Anklage gegen Trump: Der Rückhalt bröckelt
Die Anklage gegen Trump zeigt: Das US-Rechtssystem funktioniert, die Vorwürfe sind gravierend. Die mediale Aufregung in den USA hat jedoch etwas Zwanghaftes.
D onald Trump irrt, wenn er behauptet, die Ermittler machten die USA mit ihren Ermittlungen und jetzt ersten Anklagen gegen ihn zu einem „Dritte-Welt-Land“. Das Gegenteil stimmt. Dass ein Gericht in New York einen Ex-Präsidenten wegen Fälschungen und anderer Straftaten mit dem Zweck der Verschwörung gegen die Wähler angeklagt hat, zeigt, dass die Justiz es geschafft hat, unabhängig zu bleiben.
Die Anklage zeigt auch, dass sich die USA seit den 70er Jahren weiterentwickelt haben. Damals bekam der Ex-Präsident Richard Nixon, der das Land belogen hatte und der bei der Vertuschung von Straftaten erwischt worden war, von seinem Nachfolger Gerald Ford eine komplizenhafte Begnadigung.
Ein Unterschied zwischen Nixon und Trump ist auch, dass Trump nicht zurückgetreten ist, als sein Amtsenthebungsverfahren unvermeidlich wurde. Trump blieb und verschlimmerte seinen Fall, indem er seine Anhänger am 6. Januar 2021 zu verfassungsfeindlichen Aktivitäten gegen Wahlen aufrief, die er verloren hatte. Als Quittung bekam er ein zweites Amtsenthebungsverfahren. Sowie ein Zerwürfnis mit seinem Amtsnachfolger.
Aber auch zahlreiche Demokraten und moderate Republikaner irren, wenn sie jetzt meinen, die 34 Straftaten, die Trump in New York vorgeworfen werden, seien ein „zu schwacher Fall“. Sollte sich bewahrheiten, dass Trump Dokumente über Schweigegeldzahlungen gefälscht hat, um die Wähler zu manipulieren, ist das schwerwiegend. In den strafsüchtigen USA kommen Menschen wegen deutlich geringerer Straftaten für Jahre hinter Gitter.
Es kommt hinzu, dass die Anklagen in New York möglicherweise auch die Ermittlungen über andere mutmaßliche Straftaten von Trump beschleunigen. Trumps Versuche, die Wahlbehörden in Georgia unter Druck zu setzen, zusätzliche Stimmen für ihn zu finden, gehören zu den schwersten Vorwürfen. Unbedingt gerichtlich untersucht gehören auch seine Rolle beim gewalttätigen Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 und seine Mitnahme vertraulicher Geheimdokumente aus dem Weißen Haus nach Mar-a-Lago.
Auch die Medien irren, wenn sie glauben, sie könnten mit Trumps Anklage in New York wieder an ihre hohen Klickraten aus seiner Amtszeit anknüpfen. Viele Medien waren sich nicht zu schade, live zu übertragen, wie er in Florida ins Flugzeug stieg, wie seine Maschine abhob, wie sie flog und wie sie in New York landete. Sie setzten dieses unterirdische Niveau von Berichterstattung fort, als sie Trumps Autofahrt von seinem Turm zum Gericht per Luftaufnahm live übertrugen.
Nur wenige Fahnenschwenker für Trump
Dennoch halten sich die Sympathiekundgebungen für Trump in Grenzen. Als Lippenbekenntnis verurteilen zwar fast alle Republikaner, denen jemand ein Mikrofon vor den Mund hält, die Anklagen gegen Trump. Aber selbst in der Trump-Hochburg Florida waren die Fahnenschwenker am Straßenrand dünn gesät. In Trumps Geburtsstadt New York standen am Morgen seiner Anklagen neben Hunderten von Kameraleuten aus aller Welt nur zwei erkennbare Unterstützerinnen vor seinem Turm. Als einziges Requisit hatten sie eine alte Fahne aus seinem vorletzten Wahlkampf von 2016. Vor dem Gericht setzte sich das Bild fort. Nur ein paar Dutzend Trump-Unterstützer erschienen dort am Dienstag, um ihm den Rücken zu stärken.
Die Kehrtwende spiegelt sich auch in den Finanzen. Trump sagt, dass er in den ersten 24 Stunden nach der Verkündung der kommenden Anklage 4 Millionen Doller als Spenden bekommen habe. Das ist eine stolze Summe Geld. Aber im Verhältnis zu den Spendengeldern in zweistelliger Millionenhöhe, die sein stärkster innerparteilicher Widersacher Ron DeSantis seit März eingenommen hat, nimmt sich diese Unterstützung mickrig aus.
Die Zahlen auf der Straße und bei den Geldflüssen zeigen, dass Trump allenfalls noch die Zuwendung eines Teils seiner radikalen Basis genießt. Viele gewählte Politiker der Republikaner sowie finanzstarke unternehmerische Geldgeber, die 2024 wieder einen republikanischen Präsidenten wollen, haben sich von Trump abgewandt. In DeSantis haben sie einen gefunden, der politisch mindestens ebenso reaktionär ist wie Trump, aber persönlich weniger laut scheppernden Ballast hinter sich herzieht.
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