Ärger über EU in Indien und Afrika: Bürokratie gegen Indiens Geimpfte
Der neue digitale Impfpass der EU erkennt AstraZeneca-Vakzine, die unter Lizenz etwa in Indien hergestellt worden sind, nicht an.
Produziert wird er vom weltgrößten Impfstoffproduzenten, dem Serum Institute of India (SII). Covishield ist mit dem in der EU anerkannten AstraZeneca-Impfstoff Vaxzevria identisch, doch jedes Lizenzprodukt braucht eine separate Anerkennung seitens der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA. Die Beschränkung gilt auch für weitere AstraZeneca-Lizenznehmer, beispielsweise in Südkorea, Thailand, Japan und Mexiko. Die EMA erkennt AstraZeneca-Produktionsstätten außerhalb der EU lediglich in den USA, Großbritannien und China an.
Wer mit einem AstraZeneca-Impfstoff aus einem anderen Land geimpft ist, wird nun also bei der Einreise in die EU behandelt wie Ungeimpfte. Die führende afrikanische Wochenzeitung The East African spricht in ihrer neuesten Ausgabe diese Woche von „Impf-Apartheid der EU“ und zitiert die führenden Covid-19-Beauftragten der Afrikanischen Union (AU) mit Empörung darüber, dass Europa zwar die Belieferung afrikanischer Länder mit dem Impfstoff aus Indien finanziert habe, dessen Verwendung dann aber nicht als gültige Impfung anerkenne.
In Indien ist die Enttäuschung groß. „Für mich macht das keinen Sinn“, sagt der indische Student Yuvraj Jain, der aufgrund der Pandemie sein erstes Studienjahr vor dem Computer verbracht hat. „Ich habe Covishield genommen, damit ich später in Europa keine Probleme haben werde“, erläutert der 19-Jährige, der sich auf seine baldige Reise vorbereitet.
Weder Deutschland noch EU orientieren sich an WHO
Zwar ist Covishield von der WHO anerkannt, doch daran orientiert sich die EU nicht. Aktuell haben zehn europäische Staaten, darunter Deutschland, Covishield zwar auf nationaler Ebene anerkannt, ebenso die Schweiz und Großbritannien. Nicht anerkannt ist Covishield unter anderem aber in Frankreich, Italien oder Portugal. Briten indischer Abstammung, die sich im Heimatland impfen ließen, gelten nun zwar in Großbritannien als geimpft, nicht aber bei der Reise in ein EU-Land.
Die deutsche Anerkennung von Covishield nützt aktuell wenig. Bereits Ende Juni bestätigte zwar der deutsche Botschafter in Indien, Walter Lindner, „dass eine Doppelimpfung mit Covishield von Deutschland vollständig als gültiger Nachweis der Anti-Covid-Impfung anerkannt wird“. Doch wer aus Indien einreist, muss derzeit zwei Wochen in Quarantäne, da es sich um ein Virusvariantengebiet handelt.
Indien hat längst um eine Anerkennung von Covishield und dem indischen Covaxin durch die EU gebeten und gewarnt, dass sonst auch das Impfzertifikat der EU in Indien nicht gelten könne. Der Hersteller SII gibt sich indes versöhnlich. „Die EMA hat absolut recht, wenn sie uns auffordert, einen Antrag zu stellen, was wir durch unseren Partner AstraZeneca vor einem Monat getan haben“, sagte SII-Geschäftsführer Adar Poonawalla. Er ist zuversichtlich, dass Covishield in einem Monat freigegeben wird.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz
Macron sortiert seine Truppen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau