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An­ti­fa­schis­t*in in UngarnMaja T. muss in Haft bleiben

An­ti­fa­schis­t*in Maja T. bleibt bis Ende Oktober in ungarischer Untersuchungshaft. Anwälte legen Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ein.

Maja T. muss in Haft bleiben: Protest in Leipzig gegen die Auslieferung von Maja T. nach Ungarn am 7. Juli 2024 Foto: M. Golejewski/AdoraPress

Berlin taz | An­ti­fa­schis­t*in Maja T. aus Thüringen muss in Ungarn im Gefängnis bleiben. Wie die Budapester Staatsanwaltschaft der taz mitteilte, war sie mit einem Berufungsantrag gegen eine Aussetzung der Haft erfolgreich. Der Beschluss gilt bis Ende Oktober. In einer ersten Instanz hatte ein Gericht noch entschieden, dass Maja T. gegen eine Kaution von 30 Millionen Forint (76.000 Euro) und der Auflage, sich einmal monatlich bei der Polizei zu melden, aus der Haft entlassen werden kann.

In einer weiteren Anhörung entschied Anfang der Woche ein Gericht zudem gegen die Möglichkeit einer Hausarrestlösung. Eine Beschwerde dagegen beim Berufungsgericht läuft, wie Majas Anwalt Sven Richwin der taz mitteilte. Gleichwohl sagt Richwin: „Ich habe den Eindruck, dass sie Maja in Haft behalten wollen.“ Anders als noch bei der ersten Anhörung sei die Staatsanwaltschaft nun „besser vorbereitet“ gewesen.

Maja T. wird vorgeworfen, mit anderen Autonomen am Rande des neonazistischen Tags der Ehre im Februar 2023 Rechtsextreme angegriffen zu haben. Der Vorwurf lautet auf schwere Körperverletzung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Im vergangenen Dezember war Maja T. in Berlin festgenommen worden.

Nach einer Entscheidung des Berliner Kammergerichts über ein Auslieferungsbegehren war T. Ende Juni nach Ungarn überstellt worden. Einer Intervention des Bundesverfassungsgerichts, das eine Auslieferung untersagte, kamen die Behörden durch eine eilige Abschiebung über Nacht zuvor.

Schlechte Haftbedingungen

Laut Anwalt Richwin sitzt Maja T. seitdem im Untersuchungsgefängnis in Budapest in einer Einzelzelle, die 24 Stunden am Tag videoüberwacht wird. Wie schon die italienische Antifaschistin und inzwischen gewählte Europa-Abgeordnete Ilaria Salis zuvor berichtet hatte, gebe es Probleme mit Bettwanzen und verschimmeltem Essen. Richwin sagt: „Alle Befürchtungen sind wahr geworden. Die Unterbringungsrealität in der U-Haft ist schlimmer als in der normalen Haft.“

Die Argumentation der deutschen Behörden, dass eine Haftstrafe nach einer möglichen Verurteilung in Deutschland verbüßt werden dürfe, lenke davon ab, dass Maja T. nun ohne rechtskräftiges Urteil auf unbestimmte Zeit in U-Haft bleiben müsse. Laut Richwin könne dies sogar „mehrere Jahre“ dauern. Es sei „völlig unklar“, wann es zu einem Prozess kommt. „Willkür ist die Überschrift für alles, was da passiert“, so Richwin.

Gang nach Karlsruhe

Majas Anwälte haben gegen den Auslieferungsbeschluss des Berliner Kammergerichts am Montag Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingelegt. Dabei geht es im Kern um die Belastbarkeit der Zusagen der ungarischen Behörden. Das ungarische Justizministerium hatte zugesichert, dass es für T. menschenrechtskonforme Haftbedingungen geben werde, die von den Anwälten und deutschen Konsulatsmitarbeitenden überprüft werden können. Menschenrechtsorganisationen haben die Bedingungen in ungarischen Haftanstalten wiederholt kritisiert.

Doch Richwin, der selbst, anders als ein in Ungarn mit dem Fall betrauter Kollege, noch immer keinen Zugang zu Maja T. hat, sagt: „Das Konsulat betrachtet es nicht als seine Aufgabe, die Haftbedingungen zu kontrollieren und protokollieren.“ Damit dauere der „Grundrechtsverstoß“ an. Doch selbst wenn das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung als rechtswidrig einstuft und den Fall zurücküberweist, würde dies für die aktuelle Situation von Maja T. nichts ändern. Richwin hofft allerdings auf eine „generalpräventive Wirkung für andere Verfahren“.

Im Mai war ein weiterer Antifaschist wegen der Vorfälle in Budapest in Nürnberg festgenommen worden. Ein Auslieferungsbegehren aus Ungarn gibt es bislang nicht.

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23 Kommentare

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  • Wie kann es eigentlich sein, das Behörden richterliche Anordnungen ignorieren, oder ihnen offensichtlich absichtlich zuvor kommen, ohne das dies disziplinarisch geahndet wird?

    • @Tim Klabim:

      Die Frage ist absolut berechtigt und es ist wirklich eine Schande. Es bliebt zu hoffen, dass es eine Untersuchung gibt und die Verantwortlichen zu Rechenschaft gestellt werden. Wenn nicht, dann ist die Gewaltenteilung in Deutschland in Gefahr.

    • @Tim Klabim:

      Doch, ja, das kann sein: Belarus, Russland, Nordkorea, Ägypten, Bundesrepublik Deutschland....

  • Der Verfassungsblog erläutert, warum die Auslieferung von Maja T. rechtstaatliche Standards verletzt.

    In einem italienischen Fall (Ilaria S.) hielt Staatsanwalt Giulio Benedetti eine Auslieferung nach Ungarn für nicht möglich. Er sagte vor Gericht: »Ungarn hat keine ausreichenden Garantien für die Achtung der Menschenrechte im Gefängnis gegeben.«



    15 Monate saß Ilaria S. in Untersuchungshaft in Budapest, in einem Gefängnis, das von Ratten und Ungeziefer befallen war, in dem sie sich tagelang nicht waschen durfte und es keine medizinische Akutversorgung gab. Bis zu 24 Jahre Haft standen für Ilaria zunächst im Raum. Nach ihrer Wahl ins Europaparlament konnte sie am 17. Juni wieder nach Italien zurückkehren.

    Wenn also für Maja T. Menschenrechte in der Haft in Ungarn nicht gewährleistet sind, so fragt sich, in wie weit Annalena Baerbock nach dem Versagen der deutschen Staatsanwaltschaft dafür sorgen muss, dass die Menschenrechte von Maja T. im Gefängnis gewährleistet werden.

    verfassungsblog.de...g-gewaltenteilung/

    • @Lindenberg:

      Ich denke eine Petition über Avazz wäre hier angesagt. Ob Frau Beaerbock darauf reagiert bleibt die Frage, aber zumindest würde der öffentliche Druck steigen und der Fall gerät weniger schnell in Vergessenheit!

    • @Lindenberg:

      Dem Blogbeitrag fehlt es an überzeugenden Argumenten. Die Regelung von aufschiebenden Wirkungen und nicht aufschiebenden Wirkungen ist korrekt dargestellt. Insoweit hat die Behörde richtig gehandelt. Insoweit wäre allenfalls der Gesetzgeber gefordert, Änderungen vorzunehmen.

      Im Übrigen kann auch die Tatsache, dass das BVerfG keinen Hinweis erteilt hat, nicht im Sinne des Blogs verstanden werden. Für die Erteilung eines soclhen Hinweises fehlt es schlichtweg an einer Rechtsgrundlage. Damit sind die Richter dafür nicht zuständig.

      • @DiMa:

        Eine Abschiebung in ein Land, in dem grundlegenden Menschenrechte nicht geachtet werden, ist mit der deutschen Rechtssprechung nicht vereinbar. Das ist auch dem zuständigen Gericht bekannt. Dass es trotzdem die Abschiebung genehmigt hat, ist schlicht ein Justizskandal!

      • @DiMa:

        Sie befassen sich mit keinem der dort genannten Argumente. Danke für Ihren Kommentar.

        • @THu:

          Sehr gerne. Im Blockbeitrag fehlt es an der Nennung rechtlicher Grundlagen oder dem Verweis auf Grundlagenurteile. Es wird lediglich eine Behauptung aufgestellt ohne diese weiter zu unterfüttert. Die Beiträge auf Verfassungsblog haben sonst eine hohe Qualität.

