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Der erste Härtetest: Annalena ­Baerbock bei einer Presse­konferenz mit Sergei Lawrow in Moskau im Januar 2022 Foto: Russian Foreign Ministry/ITAR-TASS/imago

Annalena Baerbock im PorträtKeine Angst vor Turbulenzen

Seit anderthalb Jahren ist Annalena Baerbock Außenministerin. Sie versucht, Prinzipien und Pragmatismus zu verbinden. Das gelingt nicht immer.

K urz vor der Datumsgrenze erwischen die Turbulenzen den Airbus. Die kleine Konferenzkabine im Regierungsflieger wird ordentlich durch­geschüttelt, die Anschnallzeichen leuchten auf, die Außenministerin hat weiterhin gute Laune.

Eine lange Reise liegt hinter ihr: Sechs Tage lang war sie in China, Südkorea und Japan. Drei Stunden sind jetzt geschafft seit dem ­Abflug aus Tokio, bis Berlin sind es noch mal elf. Der russische Luftraum ist tabu, der Umweg führt in dieser Nacht Mitte ­April über den Pazifik und den Nordpol.

Zeit genug also für eine Fragerunde mit den mitreisenden Journalist*innen, die jetzt vor ihr sitzen – und deren Gesichter von Minute zu Minute blasser werden: als erst das Auf und Ab der Maschine immer heftiger wird, als irgendwann noch ein penetrantes Piepen einsetzt, als dann eine Flugbegleiterin hereinplatzt und alle raus aus der Kabine und zurück auf die Sitzplätze bittet. „Dann sehen wir uns später wieder“, sagt Baerbock fröhlich zum Abschied. „Hoffentlich.“

Nervöses Lachen aus der Runde. Die Ministerin ist die Einzige, so scheint es, der die Turbulenzen nichts ausmachen.

Seit anderthalb Jahren führt Annalena Baerbock das Außenministerium. Gefühlt sind es der Umstände halber mindestens drei: Turbulent verläuft schließlich auch das Weltgeschehen, seit sie im Amt ist. Zeit zur Einarbeitung hatte sie nicht, Zeit zum Durchschnaufen auch nicht.

Doch so schwierig die Umstände sind, so nah ihr der Krieg in der Ukraine geht und so viel Wirbel es auch um sie selbst zuweilen gibt: Einen angeschlagenen Eindruck macht sie in diesen Tagen nicht. Im Gegenteil.

Persönlich könnte es ja auch schlechter laufen. Baerbock hat die 18 Monate im Amt genutzt, um sich neu zu profilieren. Fast vergessen ist der verkorkste Bundestagswahlkampf, zu dem sie als Spitzenkandidatin angetreten war. Weit weg sind auch die skeptischen Fragen zu Beginn ihrer Amtszeit: Kann sie es mit den Großen in der Welt aufnehmen? Sie, die zwar vier Jahre Chefin einer Oppositionspartei war, aber noch nie ein Regierungsamt innehatte? Und die als Frau – das schwang oft mit – von all den Männern auf der internationalen Bühne doch nicht ernst genommen würde?

Sie brauchte nicht lang für die erste Antwort. Januar 2022: Sieben Wochen nach ihrem Amtsantritt, kurz vor Beginn des Kriegs in der Ukraine, reist Baerbock nach Moskau. Sie trifft dort Sergei Lawrow, seit knapp zwei Jahrzehnten russischer Außenminister.

Während des Gesprächs hinter verschlossenen Türen, so erzählen es Baerbocks Leute, übergibt ihr der Russe eine mehrseitige diplomatische Note. Er wirft Deutschland darin einen Rechtsbruch beim Umgang mit der Pipeline Nord Stream 2 vor, die zu diesem Zeitpunkt zwar noch intakt ist, aber nicht in Betrieb gehen darf. Baerbock müsse sich das Dossier nicht sofort durchlesen, sagt er, das sollen ihre Experten in Ruhe zu Hause machen.

Eine bekannte Taktik: Die deutsche Delegation geht davon aus, dass ­Lawrow den Punkt schon ein paar Minuten ­später wieder ansprechen würde – dann vor laufenden Kameras, während der gemeinsamen Pressekonferenz. Baerbock, die in London ein Jahr lang ­Völkerrecht studiert hat, überfliegt das Papier direkt. Die Überprüfung müsse sie nicht abwarten, entgegnet sie dann, auf Seite 2 habe die Argumentation einen entscheidenden Fehler. Auf der Pressekonferenz belässt es Lawrow danach bei einem einzigen Satz zur Pipeline.

Baerbock hält vor den Kameras auch bestimmt dagegen, als es um den russischen Aufmarsch an der ukrainischen Grenze geht. Ähnlich deutliche Auftritte folgen ein halbes Jahr später bei ihrem Antrittsbesuch in Istanbul und schließlich in diesem Frühjahr bei ihrer ersten Reise nach Peking.

