Anfrage zu feministischer Außenpolitik: Zu wenig Frauen im Auswärtigen Amt
Deutschland ist für zwei Jahre Mitglied im UN-Sicherheitsrat. Doch die Bundesregierung hat keine Pläne für eine feministische Außenpolitik.
BERLIN taz | Nur ein Drittel aller Führungspositionen im Auswärtigen Amt in Berlin ist mit Frauen besetzt, und nur 15,6 Prozent der Menschen, die eine Auslandsvertretung der Bundesregierung leiten, sind Frauen. Die Quoten von Frauen in Leitungspositionen oder im operativen Bereich des Bundesnachrichtendienstes sind mit 17 bzw. 18 Prozent ähnlich schlecht. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linke-Fraktion im Bundestag hervor, die der taz am Freitag exklusiv vorliegt.
In der Anfrage mit dem Titel „Feministische Außenpolitik als Perspektive für Deutschland“ geht es um die Frage, welche Maßnahmen die Bundesregierung plant, um einerseits die Rechte von sozial benachteiligten Gruppen – hier Frauen – und andererseits ihre Mitwirkung an außenpolitischen Prozessen zu verbessern. „Frauen machen mehr als 50 Prozent der Weltbevölkerung aus und sind doch in vielen Teilen der Welt von politischen Entscheidungsfunktionen ausgeschlossen. Dieses Demokratiedefizit hat auch weitreichende ökonomische und sicherheitspolitische Auswirkungen“, schreiben die Fragesteller in der Vorbemerkung.
Anlass zur Anfrage: Deutschland hat seit Beginn des Jahres einen Sitz im UN-Sicherheitsrat, dem einflussreichsten Gremium der Vereinten Nationen. Zudem ist 2020 das 20-jährige Jubiläum der Verabschiedung der UN-Agenda 1325 „Frauen, Frieden und Sicherheit“. Die Resolution wurde Anlass zu einem thematischen Arbeitsschwerpunkt im UN-Sicherheitsrat. Deutschland steht also in den kommenden zwei Jahren besonders im Fokus der Umsetzung einer feministischen Innen- sowie Außenpolitik. Dabei hat das kürzlich ausgeschiedene Ex-Sicherheitsratsmitglied Schweden, das feministische Politik zur Regierungssache erklärte, die Messlatte besonders hoch gelegt.
Auf die Frage, welche konkreten Maßnahmen geplant seien, hat die Bundesregierung bis auf die „Förderung von Netzwerken“ und die Mitorganisation einer „informellen Sitzung des Sicherheitsrates zu nationalen 1325-Aktionsplänen im Nahen und Mittleren Osten, an der auch Vertreterinnen der Zivilgesellschaft als Sprecherinnen teilnahmen“, nichts vorzuweisen. Anlässlich des bevorstehenden 20-jährigen Jubiläums der Sicherheitsresolution 1325 wolle die Bundesregierung allerdings „eine führende Postion“ einnehmen.
Deutsche Waffen in Krisengebieten
Wie das mit der Waffenlieferung in Krisengebiete einhergeht, in denen vor allem Frauen überdurchschnittlich oft von sexualisierter Gewalt betroffen sind, ist ein weiterer Punkt der Anfrage. Die Bundesregierung verfolge eine „verantwortungsvolle“ Rüstungspolitik. Eine Lieferung würde eingestellt werden, „wenn hinreichend Verdacht besteht, dass die zu liefernden Rüstungsgüter zu internen Repressionen oder zu sonstigen, fortdauernden, systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht werden“.
Stefan Liebich, außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, hält die Formulierungen der Bundesregierung für den Schutz von Frauen bestenfalls für Floskeln: „Deutsche Rüstungsexporte in Krisen- und Kriegsgebiete geben jenen die Werkzeuge in die Hand, die Schulen mit Raketen beschießen, Hochzeitsgesellschaften bombardieren und natürlich auch sexualisierte Gewalt ausüben. Im Jemenkrieg ist tausendfach mit deutschen Waffen in saudischer Hand gemordet worden.“
Seit 2015 kämpfen im Jemen die Regierung und eine Militärkoalition unter Führung von Saudi-Arabien gegen Huthi-Rebellen, die vom Iran unterstützt werden. 92 Prozent aller Kriegsopfer sind Zivilist*innen, davon überproportional viele Frauen. Deutsche Unternehmen liefern Waffen nach Saudi-Arabien.
