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AfD in der Hamburgischen BürgerschaftAuf der Seuchenempore

André Zuschlag
Kommentar von André Zuschlag

Die AfD-Abgeordneten sitzen nun wegen strengerer Corona-Regeln in der Bürgerschaft abgesondert. Daraus ergibt sich im Rathaus eine bizarre Szenerie.

Wirkt wie ein autoritärer Studiendirektor zu Kaiserzeiten auf dem Katheder: Dirk Nockemann Foto: Christian Charisius/dpa

W ie ein autoritärer Studiendirektor aus Kaiserzeiten wütet der AfD-Abgeordnete Dirk Nockemann am Mittwochmittag, als stünde er auf dem Katheder und spreche mit den undisziplinierten Schülern zu seinen Füßen. Als am Mittag die Hamburgische Bürgerschaft zu ihrer Sitzung zusammenkam, herrschten erstmals strengere Coronaregeln.

Wer nicht geimpft, genesen oder negativ getestet ist, erhält künftig keinen Zutritt mehr zum Plenarsaal. Es ist kaum überraschend, dass das die gesammelte AfD-Fraktion betraf – und kaum erfreut darüber war. Doch ihre Absonderung im Großen Saal des Rathauses wirkte wegen der baulichen Gegebenheiten vollkommen bizarr.

Im Bundestag müssen impf- und testunwillige AfD-Abgeordnete schon seit dem vorigen Jahr abgesondert Platz nehmen. Oben, auf der kargen Besuchertribüne des Reichstags, wirken sie dann wie Zaungäste des Parlaments. Derselbe Umgang hat in der Bürgerschaft eine vollkommen andere Wirkung: Auf der sogenannten Orchesterempore nimmt nun der reine Herrenblock der AfD Platz.

Die Empore liegt auf der Längsseite des Großen Saals, Marmorsäulen tragen sie. Hinter ihnen an der Wand: ein großes Gemälde, das die prächtige Urlandschaft Hamburgs vor der Besiedelung zeigen soll. Acht Sitzplätze hat die Bürgerschaft für die Abzusondernden aufgestellt. Mittig, direkt am goldenen Geländer, steht ein Mikrofon, mit dem sie sich zu Wort melden können. Auch ein großer Fernseher wurde extra auf der Empore aufgestellt, damit die Herren per Videoübertragung die Red­ne­r:in­nen am Pult besser sehen können.

Die Entfernung hält sie nicht vom Pöbeln ab

Als Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit die Sitzung eröffnet, bleiben die Plätze an diesem herrschaftlich anmutenden Katzentisch zunächst leer. Sichtbar außer Atem strömen die fünf Herren der AfD mit einigen Minuten Verspätung zu ihren Logenplätzen. Dirk Nockemann nimmt gar nicht erst Platz und steht am Mikrofon, bis er zum ersten Tagesordnungspunkt das Wort erhält.

Unten sitzen, eng versammelt, die Abgeordneten der anderen Fraktionen. Die meisten Abgeordneten blicken bei Nockemanns Rede demonstrativ nicht hoch zu ihm. Manche jedoch schon: Die Absonderung der schwurbelnden AfD-Abgeordneten in Hamburg wirkt auch dadurch wie eine symbolische Erhöhung.

Im Bundestag wird die für die Abgeordneten reservierte Besuchertribüne mittlerweile abschätzig Seuchentribüne genannt. In Hamburg gibt es von nun an eine elitär wirkende Seuchenempore. Gewollt ist das sicher nicht. Doch die größere Entfernung von den anderen Abgeordneten hält die AfD-Männer nicht einmal davon ab, wie gewohnt lautstark pöbelnd den Red­ne­r:in­nen ins Wort zu fallen. Immerhin dürfte der Abstand diese nun besser vor Viren schützen.

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André Zuschlag
Redakteur taz nord
Jahrgang 1991, hat Politik und Geschichte in Göttingen, Bologna und Hamburg studiert. Von 2020 bis August 2022 Volontär der taz nord in Hamburg, seither dort Redakteur und Chef vom Dienst. Schreibt meist über Politik und Soziales in Hamburg und Norddeutschland.
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1 Kommentar

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  • Was haben Verfassungsfeinde überhaupt in einem Parlament zu suchen?



    Das Münchener Hofbräuhaus könnte sich für die Braune Meute anbieten!