denen sich seither vor allem migrantische Personen politisch organisieren. Diese Gruppen bieten einen Raum zum Austausch und zur Emanzipation. Doch die politischen Ansichten der Mitglieder stimmen nicht immer überein. Das gilt insbesondere beim Thema Nahostkonflikt und dem Umgang mit Antisemitismus.
Die Spaltung der Linken in dieser Thematik hat eine lange Geschichte. Bis 1967 unterstützte die deutsche Linke die Gründung des jüdischen Staats mehrheitlich, hatte dabei oft die Beispiellosigkeit des erst zwei Jahrzehnte zurückliegenden Holocaust vor Augen. Nach dem Sechstagekrieg jedoch erfolgte ein ruckartiger Sinneswandel, man richtete sich von da an gegen den „zionistischen Besatzerstaat“ – als höchste Form des US-Imperialismus und Kolonialismus. In diesem Weltbild fanden auch Verschwörungsideologien von der „zionistischen Weltherrschaft“ und vom „jüdischen Finanzwesen“ in Form des regressiven Antikapitalismus Platz. Sie wirken bis heute in relevanten Teilen der Linken fort, während Antisemitismus sowie die permanente Bedrohung jüdischen Lebens kategorisch ausgeblendet und stattdessen eine bedingungslose Solidarität mit Palästina eingefordert wird.
Israel ablehnende Positionen und antizionistische Sprechchöre und Plakate auf linken, antirassistischen Demonstrationen sind also kein neues Phänomen. Manche dieser Demonstrationen haben zunächst thematisch nichts mit dem Nahostkonflikt zu tun, andere sind explizit propalästinensisch. Auch in den vergangenen Monaten erweckte es den Anschein, als würden antirassistische Demonstrationen zunehmend von antiimperialistischen und antizionistischen Gruppierungen vereinnahmt, um unter dem Deckmantel des Antizionismus gegen Jüd:innen zu agitieren.
Dabei greifen Aktivist:innen und Bündnisse auf eine effektive Sprache zurück, indem sie nach dem Vorbild der postkolonialen Theorie, zu deren Vordenkern unter anderem Edward Said und Frantz Fanon gehören, in der Debatte um Israel und die palästinensischen Gebiete mit Begriffen wie „Apartheid“, „Siedlerkolonialismus“ oder gar „Genozid an den Palästinenser:innen“ um sich werfen.
Ereignisse wie die Intifada werden von Morden und Attentaten bereinigt und zu einer Aktion des legitimen palästinensischen Widerstands und revolutionärer „Abschüttelung der zionistischen Herrschaft“ stilisiert, wissenschaftlich elaborierte und anerkannte Begriffs- und Arbeitsdefinitionen werden abgelehnt, die Antisemitismusforschung der letzten Jahrzehnte wird ignoriert oder übergangen. PFLP-Terroristen wie Leila Chaled, die Hitler aufgrund seiner Judenfeindschaft bewunderte und Israels Umgang mit den Palästinensern mit dem Holocaust verglich, werden in diesen Kreisen zu Widerstandsikonen verklärt.
Vage Statements gegen Antisemitismus
Besonders in den vergangenen Monaten war zu beobachten, dass sich im Vorfeld solcher Demonstrationen zwar viele migrantische Bündnisse vor allem auf ihren Onlinekanälen von Antisemitismus abgrenzen, meistens aber ohne dabei ins Detail zu gehen, was sie unter diesem verstehen. Es wird stets betont, dass in ihren Reihen auch Jüd:innen aktiv sind – sie deshalb nicht antisemitisch sein könnten. Die Frage, wie und weshalb eine jüdische Identität antisemitische Haltungen verunmöglichen soll, wird gar nicht erst gestellt.
