AfD-Migliedschaft von Andreas Kalbitz: Highnoon in Stuttgart
Ab Samstagmittag tagt das Schiedsgericht der AfD. Es verhandelt, ob der rechtsextreme Brandenburger Landeschef die Partei verlassen muss.
Die AfD, das sieht man auch hier, ist tief gespalten. Am Samstag nun kommt das Bundesschiedsgericht der Partei zusammen, um über eine Frage zu verhandeln, die wichtig für diese Spaltung ist – auch weil das Bundesamt für Verfassungsschutz eine Überwachung der Gesamtpartei prüft: Wie viel Platz haben ausgewiesene Rechtsextremisten, wie es der 47-jährige Kalbitz nicht nur aus der Sicht des Verfassungsschutzes ist, in der AfD?
Doch das gilt nur im weiteren Sinne. Konkret geht es um eine Formalie: Hat die Entscheidung des Bundesvorstands, der im Mai mit knapper Mehrheit und sofortiger Wirkung die Mitgliedschaft von Kalbitz annulliert hat, Bestand? Er habe, so die Begründung, bei seinem Parteieintritt frühere Mitgliedschaften bei den Republikanern und in der „Heimattreuen deutschen Jugend“ (HDJ), einer inzwischen verbotenen Neonaziorganisation, verheimlicht. Kalbitz hat dagegen geklagt.
Vor dem Berliner Landgericht hat er bereits einen kleinen Sieg davongetragen, das Gericht hat seinen Antrag auf eine einstweilige Verfügung positiv beschieden. Einer der Gründe: Der Bundesvorstand sei gar nicht befugt, über einen Parteiausschluss zu entscheiden, dies sei Aufgabe eines Parteigerichts. Deshalb kann Kalbitz nun wieder Landes- und Fraktionschef in Brandenburg und Beisitzer im Bundesvorstand sein.
Für Meuthen steht viel auf dem Spiel
Die Mitgliedschaft gilt, bis das Bundesschiedsgericht in der Hauptsache eine Entscheidung fällt. Um dies zu verhandeln, kommen die ParteirichterInnen am Samstag um 12 Uhr zusammen. Und zwar nicht nur eine der Kammern, sondern wegen der Bedeutung des Falls alle drei, insgesamt neun RichterInnen. Meuthen, Kalbitz und ihre Anwälte werden gehört.
Sollte Kalbitz auch hier gewinnen, wird es für Meuthen eng. Zwar ist er bis Ende 2021 als Parteichef gewählt, eine Zweidrittelmehrheit zur Abwahl dürfte schwer zu organisieren sein. Aber Meuthen, ohnehin nicht nur auch wegen seiner Spendenaffäre umstritten, wäre entscheidend geschwächt, Kalbitz, Björn Höcke und Co. könnten sich in der AfD weiter breitmachen.
Hört man sich in der Partei um, überwiegt aber eine andere Prognose. Denn auch das Bundesschiedsgericht hatte sich bereits mit dem Fall Kalbitz beschäftigt und im Juni einen Eilantrag von ihm abgelehnt – weil „gewichtige Umstände“ dafür sprächen, dass die Annullierung der Mitgliedschaft wirksam erfolgt sein dürfte.
Unterliegt Kalbitz, wäre das nicht nur ein großer Erfolg für Meuthen, sondern eine derbe Niederlage für Kalbitz und seine „Flügel“-MitstreiterInnen – und auch für Meuthens Co-Parteichef Tino Chrupalla und Fraktionschefin Alice Weidel. Beide hatten nicht nur gegen den Antrag gestimmt, sondern auch danach massiv Front gegen Meuthen gemacht. Mit formalen Argumenten allerdings – inhaltlich zu Kalbitz’ Rechtsextremismus hatte sich keine der beiden Seiten positioniert.
„Selbstzerfleischung“ geht wohl weiter
Geschwächt wäre auch Alexander Gauland, der für den Zusammenhalt der Partei extrem wichtig ist. Der AfD-Ehrenvorsitzende und Co-Vorsitzende der Bundestagsfraktion hatte Kalbitz’ Aufstieg in der AfD erst möglich gemacht und dann stets seine Hand über ihn gehalten.
Ob das Bundesschiedsgericht schon am Samstag eine Entscheidung fällt, ist offen. Ohnehin wird es nicht das letzte Wort in dieser Sache sein. Kalbitz hat bereits angekündigt, bei einer Niederlage erneut vor ein ziviles Gericht zu ziehen. Und das könnte zu einer anderen Entscheidung kommen.
Denn fraglich ist, ob das von Meuthen und seinen MitstreiterInnen im Bundesvorstand gewählte Verfahren des Rausschmisses – also die Annullierung der Mitgliedschaft – überhaupt zulässig ist. Oder ob es nicht ein ordentliches Parteiausschlussverfahren braucht. Das aber kann, im Gegensatz zur Annullierung, nur mit einer Zweidrittelmehrheit auf den Weg gebracht werden. Im Mai gab es diese nicht.
Bis zu einer erneuten Gerichtsentscheidung dürfte es dauern. Die „Selbstzerfleischung“ der AfD, wie Co-Parteichef Chrupalla es nannte, wird also weitergehen.
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