Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: EU-Parlament für Patent-Aussetzung

Die Abgeordneten sprechen sich dafür aus, Patente für Corona-Impfstoffe auszusetzen. Die Menschen in Europa vertrauen ihren Regierungen seit der Pandemie weniger.

Leere Impfdosen der Firma Pfizer/BionTech

Leere Impfdosen der Firma Pfizer/BionTech Foto: Matthias Schrader/ap

Vertrauen in Regierungen eingebrochen

Das Vertrauen der EU-Bürger:innen in ihre jeweiligen Regierungen ist einer Studie zufolge während der Pandemie gesunken. Das trifft auf 26 der 27 Mitgliedsländer zu, wie die Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen Eurofound mitteilt. Lediglich in Dänemark genießt die Regierung unverändertes Vertrauen. Auch die EU-Gemeinschaft an sich hat nicht an Vertrauen eingebüßt.

Das Vertrauen in die EU ist der Umfrage zufolge größer als in die jeweilige Landesregierung. Das geben Bürger unter anderem aus Frankreich, Ungarn, Malta, Portugal, Rumänien und Spanien an. In Deutschland – dem größten Mitgliedsland – ist die Zustimmung dagegen gesunken. Eurofound hat knapp 140.000 EU-Bürger befragt. (rtr)

EU-Parlament für Aussetzung von Impfpatenten

Das Europaparlament hat sich für eine vorübergehende Aussetzung der Patente für Corona-Impfstoffe ausgesprochen. Die Abgeordneten forderten in einer am Donnerstag verabschiedeten Entschließung die EU auf, entsprechende Initiativen Indiens und Südafrikas bei der Welthandelsorganisation WTO zu unterstützen. Von Pharmaunternehmen wird darin gleichzeitig verlangt, „Wissen und Daten“ zur Impfstoffherstellung über die WTO zur Verfügung zu stellen.

Die Regierung von US-Präsident Joe Biden hatte Anfang Mai überraschend signalisiert, dass sie eine Aussetzung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe unterstützen will. EU-Ratspräsident Charles Michel hatte aber nach einem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs erklärt, die Europäer sähen in diesem Schritt „keine Wunderlösung“, der schnell mehr Impfstoff für ärmere Länder bringen werde.

Das Europaparlament wollte eigentlich erst im Juni seine Position zu der Frage festlegen. Durch einen Änderungsantrag der Linken-Fraktion wurde aber in eine Entschließung zum Kampf gegen Aids eine entsprechende Passage eingefügt. Er wurde knapp mit 293 gegen 284 angenommen. 119 Abgeordnete enthielten sich. Unterstützung kam dabei neben den Linken insbesondere von Sozialdemokraten und Grünen.

Die Linken-Fraktion begrüßte das Votum über ihren Antrag als „gute Nachricht“. Der einzige Weg aus der Pandemie führe über „ein Ende der Monopole“ und eine Aufhebung der Patente, damit Impfstoffe „für jeden überall zugänglich sind“.

Das Votum sei „eine klare Aufforderung an die EU-Kommission, endlich ihren Widerstand in der WTO aufzugeben“, erklärte die Grünen-Abgeordnete Anna Cavazzini. Die Freigabe der Patente könne „Leben retten und Mutationen des Virus verhindern“.

Das Argument, die Patentaufhebung könne künftige Impfstoffentwicklungen verhindern, wies Cavazzini zurück. „Durch öffentliche Gelder und den Verkauf von Vakzinen in den Industriestaaten schreiben Pharmaunternehmen weiter schwarze Zahlen mit dem Impfstoff.“ (afp)

Von der Leyen: EU ist Vorbild bei Impfkampagne

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hebt die EU als Vorbild in der weltweiten Corona-Impfstoffkampagne heraus. „Wir sind die einzige Region in der Welt, die es geschafft hat, sowohl die eigene Bevölkerung zu versorgen als auch fair mit anderen zu teilen“, sagte von der Leyen am Donnerstag. Bis Ende der Woche würden 260 Millionen Impfdosen in der EU ausgeliefert sein. Zudem seien aus der EU aber mehr als 220 Millionen Impfdosen in die Welt exportiert worden. Die EU sei damit weltgrößter Exporteur von Corona-Vakzinen – unter anderem in die USA.

„Bis Ende Juli wollen wir 70 Prozent aller Erwachsenen in Europa ein Impfangebot gemacht haben“, fügte die Kommissionspräsidentin hinzu. „Europa wird seine Impfziele erreichen, ohne sich abzuschotten“, sagte sie beim WDR-Europaforum. Andere Regionen der Welt sollten dem Beispiel folgen. (rtr)

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EU kauft weitere 1,8 Milliarden Dosen von Biontech

Die EU hat den geplanten Vertrag mit Biontech und Pfizer über die Lieferung von weiteren bis zu 1,8 Milliarden Impfdosen unter Dach und Fach gebracht. Dieser sei nun unterzeichnet worden, teilt die Europäische Kommission mit. Es ist der dritte Vertrag der EU mit den beiden Unternehmen, mit dem sich die Staatengemeinschaft die Lieferung weiterer Impfdosen zwischen Ende 2021 und 2023 sichert. Er sieht zunächst den Kauf von 900 Millionen Dosen vor mit der Option zum Erwerb weiterer 900 Millionen Einheiten.

