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Ärger mit dem Wohnungskonzern VonoviaIn Kiel brennt die Hütte

In Kiel fehlt Wohnraum und es gibt Ärger mit dem Vermieter Vonovia. Die Stadt greift nun mit einer eigenen Wohnungsgesellschaft in den Markt ein.

Soll künftig auch wieder von Stadt veranlasst werden: Wohnungsbau in Kiel Foto: dpa

Neumünster taz | In Kiel ist ein Kampf ums Wohnen entbrannt – ganz wörtlich: Unbekannte warfen einen Brandsatz in ein Büro der Wohnungsgesellschaft Vonovia, wenige Wochen zuvor besetzte eine Gruppe von Aktivist*innen ein Haus, das Vonovia leerstehen lässt. Die Stadt will mit einer eigenen Wohnungsgesellschaft auf dem Mietmarkt eingreifen. Reicht das aus?

Das Thema Wohnen sei nun auch in Kiel „hochbrisant“, sagt Ann Sophie Mainitz, Geschäftsführerin des Mietervereins. Teilweise seien die Mieten in der Innenstadt ähnlich hoch wie in Hamburg und auch in mittleren Lagen zögen die Preise an. Ältere oder Alleinerziehende, die ihr Viertel nicht verlassen könnten, weil sie ihre nahen Ärzte oder Kita bräuchten, „sparen dann lieber beim Essen, als umzuziehen“, weiß Mainitz aus der täglichen Beratung.

Häufig ist es die Vonovia, die mit Mieterhöhungen für Druck sorgt. In anderen Vonovia-Wohnungen bleiben Sanierungen aus, sodass es zu Mängeln bis hin zu Schimmel kommt. Ein weiteres Ärgernis sind aus Mainitz’ Sicht intransparente Nebenkostenabrechnungen. „Wenn wir dagegen vorgehen, kann es Monate oder sogar ein Jahr dauern, bis wir vom Unternehmen Auskünfte erhalten.“

Mainitz gibt zu, dass sie nicht objektiv ist: „Wir sehen ja nur die Fälle, in denen Leute sich ungerecht behandelt fühlen.“ Aber davon gibt es eine ganze Menge. Hinzu kommt: Viele der Wohnungen, die sich heute im Bestand der Vonovia befinden, waren ursprünglich städtisch. 1999 verkaufte der Stadtrat die Kieler Wohnungsbaugesellschaft KWG mit 11.000 Wohnungen für 250 Millionen DM. Kiel setzte ein Zeichen im Land, viele Kommunen folgten: „Wir hatten landesweit mal 220.000 kommunale Wohnungen, sind jetzt nur noch 46.600“, sagt Mainitz. Und Jahr für Jahr fallen weitere Objekt aus der Preisbindung.

Druck durch Mieterhöhung

Mit dem Verkauf wollte die Stadt Schulden tilgen. Die Käuferin, die Hamburger WCM Beteiligungs- und Grundbesitz AG, wurde verpflichtet, soziale Projekte fortzusetzen und Mieten nur mäßig zu erhöhen. Doch die Realität sah anders aus: Die Häuser wurden mehrfach weiterverkauft und fielen schließlich an die Vonovia, die heute mit rund 15.000 Wohnungen einer der größten Player in Kiel ist. Bundesweit besitzt die Bochumer Firma 350.000 Objekte, mehr als doppelt so viele wie die Deutsche Wohnen. Im vergangenen Jahr machte Vonovia über eine Milliarde Euro Gewinn.

Dieser Gewinn fällt nicht vom Himmel, davon sind die Aktivist*innen überzeugt, die im Januar 2020 eine leerstehende Vonovia-Villa besetzten: „Der Konzern beutet seine Mieter*innen aus, indem er die Wohnungen auf ihre Kosten modernisiert. Gleichzeitig tut Vonovia nichts bei Problemen wie Schimmel und Wassereinbrüchen“, heißt es in einer Mitteilung.

Die Firma reagiert auf eine taz-Anfrage zu diesen Vorwürfen mit einem allgemein gehaltenen Statement: „Wir bei Vonovia stehen für Dialog und verstehen uns als verantwortungsvollen Vermieter“, teilt die Pressesprecherin mit. Für ein „langfristiges und bezahlbares Zuhause investieren wir langfristig in unseren Bestand“. Zum Vorwurf der intransparenten Kosten heißt es nur, die Preise seien „marktüblich“, die Abrechnungen hätten „hohe Qualität“. Aber ja, angesichts von jährlich rund fünf Millionen Rechnungsvorgängen „passieren natürlich da auch Fehler“. Die besetzte Villa stehe zum Verkauf, es sei nicht im Interesse der Vonovia, Gebäude leerstehen zu lassen.

Der damalige Verkauf der KWG war ein „Riesenfehler“, sagt Kerstin Graupner, Sprecherin der Stadt. Das Wohnungsthema bestimmte den Wahlkampf 2019, in dem erneut Ulf Kämpfer (SPD) zum Bürgermeister gewählt wurde. Im Herbst beschloss der Stadtrat mit großer Mehrheit, wieder eine Wohnungsgesellschaft zu gründen: Die Kieler Wohnungsgesellschaft mbH & Co. KG“ (KiWoG).

„Sozialer Wohnungsbau ist keine Nostalgie, sondern Schlüssel zur Zukunft“, heißt es stolz auf der Homepage der Stadt. Doch die KiWoG beginnt bescheiden. Laut Homepage ist ein Bestand von 1.000 Wohnungen geplant. Das sei nur ein Anfang, betont Graupner, sie nennt 4.000 Wohnungen als das nächste Ziel, davon soll ein Drittel zum Sozial­tarif vermietet werden. „Wir kaufen, wo es geht, oder bauen selbst.“ Der Vorteil von Kiel: „Es gibt hier so viele Baulücken, die man schön füllen kann.“

Den Aktivist*innen reicht das nicht: „Solange keine Lösung für das Kieler Wohnraumproblem gefunden wird, ist kein leerstehendes Haus vor uns sicher“, teilt die Gruppe nach Ende der einwöchigen Besetzung an.

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