„Die Zusammenarbeit mit jüdischen, jedoch explizit antizionistischen Gruppen ist eine Imprägnierungsstrategie, um sich gegen Kritik im Vorhinein zu immunisieren“, sagt Samuel Salzborn, Antisemitismusbeauftragter des Landes Berlin. Häufig offenbare sich ein sehr naives, verkürztes oder falsches Verständnis von Antisemitismus im antirassistischen Bereich. Während offener, völkischer Antisemitismus der extremen Rechten erkannt werde, gebe es nur wenig Bewusstsein für neue Formen des Antisemitismus, der sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt habe, sich auf anderen, die Schuldabwehr beinhaltenden Wegen artikuliert oder im arabisch-muslimischen Kontext vorhanden ist, sagt Salzborn.
Die jüdischen Gruppen in vielen migrantischen Bündnissen sind explizit antizionistische Jüd:innen, die als Kronzeugen fungieren, um die Kritik an Antisemitismus abzuweisen. „Diese Formen des modernen Antisemitismus werden ausgeblendet, entweder naiverweise, weil man sich nur prekär dafür interessiert, was Antisemitismus ist, oder vorsätzlich, weil man in dieser Frage israelbezogene, antisemitische Positionen formulieren, aber nicht als Antisemit:in bezeichnet werden will“, so Salzborn.
Da im antirassistischen Kontext Zionismus oftmals eine Gleichsetzung mit Rassismus erfährt, Antisemitismus als Unterform des Rassismus verstanden und Antizionismus somit zu einem unbedingten, antirassistischen Standpunkt erklärt wird, erfolgt eine manichäische Aufspaltung in „gute“, also antizionistische, und „schlechte“ Juden. Jüd:innen wird nach einigen Spielarten reduktionistischer, postkolonialer Theorie, ein sogenanntes Jewish privilege und das Attribut weiß attestiert.
Israel wird dabei als rassistischer Kolonialstaat dämonisiert und fungiert nicht selten als Projektionsfläche für alles Böse, sagt Jakob Baier, Politikwissenschaftler und Antisemitismusforscher. „Hier treten antizionistisch-antisemitische Ressentiments zum Vorschein, die den politischen Aktivismus mancher antirassistischer Gruppen prägen“, sagt er. Die hochkomplexe Konfliktkonstellation werde häufig auf einen vermeintlich universalen Kampf von Unterdrückern vs. Unterdrückte reduziert. Gerade für junge Menschen, so Baier, kann das in einer bestimmten Phase ihrer Politisierung ein verführerisches Weltbild sein, „wonach sich im Staatswesen Israels angeblich die gesamte Ungerechtigkeit postkolonialer Herrschaftsverhältnisse konzentriert“.
Diese binäre Aufspaltung wird zum Grundmuster der gesamten Menschheitsgeschichte erklärt und somit jede:r, der die Gegnerschaft zu Israel nicht bedingungslos unterstützt, als rassistisch oder „nicht wahrhaftig links“ markiert und die Definitionsmacht darüber, wie eine linke Praxis auszusehen hat, vereinnahmt. Inhaltlicher Widerspruch in dieser komplexen Debatte und differenzierte Kritik werden energisch abgewehrt. Sowohl Migrantifa Berlin als auch Palästina Spricht lehnten eine Interviewanfrage der taz zu diesem Thema ab.
Antisemitismus bei Black Lives Matter
Levi Salomon, Vorsitzender des Jüdischen Forums für Demokratie, kritisiert die fehlende Debattenkultur. Personen, die sich nicht dezidiert antiisraelisch positionieren oder Positionen, die an der widerspruchsfreien Darstellung des Nahostkonflikts rütteln, seien nicht erwünscht. „Israelsolidarische Linke und zionistische Juden haben in vielen dieser antirassistischen Bündnisse keinen Platz“, sagt er.
