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Affäre des VerteidigungsministeriumsBerater beraten Berater

Zeugen in Untersuchungsausschüssen dürfen Sitzungen nicht verfolgen. In der Berateraffäre schickt ein Unternehmen deshalb einen Beobachter vor.

Untersuchungsausschuss im Bundestag. Zeugen dürfen hier nicht als Zuschauer teilnehmen Foto: imago-images /Christian Ditsch

Berlin taz | Seit mehr als zwei Monaten versucht ein Untersuchungsausschuss im Bundestag, die Berateraffäre des Verteidigungsministeriums aufzuklären. Ein Gast sitzt nach Recherchen von taz und Stern regelmäßig auf der Besuchertribüne: Der Politikberater Michael Donnermeyer beobachtet im Auftrag der IT-Beraterfirma Accenture kontinuierlich die Sitzungen.

Das ist brisant, weil Accenture im Mittelpunkt der bisherigen Aufklärungsbemühungen des Ausschusses steht – und der Accenture-Manager Timo Noetzel am 27. Juni als Zeuge vor den Untersuchungsausschuss geladen ist. Er könnte von Donnermeyer Informationen über den Sitzungsverlauf erhalten.

Der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner sieht das kritisch. „Es hat eine besondere Qualität, wenn Zeugen Beobachter für den Ausschuss engagieren und darauf dann eine Strategie für die Befragung aufbauen“, sagte er der taz. „Eine derartige Vorbereitung unterstreicht, dass es in diesem Ausschuss um einiges geht. Die Projekte und Vorgänge, mit denen wir uns befassen, sind keine Lappalien gewesen.“

Der um Neutralität bemühte Vorsitzende des Untersuchungsausschusses Wolfgang Hellmich (SPD) erklärt dagegen, dass er keine rechtlichen Probleme bei der Beobachtung des Geschehens durch Herrn Donnermeyer im Auftrag von Accenture sieht. Auch Dennis Rohde (SPD) sieht dies im Grunde so. „Jedoch hält es uns nicht davon ab umso härtere Fragen zu stellen, die noch keine Rolle im Ausschuss spielten“, so der Sozialdemokrat. Donnermeyer selbst wollte sich auf Anfrage nicht äußern.

Zeuge schnell ausgeschlossen

Gleich in einer der ersten Sitzungen des Ausschusses war ein anderer Berater von den Sitzungsbesuchen ausgeschlossen worden, da er persönlich als Zeuge benannt ist. Um die Wahrhaftigkeit der Aussagen nicht zu trüben, ist es verboten, dass Zeugen vor ihrer Vernehmung am Ausschuss teilnehmen. Dies gilt jedoch nicht für Unternehmen, die Gegenstand von Untersuchungen sind – auch nicht, wenn hochrangige Mitarbeiter geladen sind.

Accenture spielt bei den Untersuchungen eine zentrale Rolle, weil der Manager Noetzel über einen längeren Zeitraum persönliche Beziehungen in die Führung der Bundeswehr unterhielt. Der damaligen Staatssekretärin Katrin Suder war offenbar daran gelegen, Accenture Aufträge in Millionenhöhe zukommen zu lassen.

So genannte Kennverhältnisse zwischen Beratern und der Führung im Verteidigungsministerium sind ein wichtiger Untersuchungsgegenstand. Die Abgeordneten interessiert besonders, ob es bei der Vergabe von Berateraufträgen eine Rolle spielte, dass sich einige Berater und die Staatssekretärin bereits von vorherigen beruflichen Stationen kannten. Auch das Verhältnis zwischen dem Manager Timo Noetzel und einem General soll geprüft werden, um etwaige unzulässige Vergaben aufzuklären.

Auch Michael Donnermeyer, der den Ausschuss jetzt im Auftrag von Accenture beobachtet, kennt Timo Noetzel schon länger. Beide arbeiteten 2013 im Wahlkampfteam von SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück. Donnermeyer ist heute Mitglied im “Senior Team“ der Strategieberatungsfirma Concilius, welche ihren Hauptsitz in München hat und mit persönlichen Vertrauensverhältnissen zu politischen Entscheidungsträgern wirbt.

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6 Kommentare

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  • Das zeigt doch offensichtlich, daß die CDU den Staat nur noch als Beute begreift. Rezo hat offensichtlich ins Schwarze getroffen, jedenfalls ist die CDU meilenweit von Seriosität, Bürgerlichkeit und der sog 'Mitte' entfernt

    • @Unvernunft:

      Taz-Zitat: „(…) Die Abgeordneten interessiert besonders, ob es bei der Vergabe von Berateraufträgen eine Rolle spielte, dass sich einige Berater und die Staatssekretärin bereits von vorherigen beruflichen Stationen kannten. Auch das Verhältnis zwischen dem Manager Timo Noetzel und einem General soll geprüft werden, um etwaige unzulässige Vergaben aufzuklären. (...)“

      Wenn die Deutsche Bank oder Bayer/ Monsanto “Geld verbrennen“, dann ist mir das egal. Wenn Steuergelder verschwendet werden, dann sieht das anders aus; es ist das Geld der Allgemeinheit, welches hier in privaten Taschen verschwindet, ohne das (Stichwort: Beraterverträge) eine Leistung messbar ist.



