Aktuelle Nachrichten zu Afghanistan: Taliban drohen mit „Konsequenzen“
Sollten die USA und ihre Verbündeten den Abzug verzögern, werde das Folgen haben. Unicef sieht eine Million afghanische Kinder vom Hungertod bedroht.
Unicef: Eine Million Kinder von Hungertod bedroht
Rund eine Millionen Kinder in Afghanistan leiden laut Unicef unter schwerer akuter Mangelernährung. Ohne Behandlung drohe den Mädchen und Jungen im Laufe des Jahres der Hungertod, warnte die Exekutivdirektorin des UN-Kinderhilfswerks, Henrietta Fore, am Montag in New York.
Unicef wolle seine Hilfsprogramme ausweiten, erklärte die Unicef-Chefin und forderte die Taliban auf, nach ihrer Machtübernahme den humanitären Helfern einen sicheren, schnellen und ungehinderten Zugang zu den Bedürftigen zu ermöglichen. Unicef werde sich weiter um die Kinder in Afghanistan kümmern.
Insgesamt seien zehn Millionen Kinder in Afghanistan auf humanitäre Hilfe angewiesen. Rund 4,2 Millionen Kinder hätten keinen Schulunterricht. Viele Heranwachsende irrten als Binnenflüchtlinge umher. Die Kleinen seien besonders stark von der Misere in Afghanistan betroffen, unabhängig von der politischen Entwicklung und der jeweiligen Regierung. (epd)
USA fliegen innerhalb eines Tages 10.000 Menschen aus
Bei der Evakuierungsmission in Afghanistan haben die USA erstmals innerhalb von 24 Stunden mehr als 10 000 Menschen aus Kabul ausgeflogen. Zwischen dem frühen Sonntagmorgen und dem frühen Montagmorgen hätten 28 Flugzeuge des US-Militärs rund 10 400 Menschen außer Landes gebracht, teilte das Weiße Haus am Montag in Washington mit. Im selben Zeitraum hätten außerdem 61 Maschinen internationaler Partner rund 5900 Menschen evakuiert. Seit dem Start der Evakuierungsmission Mitte August hätten die Vereinigten Staaten insgesamt rund 37 000 Menschen entweder selbst aus Afghanistan ausgeflogen oder deren Ausreise ermöglicht.
Das US-Militär kontrolliert den Flughafen der afghanischen Hauptstadt und hat dort mehrere Tausend Soldaten stationiert, die den internationalen Evakuierungseinsatz absichern. Nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban in Afghanistan hatten die USA und ihre Verbündeten begonnen, in großer Eile so viele ihrer Staatsbürger sowie afghanische Ortskräfte wie möglich außer Landes zu bringen. (dpa)
Taliban drohen bei verspätetem Abzug mit „Konsequenzen“
Die Taliban haben für den Fall eines verzögerten Abzugs der USA und ihrer Verbündeten aus Afghanistan mit „Konsequenzen“ gedroht. „Wenn die Vereinigten Staaten oder Großbritannien mehr Zeit verlangen, um die Evakuierungen fortzusetzen, ist die Antwort nein. Oder es wird Konsequenzen geben“, sagte der Taliban-Sprecher Suhail Shaheen am Montag dem britischen Fernsehsender Sky News. Das Datum 31. August sei „eine rote Linie“.
Die USA wollen ihre Truppen bis zum 31. August aus Afghanistan abziehen, angesichts der chaotischen Zustände am Flughafen Kabul gilt die Evakuierung aller Schutzbedürftigen bis dahin aber als unrealistisch. Vor allem Großbritannien dringt auf eine Verlängerung der Evakuierungen und damit auch des US-Truppeneinsatzes in Kabul.
US-Präsident Joe Biden hatte am Sonntag eine Verlängerung nicht ausgeschlossen. Er habe die „Hoffnung“, den Einsatz am Flughafen der afghanischen Hauptstadt nicht verlängern zu müssen, sagte Biden bei einer Ansprache im Weißen Haus. Sollten die Verbündeten aber darum bitten, „werden wir schauen, was wir tun können“. (afp)
Taliban: Pandschir-Frage soll politisch gelöst werden
Die militant-islamistischen Taliban in Afghanistan wollen die offene Machtfrage in der noch nicht von ihnen eroberten Provinz Pandschir durch Gespräche lösen. Pandschir im Nordosten Kabuls ist die einzige Provinz, die noch nicht von den Islamisten kontrolliert wird. Man bemühe sich, das Problem mit politischen Mitteln zu lösen, erklärten die Taliban am Montag auf Twitter. Gleichzeitig hieß es, Taliban-Kämpfer aus den Nachbarprovinzen Pandschirs – Badachschan, Tachar und dem Bezirk Andarab in Baghlan – hätten Positionen in der Nähe der Provinz bezogen.