Derartige Ausschlussmechanismen führen dazu, dass Jüd:innen nur dann ein Teil der Bewegung sein können, wenn sie gegen Israel sind und damit gegen den einzigen Staat, der Jüd:innen eine Zuflucht vor dem weltweiten Antisemitismus bietet. Die deutschlandübergreifende Gruppe „Jewish Resistance Alliance“, die sich aus ebendiesem Grund organisiert hat, kritisiert: „Im antirassistischen Kontext wird nur selten mitgedacht, dass auch viele Jüd:innen migrantische Identitäten haben, sie also teilweise nicht nur von Antisemitismus, sondern auch von Rassismus betroffen sind. Vor allem der Vorwurf aus vielen antirassistischen Kreisen, zionistische Jüd:innen oder Unterstützer:innen des Existenzrechts Israels seien rassistisch, trifft besonders hart.“
Antisemitismus unter dem Deckmantel des Antizionismus ist kein ausschließlich deutsches Problem: Auch Black-Lives-Matter-Gruppen (BLM) in den USA, England und Frankreich wurde dahingehend ein blinder Fleck und die Unfähigkeit zwischen Kritik an israelischer Politik und Antisemitismus zu unterscheiden attestiert. So wurden im Zuge mehrerer BLM-Proteste Synagogen und jüdische Geschäfte geschändet, zu Angriffen auf „Zionisten“ aufgerufen, uneingeschränkte Unterstützung für die „Befreiung Palästinas“ und für die BDS-Bewegung sowie die Ablehnung des „Apartheidstaats Israel“ erklärt. Zwischen den Fronten finden sich schwarze Jüd:innen wieder, die bei solidarischer Kritik an der BLM-Bewegung Anfeindungen aus dem antirassistischen Milieu erlitten. Bis heute steht eine Distanzierung von BLM von diesen lautstarken antisemitischen Äußerungen aus.
Bevor die Rechte, unter dem Vorwand Antisemitismus anprangern zu wollen, die Kritik an migrantischen Bündnissen für ihre rassistische Agenda vereinnahmt, bedarf es einer radikalen Selbstkritik, etwas, was die Linke seit Jahrzehnten auszeichnet, um ebendiese Gruppen inklusiver, universalistischer und somit auch weniger angreifbar zu gestalten. „Ich sehe eine Form von Abwehr der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der Schoah. Die Linke ist mehr denn je gefragt, hier selbstkritisch zu sein und eine klare Solidarität mit Jüdinnen und Juden zu bekennen und zu leben“, sagt Antisemitismusforscher Salzborn. Dazu gehöre auch eine scharfe Kritik am antiisraelischen Antisemitismus.
Leser*innenkommentare
Kawabunga
Irgendwie ist dieser Essay jetzt aber auch nur eine Aneinanderreihung von griffigen Zitaten verschiedenster Forscher:innen, Außeneindrücken von Entwicklungen einer heterogenen Bewegung bzw. verschiedenster Organisationen und einigen Allgemeinplätzen...
Janek Janeksen
Finde ich einen gelungenen und wichtigen Artikel.
Dorian Müller
Es sollte nicht schwer sein, ein Existenzrecht Israels anzuerkennen. Es sollte aber auch nicht schwer sein, ein Existenzrecht eines palästinensischen Staates anzuerkennen, warum ist das bei der Autorin kein Thema?
Wie soll "die Linke" - sagen wir mal "post-kolonialistische systemische und staatliche Ungerechtigkeiten" kritisieren, wenn Begriffe wie Apartheid, Kolonialismus und Rassismus Tabu sind bzw. man/frau dann sofort in die Ecke eines "antiisraelischen Antisemitismus" gestellt wird? Ich kann sehr gut unterscheiden zwischen dem menschenunwürdigen Handeln von israelischen Regierungsvertretern/ Politikern/ Militaristen/ Aktivisten und anständigen Israelis. Ich sehe den Konflikt auch nicht als maßgeblich religiösen Konflikt. Ich frage mich aber, warum so viele Menschen die Antisemitismusbeauftragten und (sog.) Antisemitismusexperten als politische, sprachliche, soziale und kulturelle Zensur- und Sanktionsbehörde ansehen und warum diese Experten Kritik immer nur auf einer Ebene der Ungerechtigkeit zulassen. Gerade links sollte man doch besser differenzieren, Kompromisse eingehen und politische Konfliktlösungen aufzeigen können. Dazu gehört nicht, jegliche Israelkritik (die nicht deren Existenzrecht abspricht) als Antisemitismus zu brandmarken.
