Antira-Stiftung zu Rassismus in Cottbus: „Aufnahmestopp ist falsches Signal“
Nach Angriffen auf Geflüchtete klagt die Kulturministerin über Imageverlust. Kira Ayyadi von der Amadeu-Antonio-Stiftung fordert Integrationskurse – für beide Seiten.
taz: Frau Ayyadi, in Cottbus hat es wiederholt Auseinandersetzungen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen in Cottbus gegeben. Das hat aus Sicht der brandenburgischen Kulturministerin Martina Münch (SPD) zu einem Imageschaden für die Stadt geführt. Ist das das größte Problem?
Kira Ayyadi: Man muss zunächst fragen, was mit Imageverlust überhaupt gemeint ist? Geht es um den Imageverlust in Bezug auf die rechte Gewalt gegenüber Geflüchteten oder um gescheiterte Integration von Migranten? Das wird nicht klar genannt, dabei wäre eine Benennung der Gewaltbereitschaft gegenüber Flüchtlingen von Nöten.
Erst nachdem etwas passiert ist, wird das Problem in die Öffentlichkeit getragen und es werden Konsequenzen gefordert und umgesetzt. Wieso?
Zunächst muss man feststellen, dass es Vorfälle gab, die medial nicht in dem Maße behandelt wurden, wie es sein müsste. Dass vermutlich Neonazis in der Silvesternacht eine Flüchtlingsunterkunft gestürmt haben und die Bewohner massiv zusammengeschlagen haben, wurde medial kaum aufgegriffen.
Nach Anweisung des Landesinnenministeriums sollen zunächst keine Flüchtlinge mehr nach Cottbus verteilt werden. Wie bewerten Sie diese Reaktion?
Das hat den rassistischen Kräften in Cottbus nicht den Wind aus den Segeln genommen. Viel mehr fühlen sie sich bestärkt in ihrem gewaltsamen Vorgehen – das ist eindeutig das falsche Signal der Stadt Cottbus.
Die 29-Jährige ist Redakteurin bei Belltower.News, der Informationsplattform der Amadeu Antonio Stiftung. Ziel der Stiftung ist eine demokratische Zivilgesellschaft, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet.
Also sollten als Reaktion auf Vorkomnisse wie diese, grundsätzlich keine Änderungen am Verteilungsschlüssel vorgenommen werden?
Cottbus ist Aufgrund solcher Übergriffe nicht das erste Mal in den Nachrichten, darum muss man sich im Sinne der Geflüchteten schon mit der Frage beschäftigen, ob die Stadt die Sicherheit der Geflüchteten gewährleisten kann oder nicht. Grundsätzlich ist es aber immer das falsche Signal den Forderungen der Rechten im Prinzip zu entsprechen.
An welche alternativen Maßnahmen denken Sie?
Eine stärkere Finanzierung der Sozialarbeit, Integrationskurse und Aufklärungsseminare – für Bewohner als auch Flüchtlinge – würden helfen, dass das Problem auch langfristig angegangen wird. Der Aufnahmestopp löst ja nicht partout das Problem, dass die Stadt Cottbus hat, nämlich dass sich hier quasi eine rechte Erlebniswelt etabliert hat.
Also ist Cottbus von Rechtsextremen dominiert?
Cottbus ist eine diverse Stadt mit weltoffenen Bürgern, die sich den rassistischen Kräften entgegenstellen will. Allerdings agiert hier eine gut organisierte, militante Neonaziszene, welche die in Cottbus durchaus vorhandene Zivilgesellschaft durch pure Gewaltandrohung zum Schweigen bringt. Das sehen wir auch daran, dass es am Samstag keine Gegendemonstration gab.
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