  • Man sollte mit aller Kraft die Verantwortlichen der hastigen Abschiebung zur Rechenschaft ziehen. Das war doch sehr bewusst so inszeniert. Es war offensichtlich, dass ein Beschluss unmittelbar bevorstand und man fürchtete genau das, was dieser Beschluss dann auch bestätigte: KEINE Auslieferung an Ungarn. Es wäre wünschenswert, wenn die Behörde(n) auch bei anderen Fällen so zackig arbeiten würden. Das Ganze ist eine Riesensauerei unseres Staatswesens - und niemand stört sich ernsthaft dran. Wie soll ich sowas den Kindern und Jugendlichen erklären, die man zu ordentlichen Menschen erziehen will?

  • Das ist eigentlich überal so üblich. Wenn man aus dem Ausland nicht zur Verhandlung erscheint kommt man in U Haft. Wenn Zb. ein Mensch aus der Türkei nach Deutschland einreist und vorher nicht zu einem Gerichtstermin in einer Strafsache erschienen ist, dann wird er in U Haft gebracht.

  • "dass eine Haftstrafe nach einer möglichen Verurteilung in Deutschland verbüßt werden dürfe, lenke davon ab, dass Maja T. nun ohne rechtskräftiges Urteil auf unbestimmte Zeit in U-Haft bleiben müsse."

    Das ist bei jeder Untersuchungshaft so. Das galt gleichermaßen für Frau Zschäpe wie für Lina E., wo das Urteil ja wohl auch noch nicht rechtskräftig ist (die erst mit dem Urteil aus der Haft entlassen wurde) oder für ganz normale Gangster wie den Erfinder von Cum/Ex Herrn Berger.

    • @Dr. McSchreck:

      Unsinn; die U-haft ist begrenzt, zeitlich und sachlich. Lesen Sie §§ 121, 122 StPO, sog. Vorlageverfahren beim Oberlandesgericht.

      • @THu:

        Als ob §§ 121, 122 StPO irgendeinen ungarischen Richter interessiert. Als ob es sich nicht um einen politischen Häftling in einem autokratischen Land handelt. Als ob eine Autokratie nichts anderes als eine Diktatur ist. Ach komm.

  • @ TAZ, 13:58 Uhr: "Wie die Budapester Staatsanwaltschaft der taz mitteilte, war Maja T. mit einem Berufungsantrag gegen eine Aussetzung der Haft erfolgreich. Der Beschluss gilt bis Ende Oktober."



    Das versehe ich nicht: Maja T. soll selbst einen Antrag GEGEN die Aussetzung ihrer eigenen Haft gestellt haben?



    Kaum zu glauben!



    Bitte mal die Logik des Artikels überprüfen! Danke

    • @Lichtenhofer:

      Das ist sicher ein Fehler bei der Satzbildung. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft war wohl erfolgreich.

  • Im Artikel fällt komplett unter den Tisch, dass die junge Frau eine schwere Straftat behangen hat.



    Hätte sie auf die Tat verzichtet, säße sie jetzt nicht in U-Haft. So einfach ist das.



    Warum müssen Konsulatsangehörige Haftbedingungen prüfen? Das haben sie mit Vernunft abgelehnt.

    • @Dirk Osygus:

      Sie lassen komplett unter den Tisch fallen, dass jemand, der in U-Haft ist, als dringend verdächtig gilt und nicht als verurteilt. Insofern ist Ihr zweiter Satz kompletter Unsinn.

      Und Haftbedingungen gehören immer geprüft. Wie menschenverachtend muss man eigentlich sein um zu sagen, dass das mit "Vernunft abgelehnt" wurde?

    • @Dirk Osygus:

      Maja T. hat mutmaßlich eine schwere Straftat begangen. Bis zu einem Urteil gilt die Unschuldsvermutung.



      Und auch nach einem Schuldspruch gelten immer die Menschenrechte weiterhin. Haben Sie damit ein Problem?

    • @Dirk Osygus:

      Das fällt irgendwie hier im Forum kaum jemanden auf, dass diese Dame schwere Straftaten begangen hat. Vorher denken, dann Straftat begehen.

    • @Dirk Osygus:

      Naja, verurteilt ist sie aber noch nicht.

    • @Dirk Osygus:

      einzig richtiger Kommentar hier

    • @Dirk Osygus:

      Erstens: Maja ist keine Frau. Zweitens: Maja nutzt keine Pronomen. Drittens: auch Menschen, denen Straftaten zur Last gelegt werden (verurteilt ist sie nicht und bis dahin gilt meines Wissens nach die Unschuldsvermutung) haben Rechte, die hier von deutschen und ungarischen Behörden mit Füßen getreten werden.