Ich sehe die jüdischen Siedlungen und Besetzungen im Westjordanland sowie die Vertreibungen von arabischen Israelis in Ostjerusalem als Katastrophe auch für Israel an und den Eisverkaufstopp von Ben & Jerry's dort als gutes Signal. Bin ich deshalb jetzt auch Antisemit? Und die Europäische Union, welche den Handeln von EU-Waren dort erschwert, womöglich auch? Und natürlich auch die UNO, welche die Besatzung als völkerrechtswidrig eingestuft hat? Wer das alles als "antiisraelischen Antisemitismus" einstuft, entwertet den Begriff und schadet seinen Absichten langfristig selbst.
Budzylein
@Dorian Müller Sie fragen: "Wie soll "die Linke" - sagen wir mal "post-kolonialistische systemische und staatliche Ungerechtigkeiten" kritisieren, wenn Begriffe wie Apartheid, Kolonialismus und Rassismus Tabu sind bzw. man/frau dann sofort in die Ecke eines "antiisraelischen Antisemitismus" gestellt wird?"
Vielleicht, indem man bei seiner Kritik Begriffe wie Apartheid, Kolonialismus und Rassismus einfach dort verwendet, wo sie angemessen sind, und dort nicht, wo sie falsch sind. Israel ist kein Apartheidstaat; vergleichen Sie einfach die Situation israelischer Araber mit der von Schwarzen im früheren Südafrika. Israel ist auch keine Kolonialmacht; vergleichen Sie Israel einfach mit den Kolonialmächten und deren Politik in den Kolonien. Und die Politik Israels gegenüber den Arabern, die sich seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts Palästinenser nennen (vorher wurden nur in Palästina lebende Juden so genannt) als Rassismus zu bezeichnen, trifft es auch nicht, und zwar auch dort nicht, wo Israel gegenüber Palästinensern repressiv auftritt.
Und wieso sehen Sie jüdische Siedlungen im Westjordanland als "Katastrophe" an? Was soll denn Ihrer Ansicht nach mit den Bewohnern dieser Siedlungen geschehen? Sollen die alle vertrieben werden? Wenn ja: Wieso halten Sie dann "die Vertreibungen von arabischen Israelis in Ostjerusalem" (welche?) auch für eine Katastrophe? Finden Sie Vertreibungen von Juden gut, von Arabern aber schlecht?
Jim Hawkins
@Dorian Müller "Ich sehe die jüdischen Siedlungen und Besetzungen im Westjordanland sowie die Vertreibungen von arabischen Israelis in Ostjerusalem als Katastrophe auch für Israel an und den Eisverkaufstopp von Ben & Jerry's dort als gutes Signal. Bin ich deshalb jetzt auch Antisemit? "
Natürlich nicht.
Erlauben Sie mir ein Gedankenspiel. Israel löst alle Siedlungen im Westjordanland auf und alle Juden verlassen das Terrain, so wie es im Fall des Gaza-Streifens auch geschehen ist.
Was passiert als Nächstes?
Was ist damals in Gaza passiert?
Werden sich Hamas und Fatah auf friedliche und demokratische Art und Weise einigen, wie fürderhin dort Gerechtigkeit und Demokratie dort herrschen?
Oder bekommt die Hamas eine zweite Abschussrampe für ihre Raketen und wittert Morgenluft, was wiederum die Hisbollah auf kühne Gedanken bringen könnte.
Was meinen Sie? Sollte man das einfach mal ausprobieren?
Und: Kein Mensch mit Geschmack isst dieses beschissene Eis.
Lowandorder
@Jim Hawkins Geschätzter Mitstreiter 🏴☠️ jetztmal doch
1. Ein Freund-Weggefährte-RA & läster “Dompropstgroßneffe“ letzten Sündach auffe Banke: “Des Alten (RA too;) bester Freund war ein jüdischer Anwalt - der sich beizeiten gen usa 🇺🇸 abgesetzt & dort glänzend politsche Karriere gemacht hatte. Mein Lieblingsonkel! Zumal: Jedes Jahr kam einmal über den großen Teich, setzte dem Alten den Kopf grade &! wenn er auf den hier verhackstückten casus - logo - angesprochen wurde - sagte er: “Da bin ich Antisemit!“ Weiteres lehnte er ab!