Weiter hieß es, in den Bezirken Pul-i Hisar und Dih Salah in der Provinz Baghlan sei jegliche feindliche Präsenz beseitigt worden. In den vergangenen Tagen hatte es Berichte von Scharmützeln örtlicher Milizen mit Taliban in der Provinz Baghlan gegeben.
Am Samstag hatte der bisherige Vorsitzende des Rates für Nationale Versöhnung, Abdullah Abdullah, Gespräche über die Zukunft der Provinz Pandschir mit Vertretern aus der Provinz abgehalten. (dpa)
Deutsche Soldaten in Feuergefecht involviert
Bei einem Feuergefecht afghanischer Sicherheitskräfte sowie deutscher und US-amerikanischer Soldaten mit unbekannten Angreifern am Flughafen Kabul ist eine afghanische Sicherheitskraft getötet worden. Drei weitere wurden am Montagmorgen verletzt, wie die Bundeswehr auf Twitter mitteilte. Alle deutschen Soldaten seien unverletzt geblieben.
Nach Angaben der Bundeswehr kam es zu dem Schusswechsel gegen 04.15 Uhr (MESZ) am Nordtor des Airports. Von dem Flughafen starten die Evakuierungsflüge, mit denen westliche Staaten nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban eigene Bürger und afghanische Ortskräfte außer Landes bringen.
Die deutsche Botschaft hatte erst kurz zuvor gewarnt, dass es an den Zugängen immer noch sehr häufig zu gefährlichen Situationen und bewaffneten Auseinandersetzungen komme. Das Tor im Norden sei weiter geschlossen. Aufgrund der Sicherheitslage riet die Botschaft Bundesbürgern und afghanischen Ortskräften „dringend“ von Fahrten zum Flughafen ab. Es sei vorläufig grundsätzlich sicherer, zu Hause oder an einem geschützten Ort zu bleiben.
Die US-Regierung hatte erst am Sonntag Sorgen vor einem Anschlag der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) am Flughafen oder in der Umgebung geäußert. „Die Bedrohung ist real, sie ist akut, sie ist anhaltend“, sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, im Sender CNN. Man nehme die Warnungen „absolut todernst“. Die militant-islamistischen Taliban und der regional aktive Zweig des IS sind verfeindet und haben in der Vergangenheit gegeneinander gekämpft. (dpa)
Biden schließt Verlängerung des Einsatzes nicht aus
Die USA haben ihre Evakuierungsflüge aus Afghanistan nach Angaben von Präsident Joe Biden beschleunigt. Seit 14. August seien 28.000 Menschen ausgeflogen worden, 11.000 davon an diesem Wochenende, sagte Biden am Sonntag (Ortszeit). Am Flughafen Kabul warten jedoch Zehntausende weitere Menschen. Ihr Abflug verzögert sich durch Sicherheitsprüfungen und bürokratische Hürden.
Biden sagte, möglicherweise würden die Evakuierungsflüge über den 31. August hinaus verlängert, den er als Enddatum für den Abzug der US-Truppen genannt hat. „Wir hoffen, dass wir nicht verlängern müssen, aber es gibt Diskussionen“, sagte er. „Jeder Amerikaner, der nach Hause will, wird nach Hause kommen.“ (ap)
Bundeswehr fliegt weitere 213 Menschen aus
Die Bundeswehr hat inzwischen mehr als 2.700 Menschen aus Kabul ausgeflogen, darunter mehr als 1.800 Afghanen. In der Hauptstadt des Nachbarlandes Usbekistan, Taschkent, landete nach Angaben der Bundeswehr aus der Nacht ein Flugzeug mit 213 Passagieren. Vor einer Woche hatten die militant-islamistischen Taliban Kabul erobert und die Macht übernommen. Seitdem fürchten sich Oppositionelle, Journalisten, Menschenrechtler und auch Ortskräfte, die für westliche Staaten tätig waren, vor Racheaktionen. (dpa)
Kommunen fordern Kontingentlösung für Geflüchtete
In Deutschland fordern die Kommunen von der Bundesregierung, eine internationale Kontingentlösung für Geflüchtete aus Afghanistan vorzubereiten. Über die Ortskräfte und ihre Familien hinaus würden auch viele andere Afghanen ihr Heil in der Flucht suchen, sagte Gemeindebunds-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Rheinischen Post. Daher brauche es internationale Vereinbarungen für die Aufnahme. „Dabei muss sichergestellt werden, dass nicht gerade Deutschland, das schon sehr viele Flüchtlinge etwa aus Syrien aufgenommen hat, am Ende die Hauptlast trägt.“ (rtr)
Zivile Flugzeuge sollen Evakuierung unterstützen
Die USA verpflichteten inzwischen sechs US-Fluggesellschaften, insgesamt 18 Maschinen zur Verstärkung des Evakuierungseinsatzes bereitzustellen. Die zivilen Flugzeuge sollen dabei nicht in Kabul selbst landen, sondern beim Weitertransport von Geretteten von US-Luftstützpunkten in ihre Zielländer helfen. (afp)
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