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Ägyptens Präsident besucht TrumpDer Kumpel der Tyrannen

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Im Dienste des „War on Terror“ umwirbt Trump ganz offen Autokraten des Nahen und Mittleren Ostens. Eine Strategie ist das nicht.

Diese Finger gehören zum Ägypter al-Sisi. Trump gibt aber auch anderen Autokraten die Hand Foto: dpa

N ach den Regeln aus dem späten 18. Jahrhundert, die den Ablauf von Präsidentschaftswahlen in den USA bestimmen, ist Donald Trump korrekt ins Weiße Haus gewählt worden. Aber seine Sympathie und Bewunderung gilt nicht anderen korrekt gewählten RegierungschefInnen. Neben Theresa May aus Großbritannien, Justin Trudeau aus Kanada und Angela Merkel wirkt er wie ein Flegel, der sich nicht für Außenpolitik interessiert und vor allem zu hoffen scheint, dass die Begegnung schnell vorübergehen möge. Hingegen blüht er in der Gesellschaft von Tyrannen auf. Neben ihnen lächelt er, verteilt Komplimente und spricht von Zusammenarbeit.

Das jüngste Beispiel für diese autoritäre Präferenz ist die Begegnung mit Abdel Fatah al-Sisi am Montag im Weißen Haus. Der Mann, der 2013 den Putsch gegen die erste demokratisch gewählte Regierung in Kairo angeführt hat und seither Tausende Oppositionelle in die ägyptischen Gefängnisse werfen ließ, war im letzten November der erste ausländische Staatschef, der Trump zum Wahlsieg gratulierte. Am Montag saß er neben ihm vor einem Kamin im Weißen Haus und strahlte, während Trump ihn für seine „phantastische Arbeit“ lobte.

Für Sisi war es das erste Mal im Weißen Haus. Für Trump war es eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen er wie ein Präsident wirken konnte. Wenige Tage zuvor hatte Trump an derselben Stelle ein ähnliches Lächeln für einen Kronprinzen aus Saudi-Arabien, Verteidigungsminister Mohammed bin Salman, gezeigt. Am Mittwoch dieser Woche will er dort den König von Jordanien, Abdullah II., empfangen.

Unter Barack Obama war der Umgang mit den meisten Autokraten aus dem Nahen und Mittleren Osten anders. Zwar bekam Ägypten auch unter Obama weiterhin das – direkt nach Israel – mit 1,3 Milliarden Dollar pro Jahr zweitgrößte militärische Hilfspaket aus den USA, doch Obama lud den Chef der Putschisten nicht zu sich ein. Auch mit Saudi-Arabien arbeitete Obama – unter anderem beim Krieg im Jemen – eng zusammen. Doch gelegentlich brachte er auch die Abwesenheit grundsätzlicher demokratischer Rechte zur Sprache.

Demonstrative Freundlichkeit

Bei Trump sind die Skrupel und Bedingungen gefallen, die Fensterreden über Menschenrechte fehlen ganz. Seine Regierung umwirbt sämtliche sunnitische Länder der Region. Sie hat Saudi-Arabien größere Waffenlieferungen in Aussicht gestellt. Sie will dem Regime in Bahrain, das 2011 seine Demokratiebewegung militärisch unterdrückt hat, weitere Kriegsflugzeuge liefern. Und sie versucht, dem türkischen Präsidenten Recep Erdoğan, der seine Vollmachten per Referendum ausweiten will, näher zu rücken.

Trumps Argument für die demonstrative Freundlichkeit gegenüber den Autokraten ist der Kampf gegen den Terrorismus – insbesondere gegen den IS. In einer Region, die zahlreiche andere Probleme hat, ist der Antiterrorismus ein bescheidener gemeinsamer Nenner. Doch selbst diese reduzierte Zusammenarbeit hat enge Grenzen, die sich auch an widerstrebenden Interessen in Syrien zeigen: Saudi-Arabien will dort vor allem den Sturz von Assad, die Türkei möchte, dass Washington dort (und im Irak) seine privilegierte Beziehung zu kurdischen Kräften aufgibt. Und Ägypten produziert durch politische Repression und wirtschaftliche Not im eigenen Land ständig neuen Nachschub an Dschihadisten.

Die autoritäre Präferenz produziert Bilder, die Trump mit einem gewissen, längst überfälligen außenpolitischen Interesse zeigen. Aber eine politische Strategie für eine der kompliziertesten Regionen des Planeten ergibt sie nicht.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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6 Kommentare

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  • Diktatur und Gewalt gegen Opposition ist die Konsequenz des Isolationismus. denn die westliche Welt verweigert den Kämpfen für Demokratie und Menschenrechten vor Ort komplett die Unterstützung.

  • Ob die Autorin wohl vergessen hat, dass auch unsere "geschätze" Bundeskanzlerin zuletzt in Ägypten verweilte? Aber sie hat das wahrscheinlich gänzlich "unflegelhaft" über die Bühne gebracht.

    Gar nicht zu erwähnen die Kooperation mit Erdogan etc... http://www.spiegel.de/politik/ausland/angela-merkel-sagt-aegypten-enge-zusammenarbeit-bei-fluechtlingsthema-zu-a-1137123.html

    Jaja, wenn das alles mal so einfach wäre, wir gut, alle anderen böse...