&
2. Kommilitone Freund Weggefährte RA Florenz => ua ISTGH etc
“Wenn ich mir das Staatsangehörigkeits Recht Israels (vor! der neueren Version!)
Durchlese & sage - daß erinnert mich aber stark an die Nürnberger Rassegesetze! Dann mögt ihr mich einen Antisemiten nennen. Stimmen tut es aber doch • “
& nochens - als alter Fahrensmann -
Dieses ganze fiktive Gehampel “was wäre wenn…?“ - das hab ich als Richter früh gelernt - is für die Galerie!
Entscheidend ist was Sache:
Die Siedlungen sind gezielt unter Bruch des Völkerrechts mit Millionen Schekel 💵 Anfütterung geschaffen! That‘s fact!
&
Ende der Fahnenstange •
Soweit mal
Jim Hawkins
@Lowandorder Das Schöne ist, hier haben wir ein Thema, bei dem wir uns niemals im Leben einig sein werden. :-)
Lowandorder
@Jim Hawkins Liggers. Hörnmer ihn noch Uri Avnery -
“…Von 1938 bis 1942 war er Mitglied der Irgun. Avnery trat nach eigenen Angaben der Untergrundorganisation bei, um für die Freiheit gegen die britische Mandatsmacht zu kämpfen, er verließ jedoch die Organisation aus Protest gegen ihre „anti-arabischen und reaktionären Ansichten und Terrormethoden“. …
Das Nationalstaatsgesetz Israels von 2018 kritisierte er als „halbfaschistisch“. Im letzten Artikel, den Uri Avnery schrieb, heißt es am Schluss: "Wir sind in diesem Land nicht Bewohner auf Zeit und wir sind nicht jeden Augenblick bereit, uns unseren jüdischen Brüdern und Schwestern in anderen Ländern der Erde zuzugesellen. Wir gehören zu diesem Land und wir werden hier noch viele künftige Generationen leben. Deshalb müssen wir zu friedlichen Nachbarn in der Region werden, die ich schon vor 75 Jahren „die semitische Region“ genannt habe. Das neue Nationen-Gesetz zeigt uns eben durch seine halbfaschistische Natur, wie dringlich diese Debatte ist. Wir müssen entscheiden, wer wir sind, was wir wollen und wohin wir gehören. Andernfalls ist unser Staat dazu verdammt, dauerhaft ein Staat der Zeitweiligkeit zu sein."
de.wikipedia.org/wiki/Uri_Avnery
&
Daß keine der israelischen Parteien einschl. der Arbeiterpartei ernsthaft eine Lösung wollte - außer dann Rabin.
Der prompt 1995 erschossen wurde - ist eigentlich auch geschichtlicher Fakt!
&
“ „‚Da ist sie!‘ brüllten sie, als ich in die Garageneinfahrt unter unserem Miethaus einbog. Ich saß ganz allein in dem Wagen, kein Sicherheitsbeamter bei mir. ‚Nach den nächsten Wahlen wirst du mit deinem Mann auf dem Marktplatz hängen. Mit den Füßen nach oben. Wie Mussolini und seine Mätresse‘, brüllte jemand aus der Menge. … Einige der Demonstranten vor unserem Mietshaus verglichen uns sogar mit Nicolae und Elena Ceaușescu, dem vielleicht meist geschmähten Despotenpaar der Neuzeit … Jitzchak und ich bekamen diese Schmähungen,…
de.wikipedia.org/wiki/Jitzchak_Rabin
Kawabunga
@Jim Hawkins Und welche Umstände bedingen oder begünstigen das interne politische Chaos bei den Palästinenser:innen? Wieso kann sich die Hamas so profilieren?
