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Abgebrochenes Spiel Paris gegen IstanbulLet’s go, Menschheit!

In der Champions League wurde Geschichte geschrieben. Spieler verließen den Platz, weil ein Schiedsrichter sich rassistisch äußerte.

Demba Ba (r.) von Istanbul Başakşehir gestikuliert neben Neymar (l.) und Kylian Mbappe von PSG Foto: Franck Fife/afp

Dieser Champions-League-Fußballabend hat viele Geschichten geschrieben. Größere und kleinere Helden kommen darin vor. Cristiano Ronaldo hat beim 3:0 von Juventus Turin in Barcelona zwei Mal getroffen. Und ein gewisser Klub aus Leipzig hat in einem irren Spiel das ruhmreiche Manchester United eliminiert.

Doch der Held dieses Abends in der Champions League war ein anderer, einer, der gar nicht auf dem Feld stand: Demba Ba. Der Stürmer aus dem Senegal hat von der Ersatzbank aus den europäischen Fußball einmal kräftig durchgeschüttelt. Sein Einsatz führte zum Abbruch des Spiels zwischen seinem Klub Başakşehir Istanbul und Paris Saint-Germain. Es war ein Einsatz im Kampf gegen den Rassismus im Fußball. Es war ein kleines Wortgefecht, und es war ein großer Schritt für die Menschlichkeit.

Das Spiel war noch keine 15 Minuten alt, als geschah, was seinesgleichen sucht in der Fußballgeschichte. Nach einem Foulpfiff protestierte ­Pierre Webó, der kamerunische Co-Trainer des türkischen Meisters, lautstark. Dem vierten Offiziellen, der in seiner Nähe stand, missfiel das. Er wies den Schiedsrichter der Partie darauf hin. „Negru“ hat er dabei gesagt.

Demba Ba ist nun außer sich und stellt den Mann zur Rede, gibt ihm trotz aller Aufregung einen Schnellkurs in antirassistischer Sprache und ruft seine Mitspieler dazu auf, das Feld zu verlassen. Alle Spieler folgen ihm, auch die Pariser verlassen das Feld. Deren Weltstars Kylian Mbappé und Neymar gaben später auf ihren Social-Media-Accounts Solidaritätsadressen für Webó ab. Es ist das größte Zeichen, das Spieler in einem Wettbewerbsspiel gegen Rassismus je abgegeben haben.

Der Verband kann nun nicht mehr mit dem Finger auf einzelne Bösewichte zeigen

Das Schiedsrichterteam aus Rumänien kann dem Spektakel nur ratlos zusehen. „Negru“ heiße doch nur schwarz auf Rumänisch, hatten sie sich versucht zu verteidigen. Demba Ba ließ sich auf eine Diskussion gar nicht erst ein. „‚Dieser weiße Typ da‘, das würden Sie doch nie sagen. Also hören Sie mir zu: Warum sagen Sie zu einem Schwarzen Mann ‚dieser schwarze Typ?‘“

Mit diesem Satz, der als Videoschnipsel längst millionenfach geteilt wurde, hat der Stürmer das Problem so klar benannt, dass für die Beteiligten keine Fragen mehr offenblieben. Sie verließen den Platz. Das Spiel musste abgebrochen werden. Ein Termin für die Fortsetzung des Spiels wurde von der veranstaltenden Europäischen Fußballunion Uefa angesetzt.

Der Verband, der Stadien so gern mit dem Banner „No to ­racism – Respect“ schmückt, Trikots damit beflockt und Wimpel mit dem Slogan verteilt, will den Fall untersuchen. Die Uefa tut sich schon schwer, Rassismus zu ahnden, der von den Rängen kommt. Nun steht sie mit den von ihr eingesetzten Schiedsrichtern selbst im Zentrum eines veritablen Rassismusskandals.

Sie kann nicht mehr mit dem Finger auf einzelne Bösewichte zeigen, sie muss sich damit beschäftigen, wie verletzend der alltägliche Rassismus ist, der von Menschen, die das Uefa-Logo auf der Brust tragen, in die Stadien getragen wird. Der Schaufenster-Antirassismus, der bis dato so fleißig gepflegt wurde, ist jedenfalls nichts wert. Das haben die Spieler dem Verband vorgeführt.