Sie bekommt Lob, aber auch maßlose Kritik

Bei vielen kommt sie damit gut an. „Sie macht ihren Job deutlich besser, als viele erwartet haben“, sagt der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter, der eigentlich nicht mehr gut auf Baerbock zu sprechen war, nachdem sie ihn bei der Kabinettsbildung ausgebootet hatte. „In diesen Zeiten ist sie mit ihrer Klarheit gegenüber Russland und China die richtige Person.“

Dieser Meinung sind nicht nur Grünen-Mitglieder. Trotz der Umfragenkrise ihrer Partei steht die Außenministerin in allen Beliebtheitsrankings weit oben. Vor ihr lag zuletzt nur Vertei­digungsminister Boris Pistorius, der noch nicht lange genug im Amt ist, um sich schon unbeliebt gemacht zu haben.

Gleichzeitig polarisiert Baerbock aber auch. Der Vorwurf ihrer Gegner, für die Weltbühne habe sie zu wenig Gewicht, ist nahtlos ins Gegenteil umgeschlagen. Er lautet nun: Überall zerschlage Baerbock Porzellan.

Viel mit der Flug­bereitschaft der Luftwaffe unterwegs: Baerbock bei der Ankunft in Neu-Delhi Anfang Mai Foto: Carsten Koall/dpa/picture alliance

„Was für ein Unfall, dass diese Frau Außenministerin geworden ist“, sagte kürzlich der Fernseh-Philosoph Richard David Precht. Sie habe die „moralische Inbrunst einer Klassensprecherin“.

„Manchmal sieht es so aus, als reise sie zu dem einzigen Zweck um die Welt, den Anderen ihre Ansichten und Überzeugungen mitzuteilen“, hieß es vor zwei Wochen in der Welt.

Und international könne ja wohl nur Erfolg haben, „wer mit vielen Fragen in Gespräche hineingeht“ und „nicht predigend mit erhobenem Zeigefinger herumläuft“, sagte im letzten Spätsommer …

Trotz der grünen Umfragenkrise steht sie bei den Beliebtheitsrankings weit oben

Nun ja, der letzte Satz stammt von Annalena Baerbock selbst. Er fiel im September, als die Außenministerin zum ersten Mal in ihrer Amtszeit die deutschen Bot­schaf­te­r*in­nen aus aller Welt zu einer Konferenz nach Berlin kommen ließ. Unter den Kronleuchtern im Weltsaal ihres Ministeriums erklärte sie dort, wie sie sich die Grundzüge ihrer Außenpolitik vorstellt.

Von den Schlagworten, die sonst gemeinhin mit ihrem Kurs verknüpft sind, war wenig zu hören. Von einer „wertegeleiteten Außenpolitik“, die sie vor ihrem Amtsantritt angekündigt hatte, sprach Baerbock nicht. Seit sie regiert, verwendet sie den Begriff ohnehin sparsam. Im Weltsaal beschreibt die Außenministerin ihren Kurs stattdessen mit einem Dreiklang, der Ausgewogenheit signalisieren soll: „Wertefest“, sagt sie zwar. Aber auch: „interessengeleitet und lösungsorientiert“.

Als Grünen-Chefin arbeitete Baer­bock früher zusammen mit Robert Habeck daran, dass sich die Partei eine neue Haltung zulegt. Sie wollten wegkommen von der „moralischen Erziehung des Menschengeschlechts“, wie es Habeck vor zehn Jahren nach einer verlorenen Bundestagswahl ausdrückte. Nimmt man Baerbock beim Wort, hat sie diesen Vorsatz auch für ihre Außenpolitik gefasst.

Und das ist nicht ausschließlich Rhetorik. Thorsten Benner beschäftigt sich am Global Public Policy Institute in Berlin mit internationaler Politik. „Annalena Baerbock hat dem Begriff der ‚wertegeleiteten Außenpolitik‘ zwar nie explizit abgeschworen“, sagt er. „Ihre reale Außenpolitik lässt sich mit so einem Mantra aber überhaupt nicht beschreiben. Sie hat oft einen extrem pragmatischen Ansatz.“

Es gibt viele Gründe dafür, dass das öffentliche Bild der Außenministerin damit nicht immer übereinstimmt. Einer ist, dass sich ein Image nun mal nicht von einem Tag auf den nächsten ändert. Ein anderer, dass bei Baerbock in vielen Fällen nicht auf Anhieb erkennbar ist, ob sie eine Entscheidung aufgrund der Moral oder aufgrund der Nützlichkeit getroffen hat. Oft führen bei ihr beide Wege zum gleichen Ergebnis.

Ein Mittwochabend Anfang Mai: Im Lichthof, dem riesigen Foyer des Außenministeriums, spielt Baerbock Fußball. Im August findet die Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland statt, die Außenministerin wird vor Ort sein und jetzt hat sie schon mal zu einer Vorab-Veranstaltung eingeladen. Mit Nachwuchsspielerinnen des SV Siemensstadt schießt sie auf ein Mini-Tor. Ihre drei Versuche gehen zwar drüber, aber es entstehen mal wieder gute Fotos. „Gute Haltung“, heißt es später auf Twitter.

Vor den Schussübungen sitzt sie mit dem DFB-Präsidenten und der Nationaltrainerin auf dem Podium. Sie erzählt von ihrer Reise in den Nordirak, wo sie im März ebenfalls gekickt hat – mit Flüchtlingsmädchen auf einem Bolzplatz, der von Deutschland finanziert wurde. Das Projekt verkauft sie an diesem Abend als Standortmarketing für den deutschen Arbeitsmarkt: Wenn die irakischen Spielerinnen mal erwachsen seien und überlegten, als Fachkräfte in ein anderes Land zu gehen – dann dächten sie hoffentlich an Deutschland.

