piwik no script img

Ampel reformiert FamilienrechtMehr als Mama, Papa, Kind

Justizminister Buschmann will das Zusammenleben ohne Liebesbeziehung rechtlich stärken. Auch für lesbische Mütter soll es endlich Verbesserungen geben.

Justizminister Buschmann hatte die sogenannte Co-Mutterschaft schon vor einem Jahr versprochen Foto: Mareen Fischinger/imago

Berlin taz | „Wir werden das Familienrecht modernisieren.“ Das hatte die Ampel im Koalitionsvertrag versprochen. Nun soll tatsächlich etwas passieren: Bald nach der Sommerpause will Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) Eckpunkte für die sogenannte Verantwortungsgemeinschaft vorlegen – für Menschen also, die füreinander Verantwortung übernehmen wollen, ohne eine romantische Beziehung zu führen.

Und auch für lesbische Mütter soll es bald die lange ersehnten Verbesserungen geben: Das Bundesjustizministerium erklärte auf taz-Anfrage, es wolle „zeitnah“ Eckpunkte für eine umfassende Reform des Abstammungsrechts vorlegen.

Zugutekommen soll die Verantwortungsgemeinschaft zum Beispiel älteren Menschen: Eine alleinstehende Seniorin zieht mit zwei Freundinnen zusammen. Die eine stürzt mit dem Rad und muss ins Krankenhaus. Bisher haben die anderen keinerlei Rechte, über ihren Zustand Auskunft zu erhalten. Solche Fragen seien „bislang auf die klassischen Familienbeziehungen zugeschnitten“, sagte Buschmann.

Das soll sich nun ändern. Die Verantwortungsgemeinschaft soll laut Koalitionsvertrag zwei oder mehr Volljährigen offenstehen, die „dauerhaft“ füreinander Verantwortung übernehmen wollen. Ein Ersatz für oder eine Gleichstellung mit der Ehe sei sie aber nicht, betonte Buschmann. So seien keinerlei steuerlichen Vorteile geplant.

Gudrun Lies-Benachib vom Deutschen Juristinnenbund erkennt an, dass die Ampel Verantwortung füreinander künftig auch abseits der klassischen Ehe ermöglichen möchte. Sie sieht aber auch Schwierigkeiten bei der Ausgestaltung einer Verantwortungsgemeinschaft. So könne etwa ein Standesbeamter nicht mal eben so überprüfen, ob die Beantragenden eigentlich eine Liebesbeziehung hätten oder nicht. Damit könnte das Konstrukt auch von Menschen genutzt werden, die gar nicht Zielgruppe sind. Das sei gerade für Frauen in heterosexuellen Beziehungen problematisch.

Ampel hat gleich mehrere Vorhaben

„Die Verantwortungsgemeinschaft könnte zum Beispiel wegen der Auskunftsrechte für die vielen Paare, die gar nicht heiraten, als attraktive Alternative erscheinen“, so Lies-Benachib vom Deutschen Juristinnenbund. „Wenn sie dann aber auch eine traditionelle Arbeitsteilung leben, in der die Frau deutlich weniger verdient, und die Beziehung irgendwann auseinandergeht, stehen die Frauen ohne jeden Unterhaltsanspruch da.“ Diese Probleme müsse der Gesetzgeber im weiteren Verfahren im Blick haben.

Es ist eines von einer ganzen Reihe Vorhaben der Ampel aus dem Bereich Familienpolitik. Schon für das vergangene Jahr hatte der Justizminister eigentlich die sogenannte Co-Mutterschaft versprochen: Lesbische Mütter sollten nicht länger ihre eigenen Kinder adoptieren müssen. „Die Arbeiten an dem Gesetzgebungsvorhaben sind weit vorangeschritten“, so ein Sprecher des Ministeriums.

Bislang werden hetero- und homosexuelle Ehepaare ungleich behandelt, wenn es um Elternschaft geht: Ein Mann gilt automatisch als Vater eines Kindes, das seine Ehefrau zur Welt bringt – ganz unabhängig davon, ob er auch der genetische Vater ist. Eine Frau aber muss das Kind ihrer Ehefrau erst in einem langwierigen Verfahren adoptieren, um als Mutter zu gelten. Niemand solle sich „als Elternteil zweiter Klasse fühlen“ müssen, hatte Buschmann im Sommer 2022 gesagt.

Im September vergangenen Jahres erhob die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) zusammen mit der Initiative Nodoption und einer betroffenen Familie Verfassungsbeschwerde. Auch mehrere Gerichte haben dem Bundesverfassungsgericht bereits entsprechende Fälle zur Prüfung vorgelegt.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • Prinzipiell gut. Allerdings muss ich mäkeln, dass das Zusammenleben von Mann und Frau nicht zwangsweise auf romantischer oder sexueller Liebe basiert oder basieren muss.

    • @Tuff:

      Warum muss man das bemäkeln? Das ist etwas von dem aber grundsätzlich ausgegangen wird und auf dieser Grundlage fußen ja aktuelle Gesetze.