  • Es ist (leider) NICHT sein Auftreten "in der Gesellschaft von Tyrannen", das Trump von anderen Staatschefs unterscheidet. Sie lächeln alle und sprechen von Zusammenarbeit, wenn sie Despoten besuchen, zum Beispiel in der Flüchtlingsfrage oder der Wirtschaft. Ob sie auch "Komplimente" machen, weiß ich nicht. Darüber schweigen sich die Medien fein aus. Ich kenne nur die Bilder und die Kommentare.

     

    Was Trump tatsächlich unterscheidet von anderen Regierungscheffinnen und -chefs ist, dass er keinerlei gesteigerten Respekt erkennen lässt seinen AmtskollegInnen gegenüber. Mit Rücksicht auf seine Wähler, die etwas gegen "das Establishment" zu haben glauben, gibt er das Schwarze Schaf der Sippe. Das scheint gewisse Journalisten sehr zu stören. Die möchten wohl gerne unterschieden wissen zwischen denen, über die sie – womöglich ebenfalls aus Gründen – überwiegend positiv berichten möchten und denen, über die sie – aus wieder anderen – den Stab zu brechen wünschen.

     

    "Bei Trump sind die Skrupel [...] gefallen, die Fensterreden über Menschenrechte fehlen ganz", da stimme ich Dorothea Hahn zu. Genau das hat ihn ins Weiße Haus gebracht. Seine Wähler bilden sich ein, dass sie keinen Bock mehr drauf haben belogen zu werden. Lieber wollen sie von einem ehrlichen Arschloch regiert werden, als von einer Gruppe bigotter Moralisten.

     

    Ja, "die autoritäre Präferenz produziert Bilder" die weh tun. Weil sie zeigen, was tatsächlich ist: Der gewählte Kaiser des wichtigsten westlichen Staates ist moralisch und strategisch nackt. Er lässt lediglich das versprochene America first erkennen. Dass May, Hollande, Merkel und Trudeau (alle mit 2-4 Vornamen bedacht) auch keine Vernunft walten lassen, das Fehlen derselben aber immerhin hinter guten Manieren verberge, würde Dorothea Hahn offenbar gern würdigen.

     

    Bescheidenheit ist eine Zier, nicht wahr? Und "Wir gegen die!" ist das lukrativste Prinzip der Weltgeschichte.

  • Was Trump anscheinend nicht begreift, ist wie gefährlich die Unterstützung dieser jetzigen „ Verbündeten“ wird, wenn sie zu künftigen Gegnern für alle geworden sind!

     

    Durch militärische Unterstützung stärkt Trump zwar deren Kampfkraft gegen den IS, aber anscheinend vergisst er, dass die gelieferten Waffen nicht einfach aufhören zu funktionieren, wenn der Kampf gegen den IS nicht mehr auf militärische Weise zu führen ist!

    Jeder Einzelne dieser Herrscher verfolgt als aller erstes seinen Machterhalt.

     

    Diese Despoten werden genau diese Waffen später dann gegen die ihnen so verhassten Westler einsetzen, um die Ungläubigen in ihre Schranken zu verweisen, die sie ja so exzellent ausgerüstet haben!

     

    Um ihre Macht zu erhalten, werden sie sich früher oder später so verhalten, wie es Erdogan jetzt bereits macht. Er sucht Schuldige für sein politisches Versagen, um sich seinen Bürgern gegenüber wieder besser dar zustellen.

    Auch Erdogan hat schon die Europäer bedroht, in dem er versprach, dass sich die Europäer bald nicht mehr Frei in der Welt bewegen könnten, ohne Angst haben zu müssen getötet zu werden.

    Nun Erdogan ist noch einer der gemäßigten Autokraten und fängt gerade erst mit diesen Sprüchen an, wogegen die Anderen bereits viel mehr Übung haben solche Taten auch umsetzen zu lassen.

     

    Trump sorgt nun mit dem Ansatz der Verständigung der sunnitischen Völker zu einem Verbund mit ungeheurer Kraft in der Region zu werden!

     

    Wer wird später in der Lage sein diese Herrscher davon abzuhalten ihr sunnitisches Reich weiter gen Westen auszudehnen!!!

  • Das der nahe Osten, ist wie er ist, liegt ursächlich darin, dass die US-Europäischen Mächte die Selbstbestimmung dieser Bevölkerungen aus unterschiedlichen Gründen nicht wollen.

    Einen deutlichen Beleg hierfür liefert Ägypten, heute mit Al Sisi. Als der „arabische Frühling“ die ägyptische Bevölkerung den Militärdiktator Mubarak durch eine freie und demokratische Wahl durch den Präsidenten Mohammed Mursi ersetzte, stellten die US-Europäischen Staaten schnell fest, der neue Präsident Mursi tanzt nicht nach deren Pfeife, er ist auch nicht ein großes Freund Israels. Statt ihn zumindest neutral zu behandeln, ist im Hintergrund der Sturz von Mursi geplant worden. Durch einen Putsch, ist Al Sisi – von der neuen Militärjunta in Ägypten an die Macht gekommen.

    So könnte man von Intervention aus Eigentresse der US-Europäischen Mächte seitenweise aufzählen.

  • Beeindruckend

     

    Das Urteil von Vize-Kanzler Sigmar Gabriel im Namen der Bundesregierung über den ägyptischen Diktator Sisi: „Ich finde, Sie haben einen beeindruckenden Präsidenten.“ (Pressekonferenz in der ägyptischen Hauptstadt Kairo am 24. April 2016)