Abschiebezentrum am BER geplant: Kritik an Brandenburgs Regierung

Der Innenausschuss in Potsdam beschäftigt sich mit einem umstrittenen Bauprojekt. Vor dem Landtag wird gegen Abschiebungen demonstriert.

Vor dem Landtag in Potsdam demonstrieren Aktivist:innen gegen ein Abschiebezentrum am Flughafen BER, sie zeigen ein Banner.

Demonstranten vor dem Brandenburger Landtag am Mittwoch Foto: IMAGO/Martin Müller

POTSDAM taz | Gut 35 Menschen stehen am Mittwochvormittag vor dem Brandenburger Landtag in Potsdam. „Abschiebezentrum am Flughafen BER verhindern“ prangt in mehreren Sprachen auf einem großen schwarzen Banner. „Wir protestieren gegen eine skandalöse Politik“, sagt ­Bijan, der eine Ecke des Transparents hält. Dahinter haben sich weitere De­mons­tran­t:in­nen ­versammelt.

Ihr Protest richtet sich gegen die Pläne der rot-schwarz-grünen Landesregierung, am Flughafen BER ein Abschiebezentrum zu errichten. „Ich glaube, die meisten Leute, die hier vorbeifahren, wissen nicht, was geplant ist“, erklärt eine andere Demonstrantin.

Tatsächlich schauen viele Rad­fah­re­r:in­nen interessiert auf das Banner, Pas­san­t:in­nen bleiben stehen. Dass sie an einem Mittwochvor­mittag vor dem Landtag stehen, hat einen Grund: Drinnen tagt der Innenausschuss des Parlaments. Und in der Sitzung soll es auch um das geplante Abschiebezentrum gehen.

Die Pläne der Landesregierung stehen in der Kritik, weil das Land Brandenburg den Auftrag ohne Ausschreibung an einen Investor vergeben hat, anstatt selbst zu bauen. Recherchen des ARD-Magazins „Kontraste“, des RBB und der Plattform „Frag-den-Staat“ ­legen zudem nahe, dass das damals SPD-geführte Innenministerium so den damaligen ­Finanzminister Christian Görke (Linke) umgehen wollte, um keinen politischen Gegenwind zu haben.

Kritik an hohen Gewinnen für privaten Investor

„Diese Geschichte stinkt von vorn bis hinten“, sagt Andrea Johlige (Linke) in der Innenausschusssitzung. Sie kritisiert die fehlende Ausschreibung und dass der Investor Jürgen Harder mit der Vermietung der Räumlichkeiten an Land und Bund später enorme Gewinne einfahren werde.

Erste Pläne für ein ähnliches Zentrum stammten noch von der Vorgängerregierung. Der aktuelle Innenminister ­Michael Stübgen (CDU) erklärt, das Land habe das „Behördenzentrum“, wie die Landesregierung das Projekt bezeichnet, nicht selbst bauen können – wegen Personal- und Kapazitätsproblemen. Und auch an Investor Harder habe kein Weg vorbeigeführt: „Als wir 2020 mit der Planung angefangen haben, haben die einzigen zur Verfügung stehenden Grundstücke ihm gehört“, auf andere hatte er das Vorkaufsrecht.

In dem Behördenzentrum sollen auch Flughafenverfahren durchgeführt werden. Deshalb sei die Nähe zum Flughafen wichtig. Während dieser Verfahren müssen Asyl­suchende im Transitbereich bleiben.

Das Land will außerdem den ehemaligen Abschiebegewahrsam auf dem ehemaligen Flughafen Schönefeld „als Teil des zukünftigen Behördenzentrums“ weiter nutzen, sagt ­Andreas Keinath, zuständiger Abteilungsleiter im Brandenburger Innenministerium. Auch deshalb seien Harders Grundstücke alternativlos, denn sie grenzen an das alte Gebäude.

Abschiebegewahrsam, aber keine Abschiebehaft

Dass das geplante Zentrum in der Zukunft auch für Abschiebehaft genutzt werden könnte, schließt Keinath hingegen aus. Erstens habe das der Koalitionsvertrag ausgeschlossen. Wegen unterschiedlicher baulicher Anforderungen sei es außerdem nur für Abschiebegewahrsam geeignet. Ausreisepflichtige könnten dort für maximal zehn Tage festgehalten werden, Abschiebehaft dagegen kann bis zu eineinhalb Jahren dauern.

Für die Ak­ti­vis­t:in­nen macht diese Zusage jedoch keinen Unterschied. Sie lehnen ein Abschiebezentrum am Flughafen BER generell ab. Ein Demonstrant formuliert es so: „Die grundlegende Sache muss sein: Bleiberecht für alle!“

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