Ankündigung Saudi-Arabiens: Islamische Militärallianz gegen Terror
Das Bündnis will vorrangig gegen Terrorismus in Irak, Syrien, Libyen, Ägypten und Afghanistan vorgehen. 34 Staaten machen mit.
So viel hat der 30-jährige Vize-Kronprinz und Verteidigungsminister Mohammed bin Salman auf einer Pressekonferenz am Dienstag erklärt. Doch schon beim genauen Ziel wird es eher vage. „Der Terrorismus muss mit allen Mitteln gemeinsam bekämpft werden, um ihn zu eliminieren“, heißt es in einer Erklärung. Der Islam verbiete die „Korruption und Zerstörung der Welt“. Wer aber sind die Terroristen?
„Nicht nur der IS“, betont Mohammed bin Salman. „Wir werden jede Terrororganisation bekämpfen, die sich uns entgegenstellt.“ Doch die beteiligten Staaten haben jeweils ihre eigenen „Terroristen“. Für die Saudis sind die Huthis, ihre militärischen Gegner im Jemen, Terroristen. Für Ägypten, das neben der Türkei und Pakistan die größte Armee in dieser Koalition stellt, sind es die Muslimbrüder, für die Türkei ist es die kurdische PKK.
Und dann gibt es noch ein weiteres Problem. Der Iran, einer der wichtigsten Widersacher des IS, ist nicht mit dabei. Seinen größten regionalen Rivalen wollte Saudi-Arabien nicht mit an Bord haben. Das gilt auch für den Irak mit seiner schiitisch dominierten Regierung. Das riecht nach einer sunnitischen Anti-Iran-Achse, von der Saudi-Arabien bereits lange träumt, verpackt in Anti-IS-Rhetorik.
Mohammed bin Salman
Aber bei aller gebotenen Skepsis gibt es einige neue Elemente. Etwa, dass Länder wie Saudi-Arabien, Katar und die Türkei, die sich in vielen Fragen, etwa bei dem Umgang mit den Muslimbrüdern, uneins sind, nun zusammenarbeiten sollen. Und die saudische Erklärung kommt in einer Zeit, in der sich das politische Umfeld in den Krisenregion langsam verändert.
Waffenstillstand im Jemen?
Denn in manchen in den letzten Monaten fast schon „aufgegebenen“ Ländern übernimmt langsam wieder die Politik gegenüber bewaffneten Auseinandersetzungen die Führung. In Marokko soll am Donnerstag ein Abkommen für eine libysche Einheitsregierung unterzeichnet werden; eine Voraussetzung, um den sich dort immer weiter ausbreitenden IS zu bekämpfen.
Im Jemen gibt es Versuche, einen Waffenstillstand umzusetzen, weil die Saudis langsam erkennen, dass sie dort militärisch nicht weiterkommen. Gleichzeitig versucht Saudi-Arabien, aus syrischen Oppositionsgruppen einen vernünftigen Verhandlungspartner zu schmieden, ehe im Januar die Syrien-Gespräche weitergehen.
In diesem sich veränderten Umfeld könnte eine islamische Anti-Terror-Militärallianz vielleicht tatsächlich ein Rolle spielen, mit der Möglichkeit, dass irgendwann türkische, arabische, afrikanische und pakistanische Bodentruppen gegen den IS in Syrien, dem Irak oder in Libyen eingesetzt werden. Ob das Bündnis diese Rolle einnehmen kann, hängt davon ab, ob es zur Totgeburt einer sunnitischen Achse gegen den Iran wird, oder ob es am Ende gegen den IS kämpft, auch mit dem Iran.
Klare Strategie fehlt
Andernfalls bleibt von der jetzigen Ankündigung nicht viel mehr als eine PR-Aktion, mit der Saudi-Arabien versucht, zu retten, was noch zu retten ist. Im Jemen haben sich die Saudis militärisch festgefahren, in Syrien spielen sie seit der russischen Intervention und dem verstärkten westlichen Eingreifen gegen den IS nur noch eine Nebenrolle. Zudem müssen sie zusehen, wie Putin das Regime Assad unterstützt wie der Westen ihn hofiert, aus Angst vor mehr Flüchtlingen und Anschlägen in Europa.
Hinzu kommt der sinkende Ölpreis, gepaart mit der Aussicht, dass nach der Pariser Klima-Konferenz nicht nur die Bedeutung fossiler Brennstoffe zurückgehen wird, sondern auch die der politischen Fossilien wie das erzkonservative islamische Königreich Saudi-Arabien, das sie verkauft.
Noch nie stand es um das Ansehen Saudi-Arabiens im Westen und um seine Zukunftsaussichten so schlecht wie heute. Dem mit einer saudisch geführten Antiterrorallianz entgegenzusteuern, ist vielleicht eine gute Taktik. Funktionieren wird diese aber nur, wenn sie auch strategisch mit Inhalt gefüllt wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“