Leser*innenkommentare
Sofia Dütsch
Ich sehe keinen Vorteil in einer Frauen-Quote.
Ich sehe bei der politischen Arbeit
aktuell auch keinen Bedarf, wenn schon Quote dann doch bitte in Bezug
auf Fachkompetenz!
Da mangelt es nun ja Richtig.
Sven Günther
"Dabei hat das kürzlich ausgeschiedene Ex-Sicherheitsratsmitglied Schweden, das feministische Politik zur Regierungssache erklärte, die Messlatte besonders hoch gelegt."
Das ich nicht lache...
So sieht Schweden "feministische Außenpolitik" aus wenn Schwedens Handelsministerin Ann Linde unterwegs ist.
twitter.com/Hillel...2761016320/photo/1
Gekuscht vor den Mullahs hat man, schön den Hidschab angelegt und die langen Gewänder angezogen und an Rohani vorbeiparadiert, denn sonst hätten die Iraner das Treffen abgesagt. Es ging aber um Geschäfte für 300 Mio Euro für schwedische Firmen, die wollte Frau Linde natürlich nicht in Gefahr bringen.
www.deutschlandfun...:article_id=378911
Normalo
Aus meiner Sicht ist ein (auch) von Frauen gewählter Mann kein Demokratiedefizit. Anderes mag bei nicht gewählten Beamten gelten. Aber da gibt's doch nun schon lange Quotenregelungen ohne Ende, oder?
Andi S
@Normalo Irgendwie muss ich Ihnen recht geben. Am Ende wählen wir kein Bürgerparlament sondern eine Ständevertretun wählen. D.h. ich werde genau die Vertreter für den mathematischen Anteil mittelalter, nonmigration, heterosexueller und protestantischer Männer (aka „die Bösen“) wählen.
Rolf B.
Für mich gibt es nur eine gute oder schlechte Außenpolitik. Maas vertritt eher eine schlechte Außenpolitik. Er ist getrieben von transatlantischen Einflüssen (siehe auch "And the winner is Trump"), die weder gut für Europa noch für Deutschland sind.
Rudolf Fissner
@Rolf B. „Als Atlantiker werden Personen bezeichnet, die sich in ihrer Identitätsfindung nicht an einem einzelnen europäischen oder nordamerikanischen Nationalstaat orientieren, sondern stattdessen eine Definition über bestimmte Werte in den Vordergrund stellen. Dazu zählen Wertschätzung für freie Marktwirtschaft, Liberalismus und Demokratie sowie eine Identifikation mit den diese Werte repräsentierenden Staaten, insbesondere die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich, Deutschland und andere Staaten in (West-)Europa.“
Ok. Die AfDler sind keine Transatlantiker, Putin ist auch ein Antidemokrat. Gibts da auch irgendwelche „guten“ Nicht-Transatlantiker?
Rolf B.
@Rudolf Fissner «Tatsächlich gibt es zahlreiche transatlantische Organisationen wie die Atlantik-Brücke[wp], die Bilderberg-Konferenz und viele andere, in denen Politiker Militärs, Mitarbeiter amerikanischer Thinktanks und eben Journalisten zusammenkommen. Diese Veranstaltungen, von denen nicht berichtet werden darf, haben einen bestimmten Zweck - in der Regel: offiziell die Stärkung der transatlantischen Zusammenarbeit. De facto sind sie auch ein Transmissionsriemen für die amerikanische Denkart in der Außenpolitik, für die je angesagte Politik Washingtons. In diesen Netzwerken wurde in den Jahren der Mittelostkriege eine Politik vordiskutiert und rationalisiert, die aus heutiger Sicht als stellenweise durchgeknallt bezeichnet werden muss. [...] Durch dieses journalistische Eingebettetsein hat die außenpolitische Debatte hierzulande zuweilen einen merkwürdigen amerikanischen Akzent, oft gewinnt man beim Lesen den Eindruck, als würde einem in Leitartikeln etwas beigebogen, als gäbe es Argumente hinter den Argumenten, fast glaubt man, eine Souffleurstimme zu hören.» - Stellvertretender Chefredakteur der Zeit Bernd Ulrich[wp] in seinem Buch Sagt uns die Wahrheit![2]
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