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Abrüstung von AtomwaffenNato wirft Russland klaren Bruch vor

Einer der maßgeblichen Abrüstungsverträge aus der Zeit des Kalten Krieges steht vor dem Aus. Muss sich die Welt auf ein neues atomares Wettrüsten einstellen?

Kein Wind of change mehr? Die atomare Abrüstung der 1980er könnte bald passé sein Foto: dpa

Brüssel dpa | Die Nato-Staaten haben Russland erstmals geschlossen vorgeworfen, mit neuen Marschflugkörpern gegen den INF-Abrüstungsvertrag über atomare Mittelstreckenwaffen zu verstoßen. Man rufe Russland auf, sofort und nachweisbar wieder volle Vertragstreue herzustellen, teilte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstagabend nach Beratungen der Außenminister in Brüssel mit.

Mit der Erklärung soll Russland eine letzte Gelegenheit erhalten, die von der Nato vermutete Missachtung der Regeln des Vertrags zu beenden. Wenn es dies nicht tut, könnte auf Bündnisebene zum Beispiel ein Ausbau der Raketenabwehr in Europa beschlossen werden. Sollte Russland nicht einlenken, hätte dies auch zur Folge, dass die USA den INF-Vertrag mit politischer Rückendeckung der anderen Alliierten kündigen könnten.

Das geplante Vorgehen gilt als Kompromiss unter den Nato-Partnern. US-Präsident Donald Trump hatte eigentlich bereits im Oktober angekündigt, den INF-Abrüstungsvertrag wegen neuer russischer Marschflugkörper vom Typ 9M729 aufkündigen zu wollen. Nato-Partner wie Deutschland befürchten allerdings, dass dies ein fatales Signal wäre und ein neues Wettrüsten auslösen könnte. Sie wollen deswegen alle Möglichkeiten nutzen, um das Abkommen doch noch zu retten.

„Wir denken, dass es klug ist, weiter zu versuchen, den Vertrag zu erhalten und Russland zur Vernunft zu bringen“, sagte der niederländische Außenminister Stef Blok.

Ziel der USA könnte ein neuer multilateraler Vertrag sein

Der INF-Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme (Intermediate Range Nuclear Forces) wurde 1987 zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion geschlossen. Er verpflichtet beide Seiten zur Abschaffung aller landgestützten ballistischen Raketen und Marschflugkörper mit Reichweiten zwischen 500 und 5.500 Kilometern. Zugleich untersagt er auch die Produktion und Tests solcher Systeme.

Die USA werfen Russland seit längerem vor, mit der Entwicklung eines Marschflugkörpers mit dem Namen 9M729 gegen den Vertrag zu verstoßen. Russland dementiert das und hat im Gegenzug auch den USA schon mehrfach einen Vertragsbruch vorgeworfen. Ein Einlenken Moskaus gilt deswegen als sehr unwahrscheinlich.

In europäischen Militärkreisen wird allerdings vermutet, dass auch die USA kein großes Interesse an einem Erhalt des Vertrags haben. Er verpflichtet nämlich nur Russland und sie selbst zum Verzicht auf die atomaren Mittelstreckenwaffen. Andere aufstrebende Militärmächte wie China können sie weiter entwickeln. Ziel der USA könnte es deswegen sein, das INF-Abkommen durch einen neuen multilateralen Vertrag zu ersetzen. Alternativ könnten sie zur Abschreckung von Gegnern selbst neue landgestützte Mittelstreckensysteme bauen.

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5 Kommentare

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  • Schwer vorstellbar, dass die Russen ein Waffensystem haben welches die USA nicht haben.

    Die USA sind jedem anderen Staat militärisch um ein Vielfaches überlegen und können praktisch jederzeit jeden Punkt der Erde ferngelenkt pulverisieren.

    Das Gleichgewicht des Schreckens gibt es wegen der us-Überlegenheit schon lange nicht mehr. Der Agressor ist deswegen relativ eindeutig die nato.

  • Zitat: „Muss sich die Welt auf ein neues atomares Wettrüsten einstellen?“

    Die Frage ist vermutlich falsch gestellt. Man hätte fragen müssen: „DARF sich die Welt auf ein neues atomares Wettrüsten einstellen?", nicht "Muss sie...?"“

    Für viel zu viele Leute ist der Kalte Krieg Teil ihrer guten alten Zeit. Einer Zeit, die sie gerne zurück hätten, weil ihre Welt damals noch schwer in Ordnung war. Sie haben damals auf der “richtige“ Seite gestanden, sie sind privilegiert gewesen und die gefühlte Unsicherheit war überschaubarer für alle, die den Oberen und ihrer militärisch-ökonomischen Potenz vertraut haben. Man hatte viel weniger Verantwortung damals, man konnte einfach besser jung und dumm sein als in 2018.

    Ich nehme an, „die Nato“ (who the fuck…?) wird nicht eher Ruhe geben, als bis Putin ihr diesen Gefallen tut. Besonders lange kann das ja nicht dauern. Der Mann ist überzeugt von sich. Ein Gorbatschow will er nicht sein, sondern ein wirklich „starker Mann“. Und wenn zwei sich so unbedingt wollen wie die Kalten Krieger der einstigen (und einiger Möchtegern-)Supermächte, dann werden sie sich sicherlich auch kriegen. Immerhin muss man ja dieses Mal nicht trauern um die vielen unsinnigen Opfer, die es gekostet hat, da hin zu kommen, wo wir heute (immer noch) sind. Die letzte Revolution, schließlich, war eine (weitgehend) friedliche. Vermutlich ist sie deswegen schon fast vergessen.

    • @mowgli:

      Den kalten Krieg kann sich nur jemand zurück wünschen, der vergessen hat, wie viel Glück die Menschheit hatte, ihn zu überleben.

  • " Man rufe Russland auf, sofort und nachweisbar wieder volle Vertragstreue herzustellen, teilte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstagabend nach Beratungen der Außenminister in Brüssel mit."

    Wie wäre es, wenn die NATO erst mal die Beweise für den Vertragsbruch vorlegt? Behaupten kann man viel.

    Aber weil die USA aus dem Vertrag raus wollen, muss man natürlich solche Kleinigkeiten übersehen. Was zählen schon Zukunft und Sicherheit der Europäer?

  • Hier wird ein wichtiger Punkt nicht genannt.

    Die Nato weiß nicht genau, ob die 9M729 wirklich die 2.600 km Reichweite hat, die die Amerikaner benennen.

    Die USA beschuldigen die Russen schon seit 2014, den INF zu verletzen.

    www.state.gov/t/av...pt/2014/230047.htm

    Die Amerikaner teilen aber wohl ihre Erkenntnisse nicht mit den Europäern. Schön konnte man das in der Nato Erklärung vom 15.12.17 sehen.

    "The United States is in compliance with its obligations under the INF Treaty and committed to strictly implementing it. Allies have identified a Russian missile system that raises serious concerns; NATO urges Russia to address these concerns in a substantial and transparent way, and actively engage in a technical dialogue with the United States."

    Nicht die Nato hat dieses Erkenntnisse, sondern nur ein Alliierter, nehmen wir mal weiter an, dass das nicht Litauen ist. Wird hier auch eindeutig gefordert, die Russen sollen mit den USA reden.

    Also besteht hier ein Vorwurf, den wir selbst nicht überprüfen können und über den Ausgang der Gespräche erfahren wir, was uns der große Bruder sagen möchte.

    Dafür halte ich die Formulierung, die wir da mittragen, für ziemlich forsch.