Absage von Daniel Cohn-Bendit an Macron: Regierung? Non, merci!
Daniel Cohn-Bendit hätte der neue Umweltminister Frankreichs werden können. Jetzt erteilte er dem Präsidenten eine Absage. Warum?
Nicht dass die Vorstellung für den früheren EU-Abgeordneten der Grünen nicht attraktiv gewesen wäre. Aber letztlich, so sagte es Cohn-Bendit im französischen Originaltext, wäre das nur eine „fausse bonne idée“ gewesen, auf Deutsch eine „bloß scheinbar gute Idee“. Das heißt wohl aus der Politikersprache übersetzt: Zwar fühlte sich der 73-Jährige durchaus gebauchpinselt, zweifellos auch kompetent sowie hinreichend mit allen politischen Wassern gewaschen für diese Aufgabe.
Doch als Cohn-Bendit alle Vor- und Nachteile abwog und vor allem an die Zwänge eines in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkten Ministers dachte, verzichtete er lieber.
„Wenn du Minister bist, verlierst du deine eigene Persönlichkeit, du hast nicht mehr deine Freiheit, willst du das?“, habe ihm Staatspräsident Emmanuel Macron am Sonntagabend bei einem Tête-à-tête sehr offen gesagt. Wahrscheinlich wusste er da bereits, was Cohn-Bendit antworten würde. Im Radio sagte der einstige Studentenführer und grüne Altstar später, Macron und er hätten die Entscheidung im gegenseitigen Einverständnis getroffen. Statt den Ministerposten zu akzeptieren, wolle er weiterhin den französischen Staatschef beraten, wie er dies bisher schon getan habe.
Emmanuel Macron
Damit platzte ein Medienhype, der Frankreich bereits das ganze Wochenende in Atem gehalten hatte. Wer allerdings tatsächlich neuer Umweltminister wird, blieb damit vorerst noch offen. Hulot hatte vor einer Woche, frustriert von seiner Erfahrung als Minister und Nummer drei der Regierung, seinen Rücktritt angekündigt.
In den Medien war der Politiker und Publizist Cohn-Bendit als Kandidat für den verwaisten Ministerposten gut angekommen. Bereits wenige Stunden nach Hulots Abgang zirkulierte sein Name. Wer, wenn nicht „Dany le Rouge“ wäre prominent genug und als Ikone der politischen Umweltbewegung in der Lage, den Platz des populären Hulot einzunehmen, ohne als bloßer Ersatzmann dazustehen?
Persönliche Revanche
Cohn-Bendit ist zwar erst seit drei Jahren Franzose, aber er hatte Macron schon bei seiner Präsidentschaftskandidatur unterstützt. Zudem schätzt ihn der Präsident als Freund und Berater. Als Ex-68er, der vor fünfzig Jahren an der Universität Nanterre die Studentenrevolte des Mai 1968 angezettelt hat, kann er in Frankreich auch mit seinen heute eher liberalen Ideen noch als „Linker“ durchgehen. Und Macron hat einen dringenden Bedarf, seine Politik den von ihm enttäuschten LinkswählerInnen zu verkaufen.
Für andere, vor allem konservative Kreise, bleibt Cohn-Bendit unvermittelbar. Er hätte mit heftigsten Attacken inklusive verleumderischen Tiefschlägen rechnen müssen. Und darauf hatte er bestimmt nicht die geringste Lust. Außerdem besitzt Cohn-Bendit angeblich nicht mal eine Krawatte.
Verlockend war die Chance zu einer Art persönlicher Revanche indes bestimmt: Der einst als Rebell und deutscher Jude ausgewiesene Dany an der Spitze der Staatsführung mit weitgehenden Kompetenzen in der Umweltpolitik, bei den erneuerbaren Energien oder der Ernährung.
Er wusste aber nur zu gut, wie es anderen Umweltpolitikern vor ihm ergangen war: Hulot ist die letzte mehrerer Alibifiguren in Frankreich, die lieber in der Regierung versuchen wollten, ein paar Schritte zu erzielen, als bloß von außen zu kritisieren, dann aber gezwungen waren, eine Regierungspolitik zu tragen, die sie unverantwortlich fanden.
Für diese undankbare Rolle hat Cohn-Bendit nun selber Vorschläge eingereicht: der gegenwärtige WWF-Direktor Pascal Canfin oder die Leiterin der europäischen Klimastiftung, Laurence Toubiana. Die Nominierung wird für diesen Dienstag oder Mittwoch erwartet.
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