Agentenserie „The Day of the Jackal“: Rückkehr des Schakals
„The Day of the Jackal“ traut sich, ein klassischer Agenten-Thriller zu sein. Die Serie ist spannend, geschickt konstruiert und grandios besetzt.
Auftragskiller*in soll hochrangige Politgrößen westlicher Weltmächte ermorden: Ein erschreckendes, aber weniger überraschendes Szenario aus heutiger Sicht. Doch vor 50 Jahren hatte diese Erzählung noch das Zeug dazu, trotz realer Bezüge als fiktiver Thriller durchzugehen.
So geschehen jedenfalls in dem Roman „Der Schakal“ von Frederick Forsyth, der 1971 nach seiner Veröffentlichung schnell zum Klassiker des Genres wurde. Damals war es der französische Präsident Charles de Gaulle, auf den der titelgebende Auftragskiller angesetzt wurde. Bereits zwei Jahre später erfolgte die Verfilmung durch den Regisseur Fred Zinnemann.
Auch er hielt für das Katz-und-Maus-Spiel zwischen dem Schakal und dem ihm hinterherlaufenden Ermittler an diesem Plot fest. Ein 90er-Jahre-Remake mit Bruce Willis und Richard Gere verlegte das Ganze in die USA und machte die First Lady zum Ziel des Attentats.
Doch bei der Neuadaption „The Day of the Jackal“, die ab dem 7. November bei den Streamingplattformen Sky und Wow zu sehen ist, liegt die Sache nun ein wenig anders. Weil die angedachte Tötung von Staatenlenker*innen im Jahr 2024 zu erwartbar (oder zu Entertainmentzwecken zu heikel?) ist, wird der Schakal (Eddie Redmayne) hier engagiert, um einen milliardenschweren Techunternehmer vor sein Scharfschützengewehr zu bekommen.
Hartnäckige Gegenspielerin
Denn das Ziel des Attentats, Ulle Dag Charles (Khalid Abdalla, bekannt als Dodi Fayed in „The Crown“), plant, ein Programm auf den Markt zu bringen, das die weltweiten Finanzströme transparent machen und fragwürdige Geschäfte erschweren soll.
Dass das nicht wenigen Big Playern schwer aufstößt, versteht sich von selbst. Dass sich dieser Auftrag für den fehlerlos arbeitenden Killer schwieriger gestaltet als gewohnt, liegt allerdings nicht nur daran, dass Charles von seinem Securityteam besonders gut abgeschirmt ist, sondern auch daran, dass nach dem Mord an einem rechtskonservativen deutschen Spitzenpolitiker (Gastauftritt Burghart Klaußner) die ehrgeizige britische MI6-Agentin Bianca (Lashana Lynch) hartnäckig seine Spur aufnimmt.
Damit setzt sie sich gegen den Widerstand ihrer Vorgesetzten durch. Und dass der Schakal nebenbei auch noch ein Familienleben in Spanien inklusive Kleinkind und zusehends misstrauischer Ehefrau (hervorragend: Úrsula Corberó) führt, erschwert seinen Job zusätzlich.
Es ist ein Segen, dass die zehnteilige Serie von Ronan Bennett dabei nicht in die Falle tappt, mehr sein zu wollen als ein klassischer Agent*innen-Thriller, und das trotz eines Szenarios, das kontroverse Wirtschaftsgrößen genauso umfasst wie weltweit angespannte politische Beziehungen.
Spannung ohne Klischees
„The Day of the Jackal“ schafft es, frei von ideologischem Ballast und ganz ohne futuristisch angehauchten Hightech-Schnickschnack à la „Citadel“, sich ganz auf die Qualitäten des Genres zu konzentrieren. Damit lässt die Serie vergleichbare Produktionen der jüngsten Zeit weit hinter sich.
Rasante Verfolgungsjagden, paneuropäische Kulissen, mutmaßlich undichte Stellen innerhalb des Geheimdiensts – vieles, was hier aufgefahren wird, kommt einem bekannt vor. Der an James-Bond-Nummern erinnernde Titelsong der britischen Soulsängerin Celeste tut sein Übriges.
Doch so effektiv, geschickt konstruiert und spannend wurde lange nicht mehr aus der Spionage- und Auftragsmörder*innenwelt erzählt, auch wenn die Serie sich in der zweiten Hälfte ein paar unnötige Schlenker erlaubt. Zu weiten Teilen liegt das an Schauspieler Eddie Redmayne, der als eiskalter, aber nie psychopathischer Antiheld in seiner Wortkargheit faszinierend expressiv ist.
Aber fast noch interessanter ist seine von Lashana Lynch grandios gespielte Widersacherin, eine physisch wie psychologisch so komplexe und wahrhaftige Frauenfigur, wie sie nicht nur in Actiongefilden eine bedauerliche Ausnahme ist.
„The Day of the Jackal“ auf Sky und Wow
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen