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Aktivistin über Anastasia-Bewegung„Es handelt sich nicht um harmlose Öko-Spinner“

Mit nationalvölkischen Ideen erreicht die Anastasia-Bewegung immer mehr Leute. Das ist gefährlich, sagt die Klimaschutzaktivistin Hanna Poddig.

Völkische Rituale: Anastasianer in Tracht feiern mit Kreistanz das Iwan-Kupala-Fest, also die Sommersonnenwende Foto: Lobachev Vladimir/wikimedia CC BY-SA 3.0

Interview von

Nele Beste

taz: Hanna Podig, die Plots der „Anastasia“-Bücher klingen wie krude Märchen. Wieso haben die Romane, die der russische Autor Wladimir Dusakow als „Wladimir Megre“ veröffentlichte, so eine Schlagkraft?

Hanna Poddig: Weil je­de:r sich daraus ziehen kann, was er oder sie braucht. Menschen mit rassistischen Tendenzen finden auf jeden Fall Legitimierung in den Büchern. Menschen, die mit verschiedenen Geschlechtern überfordert sind, finden in den Büchern den vermeintlich natürlichen Weg, wo es einen Mann und eine Frau gibt. Menschen, die antisemitisch sind, finden für sie passende Erzählungen in den Büchern. Ein zweiter Punkt ist, dass die Menschen hinter den Büchern sehr gute Arbeit beim Vermarkten geleistet haben. Außerdem hat der Autor einen ganzen Kult rund um das Buch und die Figur der Anastasia geschaffen.

Bild: Poddig
Im Interview: Hannah Poddig

geboren 1985, nimmt seit ihrer Schulzeit als Aktivistin an Besetzungen teil. Poddig ist außerdem Journalistin. 2009 erschien ihr erstes Buch „Radikal mutig. Meine Anleitung zum Anderssein“.

taz: Wie ist die Anastasia-Bewegung in Deutschland organisiert?

Poddig: Tatsächlich ist es nicht so, dass es die eine Anlaufstelle gibt. Viele An­hän­ge­r:in­nen leugnen sogar die Existenz der Bewegung. Allerdings gibt es innerhalb der Anastasia-Szene Personen, die sich als Ansprechpersonen hervortun oder sich berufen fühlen, juristische Arbeit in dem Umfeld anzubieten. Es gibt auch einen, der einen Index, sozusagen ein Nachschlagewerk für die gesamte Anastasia-Buchreihe, geschrieben hat und als Experte für die Bücher gilt. Andere sind Experten für Permakultur, wieder andere für Grundstückskäufe oder Vereinsgründungen.

Manche sind überzeugt, nichts mehr essen zu müssen, also nur von Luft leben zu können

Hannah Poddig, Autorin

taz: Welche Annahmen stehen hinter der Anastasia-Ideologie?Poddig: In den Annahmen finden sich esoterische, rassistische, antisemitische und im Prinzip alle Ismen wieder. Ein zentraler Begriff ist Freiheit. Wenn man sich an das hält, was Anastasia in den Büchern propagiert, erlangen, so das Versprechen, An­hän­ge­r:in­nen maximale Freiheit und Loslösung von allen Zwängen der Gesellschaft und des Kapitalismus. Das geht bei manchen sogar so weit, dass sie überzeugt sind, irgendwann nichts mehr essen zu müssen, also nur von Luft leben zu können. Ein Faktor, den im Übrigen viele esoterische oder antirationale Zusammenhänge nutzen, ist, dass Anastasia oder die Bewegung am Ende nie die Schuld treffen kann. Treffen die ganzen Versprechen nämlich nicht ein, ist das nicht die Schuld der Ideologie, sondern die einer einzelnen Person. Die hat sich dann nicht genug ins Zeug gelegt oder nicht fest genug daran geglaubt.

taz: Welche Gefahr geht von den Anastasia-Anhänger:innen aus?

Poddig: Kurzfristig bauen sie Wohn- und Landwirtschaftsprojekte auf, versuchen sich an Schulgründungen zu beteiligen, sind in Kleingartenvereinen, teils sogar in gewählten Ortsvertretungen. Erschreckend ist, über welchen Zeitraum sie agieren. Die Verbreitung der Ideologie ist über mehrere Generationen angelegt. Es gibt Beispiele aus völkischen Familien, in denen es für Kinder nicht unüblich war, den Geburtstag des Führers zu feiern. Allerdings sind die Sied­le­r:in­nen mit ihren Ansichten und Aktionen gar nicht so geheim, wie man meinen sollte. Das fängt bei den Produkten an, die sie verkaufen, und geht bis zu Workshops, die sie anbieten. Menschen, die sich nicht mit der Geschichte solcher rechten Gruppierungen auskennen, können das auf den ersten Blick gar nicht erkennen, dass problematische Motive dahinterstecken.

taz: Wissen Sie von Verbindungen zu anderen rassistischen oder extremen Gruppen?