Der Vertrag sieht vor, dass der Impfstoff in der EU hergestellt wird und auch entscheidende Bestandteile von dort kommen. Insgesamt haben Biontech und Pfizer der EU damit seit Beginn der Pandemie bislang bis zu 2,4 Milliarden Dosen zugesagt. (rtr)

Eine elektrische Pipette wird in eine kleine Ampulle eingeführt

Per PCR-Text lässt sich herausfinden, welche Coronamutante für eine Infektion verantwortlich ist Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Indische Coronavariante weiter selten in Deutschland

Der Anteil der als besorgniserregend eingestuften Coronavariante aus Indien an untersuchten Proben in Deutschland ist weiter relativ gering. Das Robert Koch-Institut (RKI) beziffert ihn in einem Bericht vom Mittwochabend für die Woche vom 3. bis 9. Mai auf zwei Prozent. In der Woche zuvor lag er bei 1,5 Prozent. Unterdessen legte der Anteil der Südafrika-Variante B.1.351 laut Bericht nach längerer unauffälliger Entwicklung von einem auf drei Prozent zu. Die Dominanz der in Großbritannien entdeckten Variante B.1.1.7 schwächte sich etwas ab – von mehr als 90 auf nun 87 Prozent.

Der Anteil der indischen Variante sei geringer als in Großbritannien, wo sie aktuell in etwa sechs Prozent der untersuchten Proben gefunden werde, schreibt das RKI. Befürchtet wird, dass sie ansteckender sein könnte als bisherige Varianten. Auch könnte sie die Wirksamkeit der Impfung schwächen. Was man beobachte, sei „eine leichte Einschränkung, aber kein vollständiges Versagen der Impfungen“, sagte die Virologin Sandra Ciesek kürzlich im NDR. Ex­per­t:in­nen betonten in den vergangenen Wochen, es gebe anhand der bisherigen Datenlage noch eine Reihe von Unsicherheiten. (dpa)

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Lambrecht gegen Impfpflicht an Kitas und Schulen

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat sich dagegen ausgesprochen, für Schulen und Kitas analog zur Impfpflicht gegen Masern eine gesetzliche Impfpflicht gegen das Coronavirus einzuführen. „Wir setzen darauf, dass sich ausreichend Kinder und Jugendliche freiwillig impfen lassen, sobald dies möglich ist“, sagte sie dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“(Donnerstag). Sie gehe davon aus, dass dies noch im Sommer der Fall sein werde.

Die Corona-Infektion sei mit den Masern nicht vergleichbar, betonte Lambrecht. Im Gegensatz zu Corona sei bei Masern das Risiko schwerer Komplikationen und Langzeitfolgen bei kleinen Kindern besonders hoch, zudem seien die Masern extrem ansteckend. Für Masern gilt seit dem vergangenen Jahr eine Impfpflicht für Kinder.

In der Debatte um die Aufhebung von Coronabeschränkungen wies Lambrecht Kritik des Deutschen Ethikrates zurück, wonach die Lockerung von Auflagen für Geimpfte und Genesene zu einer Benachteiligung aller Ungeimpften führe. „Die Grundrechte sind Individualrechte. Sie stehen jeder einzelnen Bürgerin und jedem einzelnen Bürger zu“, betonte die Justizministerin.

Wenn von Geimpften und Genesenen keine Gefahr ausgehe, dürfe man in ihre Grundrechte nicht mehr eingreifen: „Die Frage ist dann nicht, ob alle geimpft oder genesen sind, damit die Einschränkungen auch gerecht verteilt sind. Nein, es geht individuell um das Grundrecht des Einzelnen.“ (epd

Etwa 12.000 Neuinfektionen in Deutschland

Das Robert-Koch-Institut meldet 12.298 Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Das sind gut 5.100 weniger als am Donnerstag vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz fiel dem RKI zufolge weiter auf 68,0 von 73 am Vortag. Vor einer Woche lag der Wert bei 103,6. Er gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Ein­woh­ne­r:in­nen sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben.

237 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit stieg die Zahl der Todesfälle in Zusammenhang mit dem Virus binnen 24 Stunden auf 86.902. Seit Ausbruch des Virus wurden mehr als 3,62 Millionen Menschen positiv getestet. (rtr)

Weiter viele Neuinfektionen in Indien

Indien meldet 276.110 Neuinfektionen. Damit bleibt die Zahl in etwa stabil, nachdem sie am Montag erstmals seit dem 21. April wieder unter die Schwelle von 300.000 gefallen war. Zwischenzeitlich wurden in der zweiten Welle in Indien sogar täglich mehr als 400.000 Neuinfektionen registriert.

Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus erhöhte sich binnen 24 Stunden um 3874 auf mehr als 287.000, wie das Gesundheitsministerium mitteilt. Erst am Vortag war mit 4529 Toten ein Höchstwert verzeichnet worden. Mit mehr als 25,7 Millionen bestätigten Ansteckungen weist das südasiatische Land nach den USA weltweit die meisten Infektionen auf. Ex­per­t:in­nen befürchten aber eine hohe Dunkelziffer. (rtr)

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