Ähnlich argumentiert Baerbock auch bei anderen Themen. Ob es um die Leitlinien zur feministischen Außenpolitik geht oder um Menschenrechte in China: Immer findet sie eine Begründung, warum ihre Forderungen gut für die deutsche Wirtschaft seien. „Sie bringt Prinzipien und Pragmatismus nahtlos zusammen“, schrieb US-Außenminister Antony Blinken im vergangenen Jahr im Time-Magazin über seine deutsche Kollegin.

Werte und Interessen passen nicht immer zusammen

Es gibt aber auch Fälle, in denen sich Werte und Interessen nicht so gut übereinanderlegen lassen. Da wird es mitunter auch für Baerbock schwierig.

Ein Samstag im Oktober 2022: Baer­bock steht auf der Bühne des Konferenzzentrums im Bonner Bundesviertel, wo die Grünen zum Parteitag zusammengekommen sind. Wenige Tage zuvor ist bekannt geworden, dass die Bundesregierung der Lieferung von Kampfjet-Teilen für Saudi-Arabien zugestimmt hat – trotz saudischer Völkerrechtsbrüche im Jemen-Krieg. Wie erklärt man das jetzt den Delegierten?

Baerbocks Rechtfertigung: Eine Ablehnung hätte in Zukunft gemeinsame europäische Rüstungsprojekte erschwert. Die Bundeswehr müsste dann mehr Geld für ihre Waffen ausgeben und der Regierung blieben keine Mittel für die Kindergrundsicherung.

Es ist eine sehr spezielle Art, zu sagen, dass Geld und gute Beziehungen manchmal doch wichtiger sind als Menschenrechte. Kräftigen Applaus gibt es nach der Rede zwar. Die Partei mag ihre Außenministerin. Abseits der Bühne bekommt Baerbock später aber mehr als einmal die Rückmeldung: Das war nichts.

Zu der Zeit hat sie noch ein anderes Problem. In Iran sind kurz zuvor die Proteste gegen das dortige Regime angelaufen. Es dauert ein paar Tage, bis das Auswärtige Amt einen ersten Kommentar dazu absetzt. Zu spät und zu wenig, heißt es daraufhin von Ak­ti­vis­t*in­nen. Die feministische Außenministerin verschläft eine feministische Revolte: Man kann sich vorstellen, dass sie der Vorwurf getroffen hat.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Ihr Plan, um in die Offensive zu kommen, ist eine Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrats. Das Gremium in Genf soll eine Kommission einsetzen, die die Repressionen gegen die Opposition untersucht. Baerbocks Be­ra­te­r*in­nen in Berlin raten ihr fast einstimmig davon ab, persönlich zu der Sitzung zu reisen. Der Apparat befürchtet, dass die Resolution die Mehrheit ohnehin verfehlt. Er will nicht, dass die Ministerin zu sehr damit verbunden wird. Sie zieht aber durch.

Ein Grüner, der früher mit der jungen Abgeordneten Baerbock im Wirtschaftsausschuss des Bundestags saß, erinnert sich an einen Charakterzug: „Wenn sie sich in einer Angelegenheit eine Meinung gebildet hat, dann war sie fundiert – und es brauchte schon sehr gute Argumente, um mit ihr darüber in die Diskussion gehen zu können.“

Wer weniger wohlwollend über Baer­bock denkt, empfindet diese Eigenschaft vielleicht als selbstgerecht. Wer sie mag, als selbstbewusst. Ihre Kühnheit hat ihr in ihrer Karriere auf jeden Fall oft geholfen, hat ihr innerhalb weniger Jahre den Aufstieg zum Parteivorsitz, die Kanzlerkandidatur und das Amt der Außenministerin eingebracht. Und sie hilft auch jetzt wieder: Zusammen mit ihrer isländischen Amtskollegin kann sie 25 Staaten aus sechs Kontinenten von der Iran-Resolution überzeugen – eine Mehrheit im Menschenrechtsrat.

Kritik an Baerbocks Iran-Politik gibt es zwar immer noch. Der Vorwurf, sie mache zu wenig, hält sich. Seit der Abstimmung im November kann sie aber zumindest auf einen Erfolg verweisen.

Gleichzeitig wirkt das Zustandekommen der Resolution dem Eindruck entgegen, die Außenministerin kenne nur den Angriffsmodus und sei zur klassischen Diplomatie nicht in der Lage. In ihrem Umfeld im Auswärtigen Amt stellt man ohnehin infrage, dass Baer­bock international außergewöhnlich krawallig auftritt. „Die letzten Pressekonferenzen von Heiko Maas mit Lawrow oder den Chinesen waren auch sehr konfrontativ. Damals wurde das aber als Ergebnis der gegensätzlichen Positionen gewertet, nicht als sein persönlicher Stil“, sagt einer ihrer Vertrauten.