Die Situation kann weder im Hau-Ruck-Verfahren gelöst werden, noch kann der aktuelle Zustand so weitergehen. Als letztlich deutlich stärkere Partei sehe ich hier aber den israelischen Staat in der Verantwortung, erste Schritte zu gehen. Denn der Status Quo wird niemals ermöglichen, dass Israel ein wirklicher Schutzraum für jüdische Menschen ist.
Jim Hawkins
@Kawabunga " Denn der Status Quo wird niemals ermöglichen, dass Israel ein wirklicher Schutzraum für jüdische Menschen ist.
Au contraire, mon frère.
Durch die Stabilisierung des Status Quo ist Israel sehr sicher.
Und: Es ist ja nicht so, dass Israel nie versucht hätte, etwas anderes als den Status Quo auszuhandeln.
Das werden Sie mit Sicherheit auch anders sehen, aber die Palästinenser haben, teilweise aus lächerlichen Gründen, noch jeden Deal platzen lassen.
petronius_arbiter
@Jim Hawkins jim hawkins, natürlich soll "man es nicht einfach ausprobieren" wie in gaza, wo scharon ja genau wußte, was kommen wird - und die machtübernahme der vorher von israel als gegenkraft zur fatah gepäppelten hamas bewußt provoziert hat, um dann (genau so wie sie jetzt) scheinempört rufen zu können "da sehrt ihr, was dabei herauskommt, wenn man palästinensern rechte gibt"
nein, nicht "einfach mal so" - sondern geordnet, von beiden seiten einvernehmlich ausgehandelt, organisiert und vorbereitet
wie das in zivilisierten staaten und demokratisch-rechtsstaatlichen systemen eigentlich auch üblich ist
Jim Hawkins
@petronius_arbiter Das mit dem "einfach ausprobieren" war eine ironische Zuspitzung.
"wie das in zivilisierten staaten und demokratisch-rechtsstaatlichen systemen eigentlich auch üblich ist"
Was ist am palästinensischen System demokratisch-rechtsstaatlich?
www.amnesty.de/inf...rt/palaestina-2020
Anscheinend gar nichts.
My Sharona
@Jim Hawkins Schönes Gedankenspiel. Wenn man es macht wie in Gaza (Verhinderung einer positiven Entwicklung, bei der ein relevanter Teil der Einwohner*innen für sich und die Kinder und Enkel eine Perspektive sieht - siehe Fischereirechte, Flughäfen, Universitäten usw.), wird ein solcher Versuch vielleicht (?) scheitern. Ich für meinen Teil bemühe mich, differenziert zu sein, kann einige Punkte der Autorin auch nachvollziehen, muss aber auch sagen, dass ich noch keine Kritik an israelischem Regierungshandeln gelesen habe, die nicht als antisemitisch bezeichnet worden wäre. Mir drängt sich ein wenig der Eindruck auf, dass die Kleins dieser Welt in dieser Beziehung nur Hohlheiten absondern. Die debattenverhindernde Debattenkultur, die in der Kolumne beklagt wird, ist nicht nur bei der radikalen Linken zu finden. Und - ich habe so ähnlich, wenn ich mal Zeit hatte, schon anderweitig in der taz kommentiert - die Vorstellung eines transzendenten, in seiner Substanz ewig gleichen und von Geschichte, Gesellschaftform und Psychologie nur oberflächlich veränderbarem Antisemitismus (das Böse halt, dem sich Juden seit Beginn der überlieferten Geschichte ausgesetzt finden) führt zu keinem Verständnis des Phänomens. Der Nahostkonflikt ist in der Tat komplex (wie die Kolumne richtig feststellt). Komplexität verlangt nach Kontexten, doch die werden von der Autorin und den Kleins dieser Welt verweigert.
Jim Hawkins
@My Sharona Die Palästinenser sind die Gruppe, die pro Kopf die höchste finanzielle Unterstützung durch die Weltgemeinschaft erfährt.
Sie haben ein UN-Hilfswerk ganz für sich alleine.
Und was machen sie daraus. Sie untertunneln den Gazastreifen, bauen und kaufen Waffen und Raketen, die sie dann in den Schulen der UNRWA lagern.
Da ist dann wohl auch Israel daran schuld.