Poddig: Menschen aus einem Anastasia-Projekt namens Weda-Elysia im Harz waren vor dem Verbot des Zusammenschlusses auf einem Treffen der Artgemeinschaft, eines völkischen Kampfverbands. Der wurde vor gut zwei Jahren verboten. Auf Flächen des Projekts „Goldenes Grabow“ in Brandenburg fand ein Sommerlager des rechten Jugendverbands Sturmvogel statt. Wieder andere Ak­teu­r:in­nen sind vernetzt mit Menschen aus dem Umfeld der Prinz-Reuß-Gruppe, die einen bewaffneten Umsturz plante und QAnon-Ideologie verbreitet. Das verdeutlicht, dass es sich nicht um harmlose Eso-Öko-Spinner handelt.

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8 Kommentare

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  • Am Anfang solcher Eso-Liverollenspiele steht ja offensichtlich auch immer eine Startup-Idee, auch wenn es erstmal nur um Bücher und Waldprodukte geht. Wenn es dann völlig dezentral ist, ist es wahrscheinlich umso besser.

    Der Prinz hat auf jeden Fall etwas falsch gemacht. :-)

    Durch den Verfall des Familienlebens und dem damit verbundenen Verfall der Sitten ist es wahrscheinlich nicht ganz unwahrscheinlich, dass es bei Sekten in Zukunft viel Zulauf geben wird (sorry, das könnte evtl. auch als Provokation gewertet werden ^^).

    Spiritualität ist trotzdem nicht unbedingt etwas Schlechtes.

  • Ich hätte mir auch etwas mehr Informationen zu dieser Bewegung gewünscht. Insbesondere weil einzelne Elemente, wie z.B. Permakultur, oder auch ländliche Kommunen, meiner Meinung nach, keine so schlechten Dinge sind.

  • Ein guter Kumpel von mir ist in dieser Bewegung, er hat nach der Trennung seiner Frau leider etwas den bezug zur Realität verloren. Von Engeln und Jesus Energie, über hinduistische Begriffe, bis hin zu Merlin, Zauberstäben, Heilkristallen wurde jeder nur erdenkliche Quatsch in einen Topf geworfen. Ich denke es funktioniert nach dem Fliegenfänger Prinzip, haupstsächlich Menschen mit Problemen, die sich missverstanden fühlen oder gerne etwas besonderes sein wollen fallen darauf herein. Er hat jetzt eine Heilerausbildung für 3000€ an zwei oder drei Wochenenden gemacht und kann jetzt Krankheiten durch handauflegen heilen. Er hat auch seine Partnerin dort kennen gelernt. Mit ihr gibt es permantent streit, weil sie fühlt, dass er sie in einem früheren Leben schonmal betrogen hat. Ja was soll man dazu sagen.....Durch Rassismus ist mir bisher niemand dieser Leute aufgefallen, allerdings sind das schon stark sektenähnliche Strukturen die hier herrschen. Ins Leben gerufen wurde diese Bewegung übrigens von einer Psychologin.....Mein Kumpel und ich haben mitlerweile eine stille Vereinbarung nicht über dieses Thema zu reden, nachdem er mehrfach versuchte mich mit diesem Mist zu missionieren

    • @PartyChampignons:

      Hmm hab mich glaube ich vertan, es ist nicht die Anastasia Bewegung sondern irgendwas mit Elise, geht aber in die gleiche Richtung: Esoterik, Lichtnahrung und eben Engel, Energie, Channeling, irgendwelche Begriffe aus dem Christentum und dem Hinduismus mit beigemischt, du erfährst deinen wahren, göttlichen namen etc etc.

      celeson.com/

  • Viele Infos findet man bei Wikipedia:



    de.wikipedia.org/w...Anastasia-Bewegung



    Ich wusste beim Lesen nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Mein Fazit: Warum sind die nicht alle nach Sibirien gegangen; dann müsste sich Putin mit denen rumärgern und nicht wir.

  • Ich hatte mich mal mit der Bewegung beschäftigt. Die Erzählung selbst ist keine Revolution und kann auf viele Arten gedeutet werden. Im Grunde wird hier eine Qualität von Wahrheit und Natürlichkeit zelebriert. Das ganze romantisch überhöht, als eine Fiktion wie viele andere. Der Herr der Ringe hat ja auch starke rassistische Aspekte. Rassismus und natürliche Ordnung liegen in dieser Kombination schon eher in der Nähe rechter Narrative. Erwähnen kann man noch die Gender Zuschreibungen in dem Werk. Sehr schräg: Die Frau ist in ihrem Wesen dem Natürlichen verbunden. Im Einklang mit den Rhythmen erleben alle Frauen ihre wahre Bestimmung. Auf der einen Seite scheinbar erhöht und auf der andern in ein Rollenbild festgeschrieben. Mit blonden Zöpfen und im Reigen tanzend zur Erfüllung von Reproduktion und Carearbeit.

  • Wie, das war's schon? Wir müssen viel mehr darüber wissen!

  • Und weiter?



    Da ich über diesen Artikel gestolpert bin und vorher keine Ahnung hatte um was es geht bin ich jetzt nicht viel schlauer. Irgendwie hört der Text mittendrin auf.



    Warte jetzt mal auf Teil 2.