Tatsächlich sind erstaunlicherweise noch nicht mal fundamentale Unterschiede zu erkennen, wenn man Baer­bocks Antrittsbesuch in China mit dem des Bundeskanzlers vergleicht. Chinesische Markteingriffe, der Abbau wirtschaftlicher Abhängigkeiten, Pekings Einfluss auf Moskau, die Menschenrechtslage und der Streit um Taiwan: Beide sprechen all das an. Auch die Wortwahl unterscheidet sich nur graduell. Man kann ein schönes Quiz spielen, in dem man sich gegenseitig Sätze aus den jeweiligen Pressekonferenzen in Peking vorliest und dann raten lässt, wer was gesagt hat.

„Ich habe deutlich gemacht, dass eine Veränderung des Status quo von Taiwan nur friedlich und im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen darf.“

„Eine einseitige und erst recht gewaltsame Änderung des Status quo wäre für uns als Europäer nicht akzeptabel.“

(Antwort: oben Scholz, unten Baerbock)

Überhaupt: Fundamental über Kreuz sind der Kanzler und die Außenministerin offenbar nicht mehr. Ihre Stile unterscheiden sich zwar voneinander, einige ihrer politischen Überzeugungen auch. Den Streit über das Tempo der Waffenhilfe für die Ukraine führten sie im letzten Jahr tatsächlich erbittert. Die Bundesregierung war außenpolitisch gespalten. Die Zeit schrieb, dass die beiden über Wochen nicht richtig miteinander gesprochen hätten.

Seit das Thema Waffen aber durch ist und Deutschland sogar Kampfpanzer liefert, hat sich das Verhältnis beruhigt. Erkennbar bemühen sie sich jetzt, Differenzen nicht öffentlich auszutragen.

„Unsere Rollen sind unterschiedlich und es ist ein Mehrwert, wenn man sich ergänzt. Im Zweifel kann man dadurch mehr erreichen“, sagt Baerbock dazu. Auf der Gegenseite muss man schon die Regierungsebene verlassen und sich durch die SPD-Bundestagsfraktion telefonieren, um Kritisches über die Außenministerin zu hören. Und selbst dort klingen die Vorhaltungen mittlerweile zahm.

„Ich finde, dass im Auswärtigen Amt neben der militärischen Unterstützung für die Ukraine auch diplomatische Bemühungen eine größere Rolle spielen sollten“, sagt der SPD-Außenpolitiker Michael Müller zwar immer noch. „Aber über die letzten Monate hat sich etwas verändert. Die Ministerin hat den erhobenen Zeigefinger nicht mehr ganz so schnell oben und agiert nicht in Konkurrenz zum Kanzleramt. Offensichtlich ist mittlerweile die Rollenverteilung in der Regierung akzeptiert.“

Image und Wirklichkeit

Ist am Image der Klartext-Ministerin denn gar nichts mehr dran? Handelt es sich nur um eine kollektiv verzerrte Wahrnehmung? Ganz so ist es auch wieder nicht.

Zurück in den Weltsaal des Außenministeriums, wo Baerbock ihren Bot­schaf­te­r*in­nen unter riesigen Kronleuchtern ihre Politik erklärt. Diplomatie im 21. Jahrhundert sei auch ein Kampf um Narrative, sagt sie. Und deswegen gehe es manchmal durchaus darum, hart dagegenzuhalten.

Als Beispiel nennt sie die Diskussion um Lebensmittel aus der Ukraine und Russland, die kurz nach Kriegsbeginn aufflammte. Dass die Nahrungsmittelpreise auf dem Weltmarkt stiegen, sei die Schuld des Westens, behauptete Moskau damals. Neue Sanktionen verhinderten den Export russischen Getreides. International breitete sich diese Erzählung rasch aus.

„Wenn wir das danach zurückholen wollen, dann braucht man im Zweifel auch eine harte Sprache“, sagt Baerbock in ihrer Rede. Je zugespitzter man formuliert, desto eher dringt man durch: Das russische Narrativ konterte sie, indem sie fortan von einem „Kornkrieg“ sprach, den Moskau durch die Blockade ukrainischer Häfen führe.

Und wenn die Gegenseite dann ihrerseits eine Schippe drauflegt? „Ein Shitstorm bedeutet nicht nur, dass manche es anders sehen“, sagt die Außenministerin vor ihren Botschafter*innen. „Sondern er bedeutet auch, dass man gehört worden ist. Darauf kommt es in diesen Tagen an.“

Es ist ein wenig wie im Flugzeug über dem Pazifik: Keine Angst vor Turbulenzen. Natürlich widerspricht das aber der klassischen Vorstellung von Diplomatie, die vorsichtig formuliert und die Form stets wahrt. Der Ansatz ist neu, und so ist es kein Wunder, dass er manche irritiert. Zumal wenn das Vertrauen fehlt, dass tatsächlich jede Zuspitzung wohlüberlegt ist.

Mitte Februar, 90 Meter unter der Erde: In Helsinki besichtigt die Außenministerin einen Zivilschutzbunker, in dem im Notfall 6.000 Menschen Platz finden würden – gut geschützt sogar vor einem Angriff mit Atomwaffen. Ehrenamtliche zeigen ihr, wie sie in dem Fall den Eingang luftdicht versiegeln würden.

