AfD marschiert durch Berlin-Kreuzberg: „Das ist Fake-Feminismus“

Am Samstag will die AfD in Kreuzberg für Frauenrechte auf die Straße gehen. Das ist heuchlerisch, findet Pazhareh Heidari – sie koordiniert die Gegendemo.

Women's March in Washington

Das ist richtiger Feminismus: Women's March im Januar in Washington Foto: dpa

taz: Frau Heidari, am Samstag will eine Politikerin der AfD mit einem sogenannten Frauenmarsch durch Kreuzberg ziehen. Sie sagen, das sei „fake-Feminismus“. Warum?

Pazhareh Heidari: Weil die AfD selbst höchst frauenfeindlich ist. Sie sitzt mit weniger als zehn Prozent Frauenanteil im Bundestag, vertritt ein sexistisches, christlich-fundamentalistisches Frauenbild, nach dem eine Frau ins Haus gehört, ist gegen die Homoehe und gegen sexuelle Selbstbestimmung. Jetzt heuchelt sie, dass sie für Frauen auf die Straße geht – aber eigentlich fährt sie eine rassistische, antimuslimische Kampagne.

Inwiefern?

Seit der Kölner Silvesternacht 2016 instrumentalisiert die AfD den Feminismus. Es geht ihr nicht um sexualisierte Gewalt oder überhaupt um Gewalt gegen Frauen – das wird ausschließlich dann thematisiert, wenn die Täter Geflüchtete oder Muslime sind. Im Demo-Aufruf werden Geflüchtete pauschal als sexistisch eingestuft. Auf der Face­book-Seite der Veranstaltung hat eine Frau gewagt zu sagen, dass Gewalt gegen Frauen generell ein Problem ist. Die wurde sofort zurechtgewiesen, dass das hier keine Rolle spiele.

Dabei ist die AfD formal gar nicht Veranstalterin der Demonstration.

Das stimmt, angemeldet hat die Demo Leyla Bilge, sie ist aber AfD-Mitglied. Und die Partei unterstützt sie natürlich bei der Mobilisierung. Vor allem der extrem rechte Flügel ruft dazu auf, im Magazin Compact stand etwas dazu, Lutz Bachmann von Pegida hat dazu getwittert.

Pazhareh Heidari, 34, ist aktiv bei Aufstehen gegen Rassismus Friedrichshain-Kreuzberg und Koordinatorin der Gegendemo „Nicht in unserem Namen – kein Feminismus ohne Antirassismus“

Wer ist Leyla Bilge?

Sie ist eine Kurdin, die selbst geflüchtet ist, aber ein rassistisches Weltbild vertritt. In ihren Reden und Videos spricht sie von Menschen, die vom schwarzafrikanischen Kontinent kämen und Krankheiten mitbrächten. Alle Muslime sollten aus Deutschland rausgeschmissen werden und unter die Debatte um Nazi-Verbrechen sollte endlich ein Schlussstrich gezogen werden.

Bilge hat sich ausgerechnet Kreuzberg ausgesucht – eine Provokation?

Ja. Hier leben viele MigrantInnen. Am Oranienplatz, wo Bilge ursprünglich ihre Auftaktkundgebung abhalten wollte, gab es 2012 die bisher größten Proteste von Geflüchteten in Deutschland, der Platz war monatelang besetzt. Aber Bilge hat jetzt wohl selbst gemerkt, dass der Oranienplatz im Herzen von Kreuzberg gefährlich für sie werden könnte. Jetzt soll es am Mehringplatz am Halleschen Tor losgehen.

Der „Frauenmarsch“ der AfD startet am Samstag (17. Februar) um 15 Uhr mit einer Auftaktkundgebung am Bahnhof Hallesches Tor in Kreuzberg und will bis vors Kanzleramt ziehen. Die Gegendemo „Nicht in unserem Namen – kein Feminismus ohne Antirassismus“ startet bereits um 14 Uhr am Mehringplatz am Halleschen Tor. Auf der Facebookseite von Aufstehen gegen Rassismus Berlin und der bundesweiten Seite von Aufstehen gegen Rassismus sind ständig aktualisierte Informationen über Treffpunkte und Routen zu finden.

Warum wollen Bilge & Co gerade jetzt laufen?

Feministische Kampagnen wie #metoo sind gerade sehr stark, der internationale Frauentag am 8. März steht vor der Tür. Im Bundestag ging es viel um Familiennachzug. Dagegen wendet sich die AfD, dafür hat sie den Namen „Frauenmarsch“ aus den USA geklaut, wo vor gut einem Jahr der erste „Womens’ March“ stattfand. Die Frauen, die dort auf die Straße gegangen sind, haben sich aber genau gegen die rassistische Politik von US-Präsident Donald Trump gewendet.

Mit wie vielen TeilnehmerInnen rechnen Sie?

Es kann schon sein, dass die AfD es schafft, zwei- bis dreitausend Menschen zu mobilisieren. Auf den entsprechenden Seiten organisieren sich gerade Gruppen, die gemeinsam anreisen wollen, Mitfahrgelegenheiten, Tickets und Übernachtungsplätze werden angeboten. Busse kommen aus Nordrhein-Westfalen und Thüringen. Wenn die AfD es schafft, zu laufen, wäre das natürlich ein Desaster – aber wir werden das verhindern.

„Es kann sein, dass die AfD es schafft, zwei- bis dreitausend Menschen zu mobilisieren“

Wie?

Wir bei Aufstehen gegen Rassismus haben den Aufruf zur Demo selbst erst im Januar entdeckt, aber es ist Wahnsinn, was seitdem passiert ist. Ich bin ganz glücklich darüber, dass es uns in so kurzer Zeit gelungen ist, mehr als 25 feministische, antifaschistische und migrantische Organisationen zusammenzubringen. Die Grünen sind dabei, die Linken, alle halten zusammen. Ich bin zuversichtlich, dass ebenfalls zwei- bis dreitausend Leute zu den Gegenprotesten kommen.

Was ist die Strategie?

Wir versuchen, die genaue Route der AfD herauszufinden und haben selbst mehrere Kundgebungen angemeldet, unter anderem am Mehringplatz. Wir werden deren Demo mit so vielen Menschen wie möglich einkesseln, die Straßen sperren und verhindern, dass sie laufen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.