piwik no script img

Anklage gegen Neonazi-TerroristinZschäpe muss vor Gericht

Die Anklage gegen NSU-Mitglied Beate Zschäpe ist zugelassen worden. Sie muss sich so auch wegen Mittäterschaft bei zehn Morden verantworten.

Wie sehr war sie beteiligt? Das wird nun ein Gericht klären. Bild: reuters

BERLIN taz | Das Oberlandesgericht München hat nach übereinstimmenden Medienberichten am Donnerstag die Anklage gegen Beate Zschäpe und vier weitere Angeklagte in allen Punkten zugelassen.

Somit muss sich die 38-Jährige nicht nur wegen schwerer Brandstiftung und Mitgliedschaft in der Terrorgruppe NSU vor Gericht verantworten, sondern auch wegen Mittäterschaft bei zehn Morden. Das wiegt juristisch so schwer als ob sie selbst geschossen hätte. Das Gericht wollte sich offiziell am Nachmittag noch nicht äußern. Dagegen bestätigte Zschäpes Berliner Anwältin Anja Sturm die Entscheidung.

Bei einer Verurteilung muss Beate Zschäpe mit lebenslanger Haft rechnen, womöglich sogar mit Sicherungsverwahrung. Ihr Verteidigerteam hatte Anfang des Monats noch versucht, die Mordvorwürfe in der fast 500-seitigen Anklage der Bundesanwaltschaft in Zweifel zu ziehen. Das Oberlandesgericht hält die mutmaßliche Rechtsterroristin dagegen für „hinreichend verdächtig“.

Der Prozessbeginn vor dem 6. Strafsenat wird nun für April erwartet. Vorsitzender Richter wird Manfred Götzl sein, der den Ruf hat, ein harter Hund sein zu können.

Neben Beate Zschäpe werden vier mutmaßliche NSU-Helfer angeklagt. Unter ihnen ist der ehemalige NPD-Funktionär Ralf Wohlleben. Der 37-Jährige soll dem NSU zusammen mit dem ebenfalls angeklagten Ex-Neonazi Carsten S. die Pistole besorgt haben, mit der die Neonazis neun Migranten erschossen. Wohlleben ist neben Zschäpe der einzige in dem Verfahren, der weiter in Untersuchungshaft bleiben muss.

Für den Mammutprozess in München wird momentan der Schwurgerichtssaal im Justizzentrum umgebaut. Wegen der großen Zahl von rund 60 Nebenklägern werden die Plätze für Zuschauer und Medienvertreter vermutlich auf 100 begrenzt sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • W
    wetterleuchten

    Vielleicht kann sich mit Manfred Götzl die heutige Richterschaft für die Verfehlungen ihrer Berufskollegen bei der Aufarbeitung von Nazi-Verbrechen in der Nachkriegszeit rehabilitieren. Eine wehrhafte Demokratie braucht nicht nur wehrhafte Bürger sondern auch wehrhafte Richter! Hier ist viel Vertrauen in der Bevölkerung verloren gegangen!

    Allerdings werden heute schon wieder wie in den 1930er Jahren Rechte-Demonstrationen gegen den Willen der Bevölkerung oftmals an sensiblen Orten zugelassen. Diese Nachsicht gegenüber Verbrechern und Terroristen von Rechts scheint mental nicht begreifbar, sie wird aber immer wieder zur Begründung und Funktionieren unseres Rechtsstaates herangezogen. Ich finde diese Gratwanderung unserer Juristen kann uns noch einmal unsere Freiheit kosten!

  • A
    anke

    Wie "hart" muss ein "Hund" sein, um im Beisein von 60 Nebenklägern die letzte verbliebene (Mit-)Schuldige lebenslang in den Knast zu schicken – und anschließend auch noch in Sicherheitsverwahrung?

  • F
    Frage

    Warum dürfen wir Frau Z.´s Gesicht sehen und ihren vollen Namen kennen?

     

    Bei anderen Straftaten wird das nicht so gehandhabt. Gibt es da einen Grund?

     

    Weiß jemand wie das juristisch ist von wegen Persönlichkeitsrechte usw.?