Falsche Freunde hin oder her

Der Proteststreik mag falsche Freunde wie den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan angelockt haben, der sich in Solidarität mit dem Co-Trainer des von ihm verhätschelten Retortenklubs via Twitter als Antirassist inszeniert. Doch das macht ihn nicht weniger wegweisend. Die Spieler dürften gemerkt haben, wie mächtig sie sind. Wenn sie zeigen, dass sie sich nicht mehr alles gefallen lassen wollen, könnten ganze Ligen anders aussehen.

Demba Ba, der Held vom Dienstag, hat 2019, nachdem der belgische Strümer Romelu Lukau von Fans bei einem Spiel der Serie A rassistisch beleidigt worden war, gesagt: „Das ist der Grund, warum ich dort nicht spielen wollte, als ich die Möglichkeit dazu hatte. Ich wünsche mir, dass alle Schwarzen Spieler aus dieser Liga aussteigen.“

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11 Kommentare

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  • "Es ist das größte Zeichen, das Spieler in einem Wettbewerbsspiel gegen Rassismus je abgegeben haben."

    Ja, interessanterweise als ein Schiedsrichter der vermeintlich Schuldige war. Und bei aller Heldenverehrung sollten einige Geschehnisse in den ersten 15 Minuten nicht unter den Teppich gekehrt werden:



    Foul an PSG-Spieler, Gelbe Karte für Başakşehir



    Foul an Başakşehir-Spieler, keine Gelbe Karte für PSG - mögliche Benachteiligung



    Personen der Başakşehir-Ersatzbank reden wütend auf Sebastian Coltescu ein - mögliche Beleidigung, event. sogar rassistisch (es gibt auch Gypsy Videoschnipsel)



    - Coltescu zeigt auf Pierre Webó und sagt 'negru' - möglicher Rassismus



    - Spieler erzwingen einen Spielabbruch - übertriebene Unversöhnlichkeit

  • Geil!

  • "Yovo, yovo, bonsoir,



    Ça va bien? Merci."



    Aber das ist denn eine andere Geschichte...



    Der Abbruch war richtig.

  • Ich wurde im Südsudan ein halbes Jahr von jedem auf der Straße Kawadga ganannt. Das ist Dinka für Weisser.

    • @Charlie Foxtrot:

      Sie armes Opfer jahrhundertelanger, bis heute über den Globus verbreiteten, alltäglichen - äh, wovon nochmal?

      • @Karl Kraus:

        Von nichts. Das Wehklagen das Sie unterstellen steht da nicht.



        Es ist lediglich ein Gegenbeispiel zu der Annahme kein Schwarzer würde "Dieser weiße Typ da" sagen.



        Unabhängig davon kann Demba richtig liegen und Sebastian Coltescu würde es tatsächlich nicht tun.

  • „‚Dieser weiße Typ da‘, das würden Sie doch nie sagen. Also hören Sie mir zu: Warum sagen Sie zu einem Schwarzen Mann ‚dieser schwarze Typ?‘“

    Doch - in einer Gruppe Menschen mit nur wenigen Weißen, würde ich "dieser Weiße" sagen, wenn ich auf einen verweisen möchte, und seinen Namen nicht weiß!

    Wie heißt nochmal der US-Rapper - dieser Weiße?

    • @R R:

      Glauben Sie selbst nicht.

      • @Milène:

        Meinen Sie das ernst?

        Falls ja: Das ergibt sich immer wieder wie von selbst, wenn man häufiger in Konstellationen zusammentrifft, in denen keine oder fast keine Weißen anwesend sind. Wenn dann doch mal einER (andereR) da ist und eineR der beiden Dialogpartner*innen den oder diejenige nicht kennt, ...



        Das ist dann so wie "der mit den Locken", "die mit den langen, dunklen Haaren", "der Typ" (in einer Frauengruppe), etc.

        Ich habe dennoch den Eindruck, dass in diesem Fall noch was anderes im Spiel war.

      • @Milène:

        Doch glaube ich.

        Ich gebe zu, es kommt kaum vor...

  • Es hat in der Vergangenheit schlimme rassistische Vorfälle im Profifußball gegeben, es wäre schön, wenn der gestrige Spielabbruch einen Benchmark setzen würde, wann die Grenzen erreicht sind.

    Auf den Punkt gebracht von PSG-Superstar Mbappé: "Mit dem wollen wir nicht mehr spielen!"