Die Stimmung ist fröhlich. Baer­bock ist gut darin, bei solchen Begegnungen eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Ihre Fragen wirken nicht bemüht, sondern zugewandt. Mit ihrer Art baut sie schnell eine Bindung: hier ein Scherz, da eine Anekdote, dort noch ein neuer Gedanke zum Thema – alles sehr schnell aufeinander. Manchmal aber auch zu schnell.

Nach einer halben Stunde, als der Termin vorbei ist, sollen die Hel­fe­r*in­nen die Bunkertür wieder öffnen. „Unfortunately there was no attack“, sagt Baerbock. Es gab ja leider keinen Angriff.

Zum Glück ist dieses Mal keine Kamera dabei. Anders als bei einigen anderen Anlässen, bei denen der Ministerin nicht nur ihr Hang zur Spontaneität in die Quere kam, sondern eben auch der zur Zuspitzung. Im Januar zum Beispiel, als sie in Straßburg im Europarat sagte: „We are fighting a war against Russia.“ Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland.

Richtig einfangen konnte ihr Ministerium den Satz bis heute nicht. Erst Mitte Mai wurde Baerbock auf einer Pressekonferenz von einer chinesischen Journalistin schon wieder darauf angesprochen.

„Das ist eine ihrer Schwächen: Dinge zu überhöhen und zu übertreiben“, sagt ein Grüner. Schon zu ihren Zeiten als Parteichefin galten ihre zuweilen steilen Sprüche intern als Schwachstelle. Sie ärgere sich hinterher fürchterlich über ihre Fehler, hieß es damals stets aus ihrer Pressestelle. Aus ihrem neuen Umfeld im Ministerium klingt sie jetzt genauso: „Sie hat sich über solche Sätze sehr geärgert. Aber sie will sie auch nicht um den Preis vermeiden, dass sie nur noch Phrasen vom Sprechzettel liest.“

Manchmal haut sie steile Sätze raus, die kaum wieder ein­zufangen sind

Vielleicht ist das auch ihr größtes Manko, falls sie noch mal nach der Kandidatur fürs Kanzleramt greift. Im Laufe des nächsten Jahres werden die Grünen voraussichtlich klären, wen sie 2025 ins Rennen schicken. Nach der verlorenen letzten Bundestagswahl schien klar, dass dann Robert Habeck an der Reihe ist. Baerbock hatte schließlich ihre Chance.

Das Argument zählt immer noch. Mittlerweile hat sie sich im Amt aber neu profiliert, während das Regieren den einstigen Medienstar Habeck entzaubert hat. Auch nach dem Rauswurf seines Staatssekretärs Patrick Graichen steht er im Gegenwind. Bis die Entscheidung über die Kandidatur nächstes Jahr ansteht, kann sich die Geschichte zwar noch mehrmals wenden, für eine Prognose ist es zu früh. Aber als chancenlos gilt Baerbock heute nicht mehr.

Zumal sie ihrem Konkurrenten eines noch immer voraus hat: Um die Partei bemüht sie sich stärker. Im vergangenen September, die mehrtägige Konferenz der Bot­schaf­te­r*in­nen im Ministerium läuft noch, klinkt sie sich für einen Abend aus. Die Bundestagsfraktion hat zu ihrem Jahresempfang geladen. Es ist ein lauer Spätsommerabend auf einem ehemaligen Bahnhofsgelände in Berlin-Pankow, hunderte Gäste sind da. Baerbock bleibt bis nach Mitternacht, nimmt sich Zeit für die eigenen Leute.

Robert Habeck sitzt an dem Abend in der Talkshow von Sandra Maischberger. Die Moderatorin fragt, ob wegen der hohen Energiepreise eine Pleitewelle drohe. Habeck spricht minutenlang über Bäckereien, die nicht in die Insolvenz gehen müssten, nur weil sie keine Brötchen mehr verkaufen. Beim Fernsehpublikum weckt das mehr Zweifel als Vertrauen.

Zumindest an diesem Abend hat nicht Baerbock das Porzellan zerschlagen.

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27 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Skatelefants , Moderator

    Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    GNTM - Germanys Next Top Ministerin

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @95820 (Profil gelöscht):

      oder - Germanys Nicest Turbulenzen Ministerin?

  • "Weit weg sind auch die skeptischen Fragen zu Beginn ihrer Amtszeit: Kann sie es mit den Großen in der Welt aufnehmen? Sie, die zwar vier Jahre Chefin einer Oppositionspartei war, aber noch nie ein Regierungsamt innehatte? Und die als Frau – das schwang oft mit – von all den Männern auf der internationalen Bühne doch nicht ernst genommen würde?"

    Stimmt, da ist inzwischen jeder Zweifel ausgeräumt worden.

  • Sorry, aber an der Stelle mit dem Völkerrecht musste ich wirklich lachen.

    • @YeahYeah:

      Ich auch!

  • Nationalismus dominiert die Kommentare hier: Baerbock schadet "Deutschen Interessen". Gibt es sonst keine Kriterien?

    • @Land of plenty:

      Manchen deutschen "Interessen" tut es richtig gut, wenn ihnen geschadet wird. Da immer dran denken :-)



      Selbsterständlich gibt es andere Kriterien als nationalen Ergeiz. Kampf der Klimakatastrophe beispielsweise.

