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Karliczek will einheitliche Abiprüfungen„Eine Frage der Gerechtigkeit“

Die Bundesbildungsministerin unterstützt Forderungen nach bundesweit einheitlichen Abiturprüfungen. Abschlüsse sollen so vergleichbarer werden.

Karliczek plädiert auch für einheitliche Regeln, welche Fächer ins Abitur eingebracht werden dürfen Foto: Jens Jeske

Berlin taz | Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hat sich am Wochenende für bundesweit einheitliche Abiturprüfungen ausgesprochen. „Die Vergleichbarkeit von Abschlüssen ist wichtig. Es ist auch eine Frage der Gerechtigkeit“, sagte Karliczek in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten.

Damit unterstützt Karliczek ihre Amtskollegin aus Baden-Württemberg, Susanne Eisenmann (CDU). Die hatte vergangene Woche gefordert, innerhalb von fünf bis zehn Jahren ein zentrales Abitur einzuführen: „Am Ende muss es nicht nur deutschlandweit dieselben Prüfungsaufgaben geben, sondern auch einheitliche Regeln dafür, welche Fächer ins Abitur eingebracht werden.“

Bislang erstellt jedes Bundesland eigene Abituraufgaben. Auch gibt es große Unterschiede bei der Gewichtung der Leistungen aus der Oberstufe sowie bei den Prüfungsfächern. So müssen AbiturientInnen in München in Mathe, Englisch und Deutsch antreten, in Berlin kann man Mathe umgehen.

Um das Abitur vergleichbarer zu machen, haben die Bundesländer vor zwei Jahren einen gemeinsamen Aufgabenpool für Mathe, Deutsch und Englisch eingeführt. Erstellt werden die Aufgaben vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) in Berlin. Doch die gemeinsamen Aufgaben führen nicht unbedingt zu mehr Vergleichbarkeit, wie das diesjährige Mathe-Abitur zeigt.

Frustrierte SchülerInnen

Denn erstens greifen sich die Länder nur einen Bruchteil der „gemeinsamen“ Aufgaben heraus: Die Quote liegt bei 12 bis 15 Prozent. Zweitens dürfen die PrüferInnen die Pool-Aufgaben nach den eigenen Vorstellungen abändern. Und drittens bewerten die Länder die Ergebnisse auch noch unterschiedlich. In zwölf Bundesländern reichten AbiturientInnen nach der Prüfung im Mai eine Petition an das jeweilige Ministerium ein, weil die Mathe-Prüfung zu schwer gewesen sei. Hamburg und das Saarland haben daraufhin die Schnitte nach oben korrigiert. In den übrigen Ländern blieben die Noten, wie sie waren.

Das sorgt nicht nur unter den SchülerInnen für Frust. Der Hamburger Schulsenator Ties Rabe (SPD) beklagte, dass sein Bundesland als einziges alle Aufgaben aus dem zentralen Mathe-Pool verwendete. Die baden-württembergische Kultusministerin Eisenmann sieht dessen Ziel, die Abiturnoten vergleichbarer zu machen, als verfehlt an: „Unsere Bemühungen für mehr Einheitlichkeit sind bislang ins Belieben der Länder gestellt.“

Länder greifen sich nur Bruchteil der gemeinsamen Aufgaben heraus

Und der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, kritisiert: „Welchen Sinn haben Aufgabenpools, wenn einzelne Bundesländer diese nicht in Anspruch nehmen beziehungsweise eigenmächtig nachträglich in Abiturbewertungen eingreifen, um vermutete Nachteile für ihre Landeskinder zu vermeiden?“

Dass die Bundesregierung handeln muss, hat das Bundesverfassungsgericht bereits 2017 festgestellt. Das Abitur-Chaos verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Denn bei Studiengängen mit NC wie bei Medizin, wo jede Kommastelle entscheidet, sind BewerberInnen aus Bundesländern mit schwerem Abitur benachteiligt.

Tatsächlich variieren die durchschnittlichen Abiturnoten je nach Bundesland erheblich: Seit Jahren erzielt Thüringen die besten Schnitte. Auch dieses Jahr liegt der Freistaat mit 2,18 um fast eine halbe Note vor Niedersachsen (2,56). Die Karlsruher Richter verfügten deshalb, dass die Universitäten neben dem Abitur weitere Zugangskriterien wie Auswahlgespräche oder Tests anwenden müssen. Schritte, die mit einem bundesweit vergleichbaren Abitur nicht notwendig wären.

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5 Kommentare

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  • Bildungspolitik und Schulsystem in Deutschland? Da geht ich lieber los und bringe mal kurz den Nahostkonflikt in trockene Tücher, ist aussichtsreicher.



    Und das ist nicht einmal Sarkasmus, denn solange mein Kind schon in der Grundschule nur mit prekär beschäftigen Zeitkräften, nach den hohen Ansprüchen der hochwohllöblichen KMK unterrichtet werden kann, fange ich mit Diskussionen um das Abitur, gar nicht erst an.



    Der Laden soll nur angepasste, marktkonforme, Auswendiglerner, in folgender Aufteilung erzeugen:



    50% Mannschaften (Hauptschule)



    30% Unteroffiziere (Realschule)



    20% Offiziere (Gymnasium)



    Da will man wieder hin und wer vom Pöbel doch den Kopf aus der Scheisse streckt, der darf auf die FH, Bachelor machen, wegen der Industrie.

  • Ach was!

    Da hat nun der olle Albert - neben E=mc2 - wa! Bereits 1914 ~ gesagt :



    Abi - abschaffen - so überflüssig wie ein Kropf. Statt die letzten drei Schuljahre den so fitten Kopf mit Repetieren von Abgehangem für Prüfung - vulgo - Momentaufnahme öde-dichtkleistern. Nö. Lieber bis zum Schluß immer noch was spannend Neues lernen. That’s it!



    &



    Rausversetzen & gut ist. Gellewelle.

    & Ooch klar! 👹



    Zugang Hochschule Uni etc - je nach Neigung für die alle dann. 😎



    &



    Öffentliche Aufgabe - die erforderlichen Kapazitäten bereit zu stellen. Aber ja. Wollnichwoll.

    But. Nö. Mangelverwaltung & Selektion



    In Kombi - mit sozialer Ausgrenzung •

    Na Mahlzeit - Wie asi&doof is das denn



    Na - Si’cher dat. Dat wüßt ich ever.



    Normal - Schonn.



    Njorp 👹

    unterm-----



    Stattdessen faselt die Dame was von -



    Gerechtigkeit - & meint eben doch in der Sache - soziale Ausgrenzung.



    (ps - als ob wir uns das in Schland zudem überhaupt leisten könnten!)



    Schlicht - Rad ab •

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Welch absurde Idee, Menschen seien irgendwie vergleichbar.

    1. Durch Bulimie-Lernen (reinfressen - rauskotzen) wird nur eine einzige besondere Art der Anpassung verglichen.

    2. Auch bei identischen Aufgaben sind alle Menschen unterschiedlich und 2b. auch alle Lehrer/innen. Jeder "lernt" bei anderen Lehrern anders.

    3. Korrekturen sind nie objektiv. Es soll einen Test gegeben haben, bei dem ein und dieselbe Deutscharbeit von vielen verschiedenen Deutschlehrern korrigiert wurde. Dabei kamen alle Noten von 1+ bis 6- vor.

    Fazit: Hier wird nur die Macht des Ministeriums in Bezug zur Schule bzw. zum Pädagogen erhöht. Lehrer/innen werden zu "Beibringern", Ministerien zu "Entscheidern". Mit den Menschen, den Prüfungskandidaten, hat das nichts zu tun.

    Ginge es tatsächlich um den Menschen, gäbe es dokumentierte Projektarbeiten wie es einige freie Schulen bereits handhaben. Da wird die Menschenwürde etwas besser realisiert als durch Gleichmacherei.

    • @7964 (Profil gelöscht):

      "1. Durch Bulimie-Lernen (reinfressen - rauskotzen) wird nur eine einzige besondere Art der Anpassung verglichen."

      Genau das müssen künftige Medizin-Student/innen können, außerdem Hierarchie, mehr nicht.

      Eigentlich sollte es reichen, eine entsprechend bundesweite Medizinstudiumsaufnahmeprüfung einzurichten, dann müssen nicht alle anderen Kinder und Jugendlichen während ihrer Schulzeit so viel Bulimie-Lernen mitmachen. Reicht ja, wenn die zukünftigen Mediziner/innen das "können". Die anderen sollten denken lernen und wie man so schön sagt "lernen lernen".

    • @7964 (Profil gelöscht):

      Die Anmerkungen kann ich als Mathelehrerin nur bestätigen!!



      Hinzu kommt, dass in jedem Bundesland unterschiedlich viele Stunden je Fach zur Verfügung stehen. Außerdem wird in einem Bundesland der Schwerpunkt auf "Wissen" gelegt und im anderen Bundesland auf "eigenständiges Erarbeiten".