Amerika-Gipfel in Los Angeles: Angestrengte Diplomatie

Heute beginnt in Los Angeles der neunte Amerika-Gipfel. Venezuela, Kuba und Nicaragua sind nicht eingeladen. Das gab Ärger.

An einem verglasten Kongresszentrum ist ein Banner mit der Aufschrift "9. Amerika-Gipfel" angebracht

US-Präsident Biden hat eingeladen, aber bis zuletzt ist unklar, wer wirklich nach Los Angeles reist Foto: Mike Blake/reuters

BUENOS AIRES taz | Wenn am Montag in Los Angeles der IX. Amerika-Gipfel beginnt, ist noch nicht klar, wer von den möglichen 35 Staats- und Re­gie­rungs­chef­s*in­nen beim Gruppenfoto vor den Kameras stehen wird. Die Präsidenten von Nicaragua, Kuba und Venezuela sind definitiv nicht dabei. Die gastgebende US-Regierung hatte ihnen keine Einladung geschickt und sich auf die Gipfel-Charta berufen. Nach der können nur „demokratisch gewählte Staatsoberhäupter“ eingeladen werden, und Daniel Ortega, Nicolás Maduro und Miguel Díaz-Canel würden nicht in diese Kategorie fallen.

So liefert die Gipfel-Charta dem US-Präsidenten Joe Biden die notwendige Rechtfertigung der Nichteinladung, innenpolitisch geht es ihm jedoch um etwas anderes. Mit den Halbzeitwahlen zum Kongress im November vor sich und mit Donald Trump im Nacken kann es sich Biden nicht leisten, die drei Staatschefs in Los Angeles flanieren zu lassen. Zumal er Maduro gar festnehmen lassen müsste. Für seine Ergreifung hatte die US-Regierung unter Trump eine Belohnung von 15 Millionen Dollar ausgesetzt.

Kaum war bekannt, dass die drei nicht auf der Gästeliste stehen, ging der Streit los. „Ich werde nur teilnehmen, wenn ausnahmslos alle Länder Amerikas eingeladen werden“, erklärte Honduras Präsidentin Xiomara Castro stellvertretend für viele. Mexikos und Argentiniens Präsidenten stellten ihre Teilnahme ebenso in Frage wie die von Bolivien und Guatemala. Brasiliens Präsident und Trumpanhänger Jair Bolsonaro gab sich aus anderen Gründen zögerlich.

Der Streit eskalierte derart, dass sogar über einen ‚Gegengipfel‘ der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC) in Los Angeles geredet wurde, an dem Ver­tre­te­r*in­nen aus Nicaragua, Kuba und Venezuela teilnehmen könnten und der von Argentiniens Präsidenten und derzeitigem CELAC-Vorsitzenden Alberto Fernández organisiert werden sollte. Um die Wogen zu glätten, schickte Biden schließlich den ehemaligen Senator Chris Dodd auf eine diplomatische Goodwill-Tour.

Die USA wollen den wachsenden Einfluss Chinas eindämmen

Mit dem Versprechen, Biden persönlich in Los Angeles zu treffen, überredete Dodd Brasiliens Präsidenten Bolsonaro zur Teilnahme. Den Preis, den Alberto Fernández bei Dodds Besuch in Buenos Aires aushandelte, gab Biden selbst bekannt, als er Fernández wenige Tage später anrief und ihn zu einem Staatsbesuch ins Weiße Haus im Juli einlud. Von den drei regionalen Schwergewichten blieb nur Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador bei seinem Nein.

Dass Biden so hartnäckig am Kommen der Eingeladenen werkelte, hat außenpolitische Gründe. Ein Gruppenfoto ohne die Granden aus der Region wäre ein herber Rückschlag für die Bemühungen der USA, den stetig wachsenden Einfluss Chinas in Amerika zurückzudrängen.

Der Amerika-Gipfel in Los Angeles folgt auf dem Demokratie-Gipfel, den Biden im vergangenen Dezember veranstalten ließ und bei dem die Verteidigung der Demokratie gegen den Autoritarismus propagiert wurde. Dass sich die Welt durch den Ukrainekrieg verändert hat, ändert wenig an der Sicht der USA auf ihren alten Hinterhof, die von geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen geprägt ist.

Das Beispiel Argentinien zeigt, warum einige der südlichen Nachbarn gegen eine US-Regierung aufbegehren können, zugleich aber in eine andere Abhängigkeit geraten. Im März vereinbarten Argentinien und China den Bau eines Atomkraftwerks. In Patagonien sollen darüber hinaus mit chinesischem Kapital zwei große Staudämme für Wasserkraftwerke gebaut werden. Diese zukünftigen Energieerzeuger sollen einmal den Strom für die chinesischen Unternehmen liefern, die die immer wichtiger werdenden Bodenschätze Kupfer und Lithium sowie das immense Potential an landwirtschaftlicher Nutzfläche ausbeuten wollen.

Zudem unterhält China in Patagonien eine abgeschirmte Basis zur Satellitenüberwachung – und nicht einmal die Regierung in Buenos Aires weiß, was dort alles überwacht wird.

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