Andreas Scheuer und die Fachleute: Best Scheuer ever
Der Bundesverkehrsminister hat es derzeit nicht leicht. Dabei versucht er alles, um sich ins beste Licht zu rücken. Das gelingt nur bedingt.
Das Publikum regt sich nicht.
Es sitzen an diesem Abend vor allem VerkehrswissenschaftlerInnen und VertreterInnen der Industrie im Parkett. Und zu denen möchte kein Funke so richtig überspringen, so sehr sich der Minister auch bemüht.
Die Akademiker und (wenigen) Akademikerinnen sind zum parlamentarischen Abend der „Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität“ gekommen. Das ist eine von der Regierung eingesetzte Kommission, die Handlungsempfehlungen erarbeiten soll. Beteiligt sind VertreterInnen aus Wissenschaft, Politik, Industrie, Gewerkschaften und Umweltverbänden. Die Kommission soll versuchen, die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bekommen, die etwa beim autonomen Fahren oder der Umstellung von Verbrennungsmotoren auf E-Autos aufeinanderprallen.
Wer den Schadenersatz hat, braucht für den Spott …
Scheuer spricht von „einem breit angelegten Prozess“ und von Emotionen, die bei Fragen der Mobilität aufbrechen würden. „Wir denken nicht nur ans Automobil“, ruft er. Scheuer wirkt nicht eben entspannt, aber auch nicht getrieben.
Dabei steht er wegen des von ihm verursachten Pkw-Maut-Desasters enorm unter Druck. Scheuer hatte nämlich Verträge mit den Maut-Betreibern unterschrieben, bevor der Europäische Gerichtshof Zeit hatte, überhaupt über die Rechtmäßigkeit des Projekts zu entscheiden. Seit die Richter die Maut verboten haben, stehen Schadenersatzansprüche von mehr als einer halben Milliarde Euro im Raum.
Andernorts zeigt Scheuer durchaus, dass dieses Debakel an ihm nagt. Als der Minister jüngst über die Angriffe auf ihn ausgiebig im CSU-Parteivorstand gejammert hat, soll Parteichef Markus Söder Medienberichten zufolge demonstrativ desinteressiert gewesen sein – autsch!
Aber zurück nach Berlin, wo Scheuer sich gegenüber seinem akademischen Publikum gut gelaunt gibt. Bei der Diskussion über die Zukunft der Mobilität gehe es nicht nur um das Automobil, erklärt Scheuer noch mal. „Wir denken über verschiedene Verkehrsträger hinweg.“
Der verräterische Terminkalender
In Wirklichkeit ist Scheuer keineswegs so vielspurig unterwegs, wie er an diesem Abend glauben machen möchte. Sein Terminplan jedenfalls, das ergibt die Antwort auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag, spricht eine andere Sprache. Im vergangenen Jahr hat er sich elf Mal separat mit VertreterInnen der Autoindustrie getroffen, aber nicht ein einziges Mal hatte er einen Einzeltermin mit VertreterInnen von Umweltverbänden.
Das Auditorium in Berlin jedenfalls befindet Scheuer als die richtige Bühne, um über das viele Geld für den Radverkehr und die vielen, vielen Milliarden Euro für die Bahn zu sprechen, die die Bundesregierung in den kommenden Jahren zur Verfügung stellt. „Wir investieren so viel wie nie zuvor in den Verkehrssektor“, sagt er und kündigt an, dass er alle Bürgermeister des Landes anschreiben will, damit sie vor dem Rathaus oder der Turnhalle Ladesäulen für Elektroautos aufstellen.
Immer wieder lobt und umgarnt er die anwesenden Fachleute für ihre Mitarbeit in der Kommission. „Wenn Sie nicht über mich positiv schreiben, dann wenigstens über die Experten der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität“, sagt er, an die JournalistInnen im Raum gerichtet. Beifall gibt es auch dafür nicht. Der Applaus am Ende ist allenfalls freundlich.
Bevor Scheuer das Auditorium verlässt und die ExpertInnen unter sich diskutieren, spricht der Moderator des Abends, der Journalist Alfons Frese vom Tagesspiegel, kurz mit dem Minister. „Fehlendes Marketing kann man Ihnen nicht vorwerfen“, sagt Frese. „Man hat den Eindruck, Sie sind der erfolgreichste Verkehrsminister aller Zeiten.“ Da lachen selbst die trockenen Fachleute.
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