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Abi-Eklat in mehreren BundesländernBessere Noten in Mathe

In zwölf Bundesländern gab es Protestpetitionen, weil Schüler das Mathe-Abi zu schwer fanden. Einige Klausuren werden jetzt besser bewertet.

In Hamburg wird nach dem Protest die Bewertungsskala verschoben Foto: dpa

Die Mathe-Abiturienten in Hamburg, Bremen und dem Saarland können aufatmen. Ihre Klausuren werden etwas besser bewertet als geplant, wie diese Woche bekannt wurde. Der Grund: Nicht nur Schulleiter und Lehrer, auch das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) in Berlin erkannte an, dass ein Teil der zentral gestellten Aufgaben auf Grundkurs-Niveau zu textlastig und zu umfangreich für die zur Verfügung stehende Zeit waren.

Bundesweit hatte es Anfang Mai Protestpetitionen in zwölf Bundesländern gegeben, weil Schüler von Bayern bis Kiel die diesjährigen Mathe-Aufgaben zu schwierig fanden. In Hamburg wird jetzt die Bewertungsskala verschoben. Eine Schülerin, die zunächst 7 Punkte hatte, kommt so auf 9 Punkte. Auch im Saarland und Bremen gibt es eine leicht „mildere“ Bewertung.

Doch Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) erklärte, es gebe keine Noten-Korrektur. Die Aufgaben seien zwar anspruchsvoll, aber lösbar. Auch Schleswig-Holstein und Bayern sehen keinen Handlungsbedarf.

Der Flicken­teppich an Reaktionen erklärt sich schlicht daraus, dass jedes Land ein anderes Abi schrieb. Nur Hamburg nahm zu 100 Prozent Aufgaben aus dem zentralen Aufgabenpool und Bremen nahezu. Niedersachsen hingegen hatte zur Hälfte eigene Aufgaben gestellt; Schleswig-Holstein zu einem Drittel.

Ab 2021 soll die Entnahme der Pool-Aufgaben verbindlicher geregelt sein. Darauf hatten sich die Kultusministerkonferenz (KMK) 2018 verständigt. Das Abitur stand auch in dieser Woche auf der Tagesordnung der KMK. „Es haben sich alle 16 Bundesländer erneut zum gemeinsamen Aufgabenpool bekannt“, sagte der amtierende Vorsitzende Ralph Alexander Lorz (CDU) am Freitag.

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Das Ziel sei ein einheitlicher Standard für alle Länder. „Ab 2021 gilt: Wenn ein Land Aufgaben aus dem gemeinsamen Pool entnimmt, dürfen diese nicht mehr modifiziert werden.“ Ob ein Land aus dem Pool Aufgaben nimmt, soll freiwillig bleiben.

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3 Kommentare

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  • Wenn einer mit Abitur vor 49 Jahren die Aufgaben zwar mit dem Hilfsmittel einer Formelsammlung dafür aber leicht in der vorgegebenen Zeit lösen kann, dann war die Aufgabenstellung für die jungen Leute sicher angemessen. Moderne Medien begünstigen einen organisierten Protest. Und diesem haben sich auch mittlere und gute Schüler angeschlossen, denn eine bessere Note macht sich immer gut. Da wundert es nicht, dass Lehrkräfte an den Unis das miese Niveau der heutigen Studenten in Mathe beklage.

    Anmerkung: Ich war in Mathe bestimmt keine Leuchte und war auch beruflich nicht mit mehr als Abiwissen dieses Faches konfrontiert. Ich habe mir einfach aus Neugier, Spaß und Spieltrieb diese Aufgabe gestellt. Und bei einer Bewertung wäre mir sogar ohne den Bonus einer 'besseren Note wegen zu schwerer Aufgabenstellung' eine gute Note zugedacht worden.

    • @fvaderno:

      Zitat: „Wenn einer mit Abitur vor 49 Jahren die Aufgaben […] in der vorgegebenen Zeit lösen kann, dann war die Aufgabenstellung für die jungen Leute sicher angemessen.“

      Ganz schön arrogant, diese Auffassung! Womöglich waren ja auch nur die Lehrer besser früher. Gehören schließlich immer zwei zu einer Ausbildung: einer der lehrt und einer der lernt.

      Schüler von heute sind nicht dümmer als Schüler von früher. Sie werden nur permanent abgelenkt. Außerdem lernen sie Dinge, die ich (Abi 1983) vermutlich auch in 20 Jahren noch nicht gelernt haben werde. Schon deshalb nicht, weil ich nicht glaube, dass ich sie brauchen kann. Dafür wissen/können die Schüler von heute andere Dinge leider nicht. Dinge, die meiner Meinung nach wichtig wären oder doch jedenfalls nicht schaden könnten. Auch heute noch nicht.

      Im Übrigen halte ich von Willkür in der Pädagogik gar nichts. (Auch) Das Abitur sollte bundeseinheitlich sein. Schon weil Schüler selten ein Mitspracherecht haben bei der Wahl ihres Wohnortes. Mit dem Versuch, die Startbedingungen Jugendlicher in einer Konkurrenzgesellschaft zu minimieren, um selber als ganz harter Hund oder doch wenigstens als besonders anspruchsvoll durchzugehen, stellen sich Ministerpräsidenten, Kultusminister und Rektoren jedenfalls ein echtes Armutszeugnis aus.

      Leider sehen das viele Leute anders. Sie glauben (nicht ganz zu Unrecht), der "Marktwert" ihre Sprösslinge würde wachsen, wenn sie ein „Hammer-Abitur“ bestehen. Und wenn die Lehrer auf solch ein Abi nicht vorbereiten, dann kriegt das Kind halt jahrelang sündhaft teure Nachhilfe. Solch eine „Investitionen“ könnten sich ja schließlich irgendwann „rechnen“. Ganz angesehen von der Imagepflege, die man damit betreiben kann.

      Dass junge Leute auf die Art verdinglicht, ja entmenschlicht werden, scheint viele Eltern nicht zu stören. Sie würden auf das Invest-Prinzip sonst vielleicht sch…en. Nun ja, dafür ist wohl die Angst zu groß. Die Angst vor denen, meine ich, die sie schon seit der Schule kennen.

      • @mowgli:

        An der Schule meiner Nichte (in Essen/NRW) ist mehr als der halbe Kurs nun in der mündlichen Prüfung, weil die schriftlichen Noten nach unten abwichen. Was tun die Schüler? Sie akzeptieren es als das, was es ist. Sie waren eben nicht gut genug. Diese Fähigkeit, selbstkritisch die eigene Leistung einzuordnen, geht vielen heute gänzlich ab. Die Schuld bei anderen zu suchen, ist meist einfacher.