Annäherung von Japan und Nordkorea: Tausche Einreise gegen Ermittlungen
Nordkorea will die Entführung von zahlreichen Japanern aufklären. Zum Ausgleich lockert Tokio Sanktionen wie das Hafenverbot. Südkorea begrüßt den Schritt.
TOKIO ap | Über Jahrzehnte herrschte Funkstille zwischen Japan und Nordkorea, nun gehen die beiden Staaten langsam aufeinander zu. Nordkorea will Ermittlungen zum Schicksal von mehreren in den 70er und 80er Jahren von nordkoreanischen Agenten entführten Japanern aufnehmen. Im Gegenzug hebt Japan einen Teil seiner Sanktionen gegen den kommunistischen Staat auf, wie Ministerpräsident Shinzo Abe am Donnerstag mitteilte.
Die Führung in Pjöngjang kündigte an, sie werde ein Untersuchungskomitee einsetzen, das die Fälle der vermissten Japaner überprüfen soll. Nach Jahren der Dementis hatte Pjöngjang 2002 zugegeben, dass Agenten Japaner zu Ausbildungszwecken entführt hätten. Schließlich ließ Nordkorea fünf der Geiseln frei. Weitere mutmaßlich Verschleppte seien aber entweder gestorben oder nie nach Nordkorea gekommen, hieß es aus Pjöngjang.
Privaten Organisationen zufolge wurden allerdings Hunderte japanische Staatsbürger verschleppt, viele von ihnen sollen noch immer in Nordkorea festgehalten werden. Abe hat eine Lösung in dem Fall zu einer seiner politischen Prioritäten erklärt.
Abe zeigte sich zufrieden über die Einigung mit Nordkorea. „Das ist aber nur der Anfang. Wir sind entschlossen, mit weiteren Anstrengungen alles für eine umfassende Lösung zu tun“, sagte er. Japan will sich dennoch weiter an die UN-Sanktionen halten, die gegen Nordkorea wegen seines Atomwaffen- und Raketenprogramms verhängt wurden. Frühere, ähnliche Vereinbarungen mit Pjöngjang waren letztlich geplatzt.
Entscheidung am Freitag
Zusätzlich zu den internationalen Strafmaßnahmen hat Tokio sämtlichen unter nordkoreanischer Flagge segelnden Schiffen ein Hafenverbot erteilt und den Handel mit Nordkorea eingefroren. Nordkoreanischen Bürgern ist die Einreise nach Japan zudem untersagt. Diese Strafmaßnahmen sollen nun gelockert werden. Eine Entscheidung dazu könnte am Freitag in einer Kabinettssitzung fallen.
Nach dem Willen Abes sollen diese Einreisebeschränkungen informierten Kreisen zufolge künftig gelockert werden. Außerdem sollen Schiffe aus Nordkorea für humanitäre Zwecke in japanische Häfen einlaufen können. Auch die Bestimmungen für die Meldung von Geldtransfers nach Nordkorea dürften flexibler gehandhabt werden.
Von einer Teilrücknahme der Sanktionen erhofft sich Nordkorea, den heimischen Tourismussektor und langfristig auch den Handel antreiben zu können. Allerdings betonten japanische Regierungsvertreter, dass die Lockerung der Sanktionen nicht zu einem nennenswerten wirtschaftlichen Aufschwung für Pjöngjang führen werde. Auch den internationalen Bemühungen um eine Bestrafung und Isolierung Nordkoreas werde kein Abbruch getan.
Südkorea begrüßte die Annäherung zwischen Japan und Nordkorea. Ein Sprecher des Außenministeriums in Seoul erklärte aber, Japan dürfe nicht die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft im Atomstreit mit Nordkorea untergraben. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums sagte, er hoffe, dass die Einigung zwischen den beiden Staaten zu Frieden und Stabilität in der Region beitrage.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen