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Abgeschwächtes EU-LieferkettengesetzEine Idee, die Schule macht

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Das europäische Lieferkettengesetz wurde zwar in einigen Punkten abgeschwächt. Dennoch wird die Regelung weltweit Standards setzen.

Teil der Lieferkette von der Farm zur Schokoladentafel im Laden: Kakaoproduktion in der Elfenbeinküste Foto: Joerg Boethling/imago

D ie EU-Lieferketten-Richtlinie wird die Lage vieler Menschen weltweit verbessern. Das ist die Hauptsache, auch wenn der jetzt gefundene Konsens der Mitgliedsstaaten den bisherigen Text in zentralen Punkten schwächt. Dennoch gewinnt dadurch der Schutz der sozialen und ökologischen Menschenrechte in der Wirtschaft im Vergleich zum augenblicklichen Zustand an Bedeutung.

Große europäische Unternehmen – auch ausländische, die hier Geschäfte machen – müssen sich künftig stärker selbst darum kümmern, dass die Beschäftigten ihrer weltweiten Zulieferer beispielsweise Mindestlöhne erhalten und die Arbeitssicherheit in den Fabriken gewährleistet ist. Für Schäden sind die Auftraggeber dann auch nach europäischem Recht haftbar und können von hiesigen Gerichten auf Schadensersatz verurteilt werden. Das ist ein großer Fortschritt. Was Europa als eine der drei wichtigsten Wirtschaftsregionen neben den USA und China jetzt regelt, wird weltweit Schule machen.

Um die Zustimmung der Mehrheit der EU-Mitglieder zu erhalten, wurde die Richtlinie auf den letzten Metern dennoch deutlich entkräftet. Während sie eigentlich für europäische Firmen ab 500 Beschäftigten gelten sollte, liegt die Untergrenze nun bei 1.000 Leuten. Auch der Mindestumsatz wurde erheblich angehoben. Und die Richtlinie tritt erst nach jahrelangen Übergangsfristen in Kraft.

Deutschland muss sein bereits existierendes Lieferkettengesetz nun in den kommenden Jahren an die schärfere EU-Haftungsregelung anpassen. Vorschriften, die im deutschen Gesetz strenger sind, können hingegen beibehalten werden.

Wobei auch vorstellbar erscheint, dass deutsche Unternehmen und ihre Verbände in manchen Punkten eine Abschwächung auf EU-Niveau durchzusetzen versuchen. Ohnehin kommt ihnen der EU-Konsenstext erheblich entgegen. Das ist der FDP, die die Richtlinie monatelang blockierte, immerhin gelungen. Verhindern konnte sie das Vorhaben jedoch nicht.

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
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7 Kommentare

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  • Mein Schwager, Kleinbauer in Ghana, wird jetzt seine Kakaobohnen nicht mehr los, da er sich die EU Bürokratie nicht leisten kann. Das geht nur für große Unternehmen. Also macht die neokoloniale EU in Afrika die Kleinbauern kaputt. Kinderarbeit ist sicherlich schlecht, aber das durch neokoloniale Politik zu erzwingen kann nicht der richtige Weg . Das ist die typische Arroganz von Baerbock und der EU . Immer andere belehren wollen statt sie als Gleiche zu respektieren.

  • Ich bin mal gespannt, welche Länder diesen "Standard" übernehmen werden und in die europäische "Schule" gehen wollen, wo ihnen beigebracht wird, wie man sich korrekt verhält. Meine vorsichtige Schätzung: Kein einziges Land wird dem folgen. Aber schauen wir mal...

  • 1G
    14231 (Profil gelöscht)

    Es würde mich nicht wundern, wenn sich der Brexit nun doch noch für Großbritannien bezahlt macht. Früher war London für globale Finanzunternehmen der Zugang zum EU- Finanzmarkt, nun könnte Großbritannien für exportabhängige EU- Unternehmen der Zugang zum Weltmarkt werden.

    Für EU-Bürger dürfte das Leben damit jedenfalls teurer und Anbieter wie Temu noch attraktiver werden. Dass die EU dauerhaft in der Position sei, international Standards zu setzen, wenn sie ihre eigene Industrie dermaßen schwächt, ist eher zweifelhaft und die Annahme, jetzt müssten Unternehmen auf der ganzen Welt wegen der EU menschenfreundlicher produzieren, zeugt von einer nicht unerheblichen Hybris.

  • Unternehmen mit 150 Millionen Umsatz, und mehr als 1000 Mitarbeitern sind also ausgenommen. Das heisst Volkswagen brauch' sich um das Gesetz nicht scheren, die abertausende von Zulieferern muessen sich aber jetzt mit diesem Gesetz und den daraus folgenden erheblichen Mehrkosten herumschlagen. Das ist doch der blanke Hohn - gegen Kinderarbeit, aber nur fuer Unternehmen welche sich keine Lobbyisten in Bruessel leisten koennen? Dieses Gesetz ist ein Desaster fuer den Standort Europa, und so'ne EU brauchen wir nich'.

    • @SirEliah:

      Das haben Sie falsch verstanden - andersherum wird ein Schuh draus. Kleinere Unternehmen sind ausgenommen.

    • @SirEliah:

      Umgekehrt



      Der neue Entwurf gilt nun für Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten und ab 450 Millionen Euro.

      Trotzdem kann es die kleinen Firmen auch treffen, wenn für die großen Firmen Aufträge annehmen und für deren Lieferkettengesetz nachweisen müssen, dass sie sich an die Regeln halten.



      Dieses Gesetz, in der Sache gut gemeint, ist ein Bürokratriemonster.

    • @SirEliah:

      Nein, es ist genau anders herum. Es gilt für Unternehmen ab 1.000 Personen.