      Fremdes Geld – und damit verbundener Mitteleinsatz (Nutznießer wird’s freuen) – lässt sich bekanntlich leichter ausgeben als das eigene. Während hier viele BürgerInnen empört aufschreien, werden einige wenige in diesem Zusammenhang sehr zufrieden sein; Menschen die sich wohlgesonnen sind und die zu den gutverdienenden gehören pflegen ihre Beziehungen auf Kosten der SteuerzahlerInnen.

  • Im Städtebau ist das auch so: Manche Strukturen passen vom Maßstab her einfach nicht zur menschlichen Natur.

    Vertrauen kann man nicht erzwingen. Man kann es auch nicht delegieren. Es bezieht sich nämlich auf Persönlichkeitsmerkmale, die nicht übertragbar sind. Deswegen ist es beispielsweise ein Problem, wenn die Linkspartei für die Europawahl mit einem Bild von Gregor Gysi wirbt, obwohl der gar nicht gewählt werden kann.

    Wer Gysi kennt, weiß gar nichts über Schirdewan oder Demirel. Und die Popularität einer Violeta Tomic oder eines Nico Cue hilft der Linkspartei in Deutschland auch nicht weiter. Die Konkurrenzkandidatur eines Yanis Varufakis allerdings schadet ihr. Im Gegensatz zu Schirdewan und Demirel ist Varufakis nämlich vielen Deutschen ein Begriff.

    Aber zurück zur Berater-Affäre der Bundeswehr: Wenn einer „mit persönlichen Vertrauensverhältnissen zu politischen Entscheidungsträgern wirbt“, darf man wohl davon ausgehen, dass er um Neutralität nicht sonderlich ringt. Wieso es also „keine rechtlichen Probleme“ geben soll, wenn Dieser-Welcher das Geschehen im Untersuchungsausschuss verfolgt, müsste mir Wolfgang Hellmich (SPD) also etwas ausführlicher erklären. Vor allem dann, wenn man mir gleichzeitig sagt: „Um die Wahrhaftigkeit der Aussagen nicht zu trüben, ist es verboten, dass Zeugen vor ihrer Vernehmung am Ausschuss teilnehmen.“

    Wenn es für die „Wahrhaftigkeit der Aussagen“ problematisch ist, wenn Zeugen selbst teilnehmen an einer Ausschusssitzung, wieso ist es dann nicht auch problematisch, wenn Zeugen teilnehmen lassen – von einer Person ihres Vertrauens?

    Hier geht es nicht um irgendwelche Hühnerdiebe. Hier geht es um die Bundeswehr. Die soll die Sicherheit von rund 80 Millionen Menschen gewährleisten. Und zwar nicht am Hindukusch, sondern vor Ort. Das sollte vielleicht bedenken, wer Michael Donnermeyer im Ausschuss toleriert, weil er angeblich das Vertrauen einzelner Politiker genießt. Diese Leute müssen ja nicht zwingend verantwortungsvoll handeln.

  • Auch dieses Beispiel belegt sehr deutlich, dass der Youtuber "Rezo" ganz sicher mit seiner Aussage die Gegebenheit richtig beschreibt, dass es der Resort-Leitung einfach an der notwendigen Fachkompetenz fehlt. Und im Falle des Bundesverteidigungsministerium scheint diese klaffende Unkenntnis so weit zu gehen, dass das beauftragende Ministerium nicht einmal so viel Sachkenntnis aufweist, um auch nur beurteilen zu können, ob ein Beraterergebnis wirklich hilfreich ist oder nicht.



    Auch wenn klar ist, dass Mutti die Bundesverteidigungsministerin bewusst auf diesen politischen Schleudersitz gesetzt hat, um freie Fahrt für AKK zu haben, so ist eine fachliche Bankrotterklärung des Bundesverteidigungsministeriums wohl nicht zu leugnen. Gigantische Beraterhonorare, Unwissenheit an aller Orten des Bundesverteidigungsministeriums und eine in desolatem Zustand seiende Bundeswehr.



    Sorry! Aber deutlicher kann man es ja wohl kaum noch demonstrieren, dass Sachkompetenz in unseren Ministerien DRINGEND NOT tun.



    😊

  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Außenstehende könnten auf die Idee kommen, das Bundesverteidigungsministerium seit eine Einrichtung irgendwie angesiedelt zwischen einem Dukatenesel und der Gans, die goldene Eier legt. Das gilt für beauftragte Beratungsunternehmen ebenso wie für Lieferanten. Wahrscheinlich geht es nur um „Peanuts“ - großes Geld ist da bestimmt nicht geflossen. Wie auch - die Truppe ist ja praktisch kaum einsatzfähig.

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