    • @Land of plenty:

      Für eine deutsche Außenministerin? Nein, nicht wirklich.

  • Baerbock ist eine positive Überraschung. Zunächst einmal ist sie überhaupt sichtbar. Das ist bei einem dauerabgetauchten Scholz vielleicht auch keine Kunst, aber unter einer Merkel hätte man sich zum Beispiel ein Außenministerium ja eigentlich komplett schenken können. Baerbock macht auch tatsächlich Diplomatie, nur eben kein Hinterzimmergeschummle, sondern klar und offen. Überhaupt ist ihre Konfliktfähigkeit eine echte Errungenschaft. Wie soll man denn Fortschritte erzielen, wenn man die Gegensätze ständig und immer wieder nur übertüncht? Mal ganz abgesehen davon, dass wir gerade wenigstens ansatzweise wieder ein verlässlicher Partner werden und nicht ständig Sonderwege gehen. Sich von den USA beschützen lassen und ihnen gleichzeitig Nord Stream 2 vor die Nase bauen, diese Zeiten sind vorbei. Abhängigkeiten werden auch nicht geringer, wenn man sie verschweigt. "Steile Sätze" sind demgegenüber unwichtig und auch nicht unbedingt kontraproduktiv. Im Übrigen wird immer wieder übersehen, dass sich die Aufgaben gerade in der Außen- und Wirtschaftspolitik radikal verändert haben. Mit Genschers fröhlichen Weltumrundungen oder Brüderleschem Eröffnen von Apothekertagen ist es nicht mehr getan.

  • Zitat Baerbock:"Deutschland ist Kriegsmüde"...........







    Was ist dann das gegenteil von Kriegsmüde .?

    • @ulf hansen:

      Kriegslüstern, so wie Putin.

  • Baerbock kann höchstwahrscheinlich Partei (macht-) politik in der grünen Parteiblase, aber auf internationalem Parkett ist sie hoffnungslos überfordert und wird daher auch nicht ernst genmmen. Ich erinnere an die Kriegserklärung, die Bemerkung eines nigerianischen Politikers nach dem Debakel mit den Benin-Bronzen, dem nicht vorhandenen Empfang in Indien, denÄusserungen des chinesischen Aussenminsters und weitere Anmerkungen internationaler Politiker. Nicht zu vergessen den Interviewer im DLF vor ein paar Tagen. Bezahlt wird AB dafür, dass sie die deutschen Interessen vertritt, da nehme ich kaum etwas wahr. Aber Scholz scheitn fas nicht zu interessieren. Manchnal habe ich den Eindruck dass er den Grünen die längstmögliche Leine lässt damit sie sich daran aufhängen. Eine interessengesteuerte Aussenpolitik oder ein Konzept was Deutschland eigentlich will (ausser die Welt zu retten, eine sehr deutsche Krankheit) kann ich nirgendwo erkennen. Zugegeben, bei Heiko Maas (ebenfalls ein Leichtmatrose) war das auch der Fall. Ergo, AB ist eine absolute Fehlbesetzung, glaubt aber eine tolle Nummer zu sein. Klarer Fall von Dunning-Kruger Syndrom..

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Gerald Müller:

      "Klarer Fall von Dunning-Kruger Syndrom.."



      Das habe ich in Sachen Annalena Baerbock mittlerweile schon so oft gehört und gelesen, dass ich es für unwahrscheinlich halte.

  • Mögliche Frage an Frau Baerbock beim fröhlichen Marsch durch den Atombunker: Wie steht Baerbock eigentlich zum Einsatz von US-Atombomben auf deutschen Boden, die mit deutschen Tornados vom Fliegerhorst Büchel ins Ziel getragen werden sollen, obwohl offiziell keine US-Atombomben auf deutschen Boden lagern?



    Der deutsche Kommandant der Tornadoflotte in Büchel bezeichnete gerade im ZDF einen möglichen Einsatz von US-Atombomben als "Nadelstiche". Bei einem solchen Jargon läuft es einem kalt den Rücken herunter. Soll es vermutlich auch, denn das ZDF durfte erstmals auf diesem Fliegerhorst drehen, vor dem regelmäßig auch Parteimitgieder der Grünen protestieren.



    Auch dass bald neuste US-Atombomben mit der vielfachen Kraft der Hiroshima-Atombombe in Büchel gelagert werden sollen, wäre eine Frage wert gewesen.



    Ist Deutschland bereit, bei einem russischen Atombombeneinsatz in der Ukraine den USA zu folgen, die möglicherweise als Antwort die gesamte Schwarzmehrflotte der Russen zusammenbomben könnte, was einen Krieg zwischen Russland und der Nato auslösen könnte?



    Bei all diesen unangenehmen Fragen wäre Frau Baerbock die Fröhlichkeit in einem finnischen Atombunker sicher vergangen.

    Auch die Frage nach Julian Assange lag auf der Hand, da das Engagement von Baerbock für Assange sich mit dem Amt der Außenministerin in einem diplomatischen Nebel von nichtssagenden Verklausulierungen auflöste.

    www.zdf.de/nachric...us-kleber-100.html

    • @Lindenberg:

      Nunja, ich nehme an, daß Frau Baerbock bezüglich der existenten atomaren Bewaffnungen kaum jemand zu recht Vorhaltungen machen kann. Dazu ist sie schlicht zu jung.



      Es ging bei dem Besuch des Bunkers eher darum, daß bei manchen europäischen Ländern etwas mehr Vorsorge auch bei solch häßlichen Szenarien betrieben wird als in Deutschland, wo so ziemlich alle Bunker dem Verfall preisgegeben wurden.



      Russland war ja ein guter Freund, der einem fast unentgeltlich das gute Gas überließ ... wozu also noch Bunker ?



      Ich vermute, daß die "Fröhlichkeit" Baerbocks der klaustrophobischen Situation geschuldet war - sie wird es bestimmt nicht als lustig empfunden haben.



      Daß Militärjargon eher unschöne Aspekte hat, kann ich nicht bestreiten.

  • Ich verstehe dieses Loblied nicht. Wir sind mitten in einem Krieg, dessen Ende nicht absehbar ist und auch völlig unklar ist, wie es mit Russland weitergehen soll. Meinem Verständnis nach sollte ein Aussenministerium daran arbeiten und nicht Öl ins Feuer gießen. Wie der Text wiedergibt, werden Menschenrechte selektiv als Argument eingesetzt. Probleme mit Polen, Orban und den Amerikanern werden auch nicht angegangen. naja. Vielleicht im stillen Kämmerchen. Eine Weltpolitik zur Klimakatastrophe entsteht auch nicht. Kann mich nur an hübsche Bilder am Strand erinnern. Alles in allem bin ich sehr enttäuscht von meiner gewählten Aussenministerin. Aktuell würde ich kein Grün mehr wählen. Und das liegt mehr an ihr als an Herrn Habeck. Aber auf diese Leistung ein Loblied singen ist doch eher ein Fangesang als eine reale Einschätzung.

    • @Christian Ziems:

      Wieso das denn ? Wo war der Text ein Loblied ? Das ist doch Quark - viel zu kritisch und negativ war er ! Beste Außenministerin ever.

  • Baerbock - auffällig unauffällig



    Wenn sie mich fragen würden: "Was hat Frau Baerbock in 18 Monaten erreicht?", meine Antwort wäre "keine Ahnung". Man liest zwar, das sie die ganze Welt bereist, überall von Menschenrechten und über Putin redet, aber nichts über mögliche Früchte ihrer Arbeit - auffällig unauffällig eben.



    Da ist Habeck von anderem Holze, der labert und widerspricht sich, bis ihm endlich die Wähler davon laufen.

  • Bei "Wenige Tage zuvor ist bekannt geworden, dass die Bundesregierung der Lieferung von Kampfjet-Teilen für Saudi-Arabien zugestimmt hat– trotz saudischer Völkerrechtsbrüche im Jemen-Krieg" ist das Problem nicht, "Wie erklärt man das jetzt den Delegierten?", sondern es illustriert an einem Einzelfall die prinzipielle Abkehr Baerbocks und ihrer Partei von den Werten, die sie noch im Wahlkampf vor sich hergetragen haben, z.B. keine Waffen in Kriegsgebiete twitter.com/Die_Gr...5126980623?lang=de (und nein, der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine ist kein Argument, das eine Unterstützung Saudi Arabiens in eben einem solchen Krieg auch nur ansatzweise rechtfertigen könnte)

    "We are fighting a war with Russia" m.youtube.com/watch?v=TJCj3U33KPI , sie 'wisse nicht, was es mit Putin zu verhandeln gebe' (wenige Tage, bevor Guterres den Durchbruch beim ersten Getreideabkommen verkündete) - ich schließe mich der Bewertung des oben zitierten R. D. Precht an.

    Beim ZDF gibt es aktuell einen Beitrag, wie sich auf dem Fliegerhorst Büchel auf einen Atomwaffeneinsatz vorbereitet wird

    is.gd/KZz3An

    und Baerbocks Vorgänger Fischer hat gerade im Interview mit dem Tagesspiegel auf die Frage "Kissinger hat eine Warnung ausgesprochen: Wenn beide Seiten so weitermachen, dann geraten sie in den Dritten Weltkrieg. Sind Sie auch so skeptisch?" geantwortet "Ich meine, die Möglichkeit ist nie auszuschließen. Es können Unglücke passieren, junge Männer in Militärmaschinen Unbedachtes tun"

    Ich würde von der Außenministerin wirklich gerne mal hören, wie sie dieser Gefahr begegnen will, sich ein Ende des Ukrainekriegs vorstellt.

    Also sich jenseits von "Das wird Russland ruinieren" (zu den Sanktionen), also einem Failed State wie z.B. Libyen vorstellt - mit dem Unterschied, dass dann die Gefahr eines riesigen Atomwaffenarsenals in den Händen rivalisierender Warlords wie Kadyrow oder Prigoschin bestünde.

