piwik no script img

Abschiebegewahrsam am BERAm linken Minister vorbeigeschoben

Bei der Planung des Abschiebezentrums am Flughafen BER agiert Brandenburgs Innenministerium intransparent. Das legt eine Medienrecherche nahe.

Auf Linke hat man im Brandenburger Innenministerium scheinbar keinen Bock Foto: dpa | Christophe Gateau

Berlin taz | Brandenburgs Innenministerium hat vermutlich den Auftrag für das geplante Abschiebezentrum am Flughafen BER an den Investor Jürgen B. Harder vergeben, um das Projekt am damaligen linken Finanzminister Christian Görke vorbeizuschleusen. Das legen Recherchen des rbb, des ARD-Magazins „Kontraste“ und der Plattform „FragDenStaat“ nahe. Görke hatte sich während seiner Amtszeit gegen die Realisierung des Projekts ausgesprochen.

Schon länger bekannt ist, dass die Landesregierung auf dem BER ein sogenanntes Behördenzentrum plant, in das alle in Abschiebungen involvierten Institutionen einziehen sollen. Soziale Initiativen kritisieren insbesondere den geplanten Ausreisegewahrsam, da dieser noch größer als der bereits bestehende Gewahrsam im stillgelegten Flughafen Schönefeld werden soll. Auch in der Regierung ist das Projekt umstritten, da die in Brandenburg mit CDU und SPD regierenden Grünen Abschiebeknäste eigentlich ablehnen.

Die Recherchen dürften diesen Konflikt erneut anheizen. Denn aus internen Dokumenten des Bundesinnenministeriums geht hervor, dass der damalige Brandenburger Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) die Investorlösung bevorzugte, da „der Finanzminister von der Linken gestellt wird“. Da die Kosten für ein von einem Investor durchgeführtes Projekt erst zum Zeitpunkt der Mietzahlungen fällig werden, kann der Finanzminister so zunächst umgangen werden. Die Brandenburger Linken hatten schon länger die Intransparenz des Vorhabens kritisiert. Das Brandenburger Innenministerium dementierte die Vorwürfe gegenüber dem rbb.

Hotspot für Abschiebungen geplant

Bisher hatte der derzeitige Innenminister Michael Stübgen (CDU) stets bekräftigt, dass das Land ja selbst bauen wollte, der Investor Harder aber die nötigen Grundstücke besäße. Wie die Recherchen nun ergaben, besaß Harder zu Beginn des Vorhabens nur einen Bruchteil des Areals. Erst nachdem sich Harder im September 2019 die Kaufoption für weitere, an das Projekt anliegende Grundstücke gesichert hatte, verlagerte das Ministerium das Bauvorhaben dorthin um. Ob Harder von diesen Plänen im Vorfeld wusste, ist nicht gesichert bekannt.

Der Flüchtlingsrat kritisierte in Reaktion auf die Veröffentlichung, dass das Innenministerium Schönefeld „gegen alle Widerstände“ zu einem „Hotspot für Abschiebungen“ machen wolle. Statt Abschiebeknäste zu bauen, solle lieber „Geld in Teilhabe investiert“ werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!