Amtsenthebungsverfahren in den USA: Trump vor dem Freispruch
Die US-Demokraten hatten auf die Unterstützung von vier republikanischen Senatoren gehofft, um neue Zeugen laden zu können. Es wird wohl anders kommen.
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In der Nacht zu Freitag erklärte ein wichtiger republikanischer Senator, nicht für die Zulassung neuer Zeugen zu stimmen. Senator Lamar Alexander teilte mit: „Es bedarf keiner weiteren Beweise, um etwas zu beweisen, das bereits bewiesen wurde.“ Die Beweise erfüllten die Voraussetzungen für eine Amtsenthebung nicht.
Die Republikaner haben 53 der 100 Sitze im Senat. Um Zeugenaussagen zuzulassen, müssten vier republikanische Senatoren mit den Demokraten stimmen, und das schien auch bis zu Alexanders Absprung am Donnerstag möglich. Ohne ihn dürfte diese Mehrheit nicht zustande kommen. Gibt es einen Gleichstand, gilt der Antrag auf Zeugenvorladungen als abgewiesen. Zwar könnte theoretisch der Vorsitzende des Verfahrens, Richter John Roberts, mit seiner Stimme eine andere Entscheidung herbeiführen, aber damit rechnet niemand.
Das Weiße Haus und die Führung der Republikaner im Senat wollen die Anhörung von Zeugen verhindern und das Verfahren rasch zu Ende bringen – am besten vor der alljährlichen Präsidentenrede zur Lage der Nation, die am kommenden Dienstag vor beiden Kammern des Kongresses stattfinden soll. Sollten neue Zeugen gehört werden, könnte sich das Impeachment-Verfahren noch über Wochen hinziehen.
Wer definiert das „nationale Interesse“?
Trump warf den Demokraten bei einer Wahlkampfveranstaltung in Des Moines im Bundesstaat Iowa vor, das Wahlergebnis 2016 kippen zu wollen: „Sie wollen Eure Wahlzettel ungültig machen und unsere Demokratie vergiften und das gesamtes Regierungssystem zu stürzen“, sagte er. „Das wird nicht passieren.“
Das Repräsentantenhaus hat Trump mit der Mehrheit der Demokraten wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen im Kongress angeklagt: Trump soll den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski zu Ermittlungen gegen Biden gedrängt haben, um die US-Präsidentschaftswahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
Die Demokraten sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen unter anderem die Freigabe der Militärhilfe abhängig gemacht habe. Als das herausgekommen sei, habe Trump alles daran gesetzt, die Ermittlungen des Parlaments zu blockieren.
Der Senat nimmt bei dem Amtsenthebungsverfahren die Rolle eines Gerichts ein und entscheidet über die Anklagepunkte. Am Donnerstag setzten die Senatoren die Befragungen der Anklagevertreter des Repräsentantenhauses und der Verteidiger Trumps fort. Für die Verteidiger forderte der Rechtsberater des Weißen Hauses, Pat Cipollone, einen Freispruch Trumps. Das sei „das einzig angemessene Ergebnis“, das dem Land nicht über Generationen hinweg Schaden zufügen würde.
Bei den demokratischen Anklagevertretern sorgte eine Aussage des emeritierten Harvard-Professors Alan Dershowitz, der dem Trump-Team angehört, für Empörung. Dershowitz hatte am Mittwoch argumentiert, wenn ein Politiker davon ausgehe, dass seine Wiederwahl im nationalen Interesse sei, dann könnten Maßnahmen, die er dafür ergreife, nicht zu einem Amtsenthebungsverfahren führen.
Der Leiter des Anklageteams, Adam Schiff, erwiderte am Donnerstag, mit diesem Argument könne ein Präsident tun, was er wolle. „Das ist die Normalisierung der Gesetzlosigkeit.“ Der einzige Grund für eine solche Argumentation sei, dass die Verteidiger wüssten, dass Trump schuldig sei. „Das ist ein Argument aus Verzweiflung.“ Schiff sprach von „einem Abstieg in den Verfassungswahnsinn“.
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