Und: "Israelkritik" ist ein Begriff, den es nur so gibt. Für kein anderes Land.
Israel wird von Gott und der Welt kritisiert. Jeden Tag. Überall.
www.zeit.de/politi...Fwww.google.com%2F
Kritikern werfe ich dann Antisemitismus vor, wenn sie sich antisemitisch äußern.
Dann sagt man mir meistens, ich würde mit einer Keule herumfuchteln und den Antisemitismus mit meiner Antisemitismus-Kritik befeuern.
Kein Land steht so im Fokus der Kritik wie Israel. Der Menschenrechtsrat der UN verurteilt kein Land so häufig wie Israel.
Jüngst hat er sich entblödet, nur Israel wegen Verletzung der Menschenrechte palästinensischer Frauen zu verurteilen.
www.juedische-allg...wieder-nur-israel/
Eingebracht haben die Resolution u.a. die Frauenparadiese Belarus, Iran, Saudi-Arabien und Pakistan.
Da muss einem doch mal etwas auffallen, oder?
Der schönen Natalie Portman ist etwas aufgefallen:
www.spiegel.de/spi...sam-a-1118010.html
Jetzt bin ich müde und wünsche noch einen schönen Tag.
Beate Homann
Ein wichtiger, guter Artikel! "Schuldabwehr" ist ein zentraler Begriff als Erklärung für den Antisemitismus der deutschen Linken, die - in der Tradition ihrer Vorfahren aus der NS-Volksgemeinschaft - gern als die eigentlichen Opfer gesehen werden wollen in ihrem Einsatz für die Unterdrückten dieser Welt...
Pfanni
Auch die SED, Staatspartei der ehemaligen DDR (die nach mehreren Häutungen zur heutigen Linkspartei wurde) hatte diesbezüglich ihre Probleme: Wie sollte man sich dem jüdischen Staat und seinen Bürgern gegenüber positionieren?
Schließlich fand man die Lösung in der Formel: „Zionismus und Antisemitismus sind zwei Seiten derselben Medaille“! Praktikabel war das freilich nicht. Das „herumgeeiere“ in den DDR-Medien ging weiter, wenn es um die Juden und den Staat Israel ging.
97287 (Profil gelöscht)
Gast
Safe spaces auch für Jüd:innen- Allein die Titelzeile lässt schaudern. Bedeutet dies doch nichts anderes als Ghettoisierung. Gerade in Berlin , der Stadt in der von den Berlinern unwidersprochen Judenhäuser eingerichtet wurden, in der Stadt in der sich in Mitte, Kreuzberg, Neukölln und Prenzlauer Berg kein Jude mit Kippa öffentlich zeigen mag.
Eine Stadt in der BDS gemeinsam mit der arabischen/ türkischen Community unter dem Mantel des Antizionismus ein freies jüdisches Leben verhindern, und jede jüdische Einrichtung Polizeischutz benötigt. Allein die Diskussion über die Notwendigkeit über Safe Spaces für Juden in Berlin zeigt , dass der Antisemitismus in weiten Bereichen der Linken, der arabischen und türkischen Community wieder salonfähig ist. Auf Grund unserer Geschichte sollten Antisemiten jeglicher Couleur aus dem öffentlichen Bereich verbannt werden, der BDS gehört verboten und antisemitische Ausländer und Staatenlose sollten ausgewiesen und rückgeführt werden. 6 Millionen getötete Juden sind genug, kein mm den Antisemiten in diesem Land.( Das gilt auch für Bio- Deutsche)
Kaboom
@97287 (Profil gelöscht) Und jetzt mal zurück in die reale Welt: Jüdische Einrichtungen hierzulande müssen (IMHO eine Schande für dieses Land) seit Jahrzehnten geschützt werden. Weil der braune Bodensatz dieses Landes auch nach dem 2. Weltkrieg eine Bedrohung für Leib und Leben blieb. Mit den bösen Ausländern (btw. der offizielle Ersatz-Hass für den braunen Bodensatz ab den 60ern) hat das Null zu tun.