  • Eike Änderung des Abstammungsrechts ist gut und richtig, geht nur leider in die falsche Richtung. Die automatische Vaterschaft des Ehemannes sollte ganz abgeschafft werden. Statt dessen sollte bei jedem Kind ein Vaterschaftstest gemacht werden. Dann stünde der biologische Vater stets fest.

    • @DiMa:

      Wie absurd ist das denn? Wieso sollen Eltern, die sich sicher sind, wer der Vater ist, einen Test machen müssen?

      • @Dr. McSchreck:

        Mein Bruder war sich über die Vaterschaft abolut sicher, bis er nach fünf Jahren vomn Gegenteil übezeugt worden ist.

        • @DiMa:

          Dann hat er ja einen Test gemacht. Soll er auch dürfen. Aber eine Pflicht?

          • @Dr. McSchreck:

            bedauerlicherweise hat die taz meine Antwort nicht veröffentlicht.

  • "Wenn sie dann aber auch eine traditionelle Arbeitsteilung leben, in der die Frau deutlich weniger verdient, und die Beziehung irgendwann auseinandergeht, stehen die Frauen ohne jeden Unterhaltsanspruch da.“ Diese Probleme müsse der Gesetzgeber im weiteren Verfahren im Blick haben"

    Erfreulich, dass die taz mal darauf hinweist, dass die Ehe keineswegs ein Instrument ist, Frauen in Gefangenschaft zu halten, sondern dass es Frauen schützt, die sich mehr um die Kinder kümmern als um die Karriere (was eben eine zulässige Option sein muss, solange es freiwillig in Absprache der Partner so gemacht wird). Übrigens gilt das auch umgekehrt, der weniger Verdiende wird nach der Trennung Schutz erhalten, den er bei einer bloßen Beziehung - die sich dann leider nach Jahren doch als nicht dauerhaft erweist - nicht erhält.

  • Good news!



    Da freue ich mich ernsthaft, in diesem Land zu leben, das derart fortschrittliche Entwicklungen vorantreibt.



    Es wäre in der Tat auch schön, wenn Lebensgemeinschaften ohne Ehe Rechte erhielten.

    • @Philippo1000:

      ....ernsthaft jetzt ? Welche Rechte haben denn Eheleute durch eine Ehe, wenn der Ehepartner z. B. ohne Bewusstsein im Krankenhsus liegt und es um Entscheidungen geht - wie um Lebensverlängernden Maßnahmen ? Oder wenn ein Ehepartner , ohne Vorsorgevollmachten, an Demenz leidet. Und auf Grund dessen Geschäftsunfähig wird ....machen Sie sich in der Richtung mal " schlau " ....da hilft Ihnen kein Trauschein...

    • @Philippo1000:

      "Es wäre in der Tat auch schön, wenn Lebensgemeinschaften ohne Ehe Rechte erhielten."

      ------------------

      Die gibts doch schon. Für den Staat darf der verdienende Part in einer Lebensgemeinschaft den nichtverdienenden Part finanziell vollumfänglich aushalten, das Anrecht auf Sozialleistungen entfällt automatisch ;)

  • Gut so!



    Trotzdem schade, dass die steuerlichen Vorteile nicht mit reformiert werden. Die Chance wäre aktuell da, absehbar wird das politisch nicht mehr durchsetzbar sein.

    Trotz allem ein kleiner "Seitenhieb": skandalös ist doch vor allem, dass Ehemänner automatisch als Väter behandelt werden. Unterm Strich ist halt die Frage, ob die Elternschaft als genetisch oder als fürsorgend definiert wird. Da aber die Unterhaltsgesetzgebung sich auf die genetische Komponente bezieht, ist es doch begründet, nicht automatisch die Vaterschaft/ 2. Mutterschaft an das Eheverhältnis zu knüpfen.



    Andersrum gedacht: (wenn auch vielleicht eher selten..) ein lesbisches Ehepaar, in dem bei der (nur von der Schwangeren gewünschten) Schwangerschaft automatisch die Ehefrau als Mutter gewertet wird, obwohl sie vielleicht gar kein Kind wollte, hat doch das gleiche Problem, wie heterosexuelle Ehepartner.

    Von daher fände ich es am sinnigsten, wenn ALLE eine entsprechende Erklärung zu Vater-/Mutterschaft abgeben müssten - vollkommen unabhängig von sexueller Orientierung.

    Oder wir machen gleich den ganz großen Wurf und lösen uns von der genetischen Elternschaft.??

    Hat alles seine Vor- und Nachteile - wie immer viel grau und wenig schwarzweiß

  • ....noch so ein Amateur - wie kommt Buschmann zu der Annahme bei volljährigen Familiemitgliedern gibt es Entscheidungen der Familienangehörigen zu berücksichtigen ? Hat Buschmann schon von Vorsorgevollmachten gehört ? Unglaublich wie hier mündige Bürger wieder verarscht werden sollen...



    Alles schon regelbar - also ein völlig unnötiges Amateur Geschwätz....auf Kosten von uns Steuerzahlern....ungegeuerlich !!!