    • @ke1ner:

      Der link zum ZDF oben funktioniert nicht - hier ein vielleicht besserer www.presseportal.de/pm/7840/5512099

      Zitat: 》In der "ZDFzeit"-Dokumentation "Putins Tabubruch – die neue Angst vor der Bombe" gehen Angela Andersen und Claus Kleber der Frage nach, ob die Welt vor einem neuen Kalten Krieg steht? Der Film ist am Dienstag, 23. Mai 2023, um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen und steht am Sendetag ab 10.00 Uhr für fünf Jahre in der ZDFmediathek zur Verfügung.

      Das "Taktische Luftwaffengeschwader 33" der Bundeswehr in Büchel in der Eifel, das im Ernstfall amerikanische Atombomben über russischen Truppen abwerfen soll (sic!), ist kein Relikt aus dunkler Vergangenheit mehr. Drei Dutzend "F-35", modernste US-Kampfflugzeuge, werden dort stationiert. Der Blitzkauf in den USA war eine erste große Entscheidung der "Zeitenwende". Deutsche NATO-Truppen im Baltikum wurden enorm verstärkt für neue Aufgaben. Sie sollen nicht mehr als "Stolperdraht" dienen. Sie müssen russisches Vordringen im Kampf stoppen – und üben das schon jetzt in Großmanövern《

      Jan Korte hat vor Kurzem im Interview mit der taz gesagt: "Auch wenn ich Russland scharf verurteile, ist das doch kein Grund, plötzlich die Nato toll zu finden. Und wenn ich höre, wie diffamierend bei den Grünen und großen Teilen der SPD jetzt über Brandts Entspannungspolitik gesprochen wird, da kotze ich im Strahl. Auch halte ich es weiter für völlig falsch, die Bundeswehr hochzurüsten"

      Die Grünen sind auf dem Ticket 'irgendwie doch links' gewählt worden - vergleichen Sie mal die außenpolitische Leistung von Brandt/Bahr (die es mit Typen wie Breschnew und Gromyko zu tun hatten (Prager Frühling)), deren Diplomatie letztlich zum Fall des Eisernen Vorhangs geführt hat, mit der gegenwärtigen Rückabwicklung genau dieser Politik durch die gegenwärtige Regierung!

      Als ließe sich allein die aktuell wirklich drängendste Aufgabe, Klimaschutz, ohne das flächenmäßig größte Land der Erde, Russland, in einem Kalte-Krieg-Szenario angehen...

    • @ke1ner:

      Grauslich. Das betrifft aber nicht nur Baerbock. Ich befürchte, wir gehen den falschen Weg. Wie kann frau/man nur so blind gegenüber der Gefahr eines Atomkriegs sein.

  • Ich wüßte nicht, in Deutschland mal eine/n bessere/n AußenministerIn gehabt zu haben. Eine gute Frau. Die mehr oder weniger kleinen Fehler , die sie in Unerfahrenheit im Amt oder aus Enthusiasmus macht/e, sind einfach nicht zu vermeiden, wenn man Stil hat und der Welt etwas mitzuteilen. Und sie lernt richtig schnell und wird immer besser. Eine feste Größe für die Grünen - da können sie wirklich froh drüber sein ! Außerdem eine Bereicherung für die Diplomatie insgesamt. Diese kann viel lernen an Baerbock ! In einer Welt, wo Typen wie Trump etc. ihre Fakenews-Imperien pflegen, tut eine deutsche Außenministerin, die Klartext redet, manchmal unendlich gut.

    • @Zebulon:

      Wahlplakat der Grünen mit Baerbock:



      "Keine Waffen und Rüstungsgüter in Kriegsgebiete"



      Wer so was sagt und dann das Gegenteil macht (selbst wenn es notwendig wäre), der macht sich unglaubwürdig.



      Zudem finde ich sie viel zu "belehrend", das stößt andere vor den Kopf. Wissen wir Deutschen wirklich alles besser?

    • @Zebulon:

      Gutes Gefühl erzielen reicht aber nicht. Es kommt darauf an, was dabei raus kommt - und das ist bisher nichts.

  • beste aussenministerin ever ...

    braucht keine vorgaben vorangegangener denker.



    wie z.b. 'menschen und mächte' ... helmut schmidt / 1985.



    braucht keinen ausgewiesenen geschichtshintergrund, wenigstens der letzten 150 jahre, für die staaten, die sie besucht.



    ein jahr völkerrecht schnuppern reicht.



    wichtiges haben die berater auf dem kasten zu haben.



    pragmatisch nach vorne im 21. jahrhundert.



    und nicht zu vergessen: feministische aussenpolitik und menschenrechte.



    die fahne hoch und höher.



    wenn die andere seite dann an kinderrechte und kinderarmut in deutschland erinnert.



    weggelächelt.



    überhören !!!



    wir sind es doch, denen man zuhören muß.



    hüter der wahrheit ? wir !

    lesenswert noch heute:



    annalena baerbock ...die politische agenda

    und nicht vergessen:



    keine waffen in kriegsgebiete!



    wir sind bereit, weil ihr es seid.

    sponti-spruch btw 2021 bei den grünen.

    • @adagiobarber:

      Na ja, was will frau von einer bedingungslosen Transatlantiker schon erwarten. Sie ist ja auch vom Time Magazine in die 2022 TIME100 Next (rising stars from across industries and around the world) gekürt worden, mit einer Laudatio von Antony Blinken.