Der Antisemitismus "in weiten Bereichen der Linken" existiert allein in Ihrer Phantasie.
Und auch wenn die neue Rechte hierzulande das ungern hört: über 90% der Gewalttaten gegen Jüdinnen und Juden hierzulande werden von Faschos und anderen Rechten begangen.
Dorian Müller
@97287 (Profil gelöscht) Wohin sollen denn die deutschen Antisemiten ausgewiesen werden, nach Israel vielleicht? Welches Land würde sie (oder auch Staatenlose) aufnehmen und wo wollen sie eine Zweidrittelmehrheit hernehmen, um das Grundgesetz zu ändern?
In Berlin leben viele Israelis und Juden ohne Safe Spaces, sicher nicht immer unbedrängt von Hunderttausend "arabischen" bzw. türkischen Nachbarn, aber in Berlin gibt es da sicher mehr Austausch, Kommunikation und sogar Freundschaften zwischen diesen Gruppen als im Nahen Osten. Und das bringt auch mehr als das Verbot von friedlichem Protest, die 25. neue Unterkategorie einer Antisemitismusdefinition oder einer einseitigen Einteilung der Welt in Gut und Böse.
97287 (Profil gelöscht)
Gast
@Dorian Müller Na , dann ist ja alles bestens geregelt und wir können uns ruhig schlafen legen.
Jim Hawkins
Sehr gute Darstellung dieser traurigen Thematik. Vielen Dank.
(Und bei dem Thema müssen die Moderatorinnen sicher Sonderschichten planen.)
Beskar
@Jim Hawkins Absolut verdrehte und selbst in den Ansätzen kaum Haltbare Behauptungen, mehr nicht.
Mal gucken, was auf dem Gebiet tatsächlich Kompetente sagen:
www.hrw.org/report...id-and-persecution
Gut scheint an diesem Artikel nur die Implementation von Chomsky's Propagandamodell.
Anja Böttcher
@Beskar Ihr Post ist ein guter Beleg für genau das, was Sie so vehement abzustreiten versuchen.
Erstens geht er, wie gerade der deplazierte Link beweist, komplett an der Thematik des Artikels vorbei, der sich damit befasst, dass Jüdinnen und Juden zunächst in den USA, wo sie traditionell zu den engagiertesten Unterstützern der Sozial- und Menschenrechtsbewegungen immer gehört haben, dann entsprechend auch in Europa, seit BLM massiven Anfeindungen ausgesetzt sind. Dies gilt weitgehend inzwischen insgesamt für die studentischen Milieus der Ivey League universities - und ist bestens belegt.
Als Ausweg, um nicht als besonders hegemoniale und somit als "privilegiert" geltende "weiße" Minderheit angepöbelt zu werden, wird ihnen die kategirische Beytreitung des Existenzrechts Israels abverlangt, während global der Antisemitismus nachweislich rapide zunimmt.
Das mit einer apologetischen Haltung gegenüber der Siedlungspolitik oder Benjamin Netanjahu gleichzusetzen, ist für einen Nachkommen der Täter schon ein dickes Ding -zumal beides bei den weithin linken amerikanischen Juden alles andere als gut im Kurs steht.
Ein Witz ist es jedoch die Behauptung, die Darlegungen hier entsprächen dem, was Noam Chomsky in "Manufacturing Consense" (in dem er mit Herman sein Propagandamodell entwickelt) als Propaganda bezeichnet. Chomsky und Herman analysieren da nämlich Pressekampagnen zur Durchsetzung muskulärer US-Außenpolitik. Sie liefern kein Modell zu Analyse einzelner Artikel.
Sie haben sie also offenbar nicht gelesen, da es Ihnen wohl nur darum geht, eine Darlegung des steigenden Antisemitismus, auch von links, in ein schräges Licht zu setzen. Da kann man nur sagen: Quod erat demonstrandum.
Jim Hawkins
@Beskar Na das nenne ich mal schlüssig und differenziert argumentiert.
Ein Link muss schon genügen, schließlich habe ich ja recht. Wozu sich mehr anstrengen?