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ADFC testet Berlins FahrradtauglichkeitSchlimmer geht's kaum

Berlin landet bei Test der Fahrradlobbyisten auf einem der hintersten Plätze. Der ADFC fordert deswegen die schnelle Verabschiedung des Radgesetzes.

Für ein besonders großes Sicherheitsgefühl sorgen Radstreifen auf der Fahrbahn nicht Foto: dpa

„Berlin ist ganz unten, seien wir mal ehrlich“, sagt Frank Masurat, Vorstandsmitglied des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Berlin. Das ist keine Übertreibung: Im Fahrradklima-Test des ADFC für das Jahr 2016 belegt Berlin unter den Städten mit mehr als 200.000 Einwohner*innen den 36. Platz – von 39. Noch schlechter schneiden nur Köln, Mönchengladbach und Wiesbaden ab.

Eine Gesamtnote von 4,3 – „das ist eine Verschlechterung gegenüber dem Jahr 2014“, sagt Philipp Poll, Geschäftsführer des ADFC Berlin bei der Vorstellung des Berichts am Freitag. Bei der letzten Erhebung war Berlin mit einer Note von 4,1 noch auf Platz 30 gelandet. Als schwerwiegendstes Problem identifiziert der ADFC die Kontrolle von Falschparker*innen auf Radwegen – mit einer miserablen Note von 5,5. Dicht darauf folgen häufiger Fahrraddiebstal und zu schmale Radwege.

Doch auch sonst gibt die Hauptstadt ein trauriges Bild ab. 27 Punkte hat der ADFC im Auftrag des Bundesverkehrsministerium abgefragt; Berlins Bestnote ist eine 3,0 für öffentlich zugängliche Leihfahrräder. Sonst tummeln sich vor dem Komma vor allem Vieren und Fünfen.

„Die meisten Berliner empfinden das Radfahren in der Stadt als stressig“, sagt Poll. Das zeige auch die Angaben zum Verkehrsklima: „Die Berliner Radfahrer haben das Gefühl, als Verkehrsteilnehmer nicht ernst genommen zu werden.“ Laut den Befragten gebe es häufig Konflikte mit dem Autoverkehr.

Das geplante Radgesetz muss noch 2017 verabschiedet werden

Frank Masurat, ADFC Berlin

Und auch die Bewertung der Fahrradförderung in Politik und Verwaltung hat seit 2014 einen deutlichen Knick erfahren, etwa was die Reinigung der Radwege und Ampelschaltungen betreffe. „Das ist ein deutliches Votum“, sagt Poll. Wenig überraschend glänzt Berlin im Bereich der Sicherheit mit miesen Noten. „73 Prozent der Befragten wünschen sich baulich von der Straße abgegrenzte Radwege“, sagt Poll.

Gesellschaftlich repräsentativ ist der Fahrradklima-Test nicht: 71 Prozent der bundesweit mehr als 120.000 Befragten fahren täglich Fahrrad, 20 Prozent immerhin wöchentlich. Somit sind die Vielfahrer*innen überrepräsentiert. Deren Bedürfnisse spiegelt der Report dafür sehr deutlich wieder.

Dass Berlins Werte so absacken, liege nicht unbedingt an einer Verschlechterung der Infrastruktur, erklärt ADFC-Vorstand Masurat. Da habe sich mit dem Anlegen neuer Radstreifen ja immerhin ein bisschen was getan. Diese sind aber durch die mangelhaften Kontrollen häufig zugeparkt.

„Und gleichzeitig haben wir aber heute deutlich mehr Rad- und KfZ-Fahrer auf den Straßen als früher“, sagt Masurat. Zum Sanierungsstau kommt also noch die höhere Auslastung der ohnehin mangelhaften Infrastruktur. „Da muss unbedingt etwas passieren“, fordert Poll.

Der Städtetest

Der ADFC hat die fahrradfreundlichsten Städte in vier Kategorien gekürt, die von der Größe der Kommune abhängen. Die Spitzenplätze:

Großstädte mit mehr als 200.000 Einwohnern:

1. Platz: Münster (Nordrhein-Westfalen)

2. Platz: Karlsruhe (Baden-Württemberg)

3. Platz: Freiburg im Breisgau (Baden-Württemberg)

Städte mit 100.000 bis 200.000 Einwohnern:

1. Göttingen (Niedersachsen)

2. Hamm (Nordrhein-Westfalen)

3. Erlangen (Bayern)

Städte mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern:

1. Bocholt (Nordrhein-Westfalen)

2. Nordhorn (Niedersachsen)

3. Wesel (Nordrhein-Westfalen)

Kleinstädte mit weniger als 50.000 Einwohnern:

1. Reken (Nordrhein-Westfalen)

2. Wettringen (Nordrhein-Westfalen)

3. Heek (Nordrhein-Westfalen) (dpa)

Was passieren muss, davon hat der ADFC eine sehr genaue Vorstellung: „Damit die Werte sich verbessern, muss das geplante Radgesetz in Berlin noch 2017 verabschiedet werden“, sagt Masurat. Mit der neuen rot-rot-grünen Regierung habe immerhin das „Schönreden“ aufgehört. „Wir sitzen jetzt mit dem Senat, der Koalition und den Verbänden an einem Tisch und haben in 13 Runden einen Entwurf verhandelt“, sagt Masurat. Nun müsse das Gesetz auch kommen.

Ob die Forderung des ADFC Wirklichkeit wird, ist fraglich. Nur einen Tag zuvor, am Donnerstag, hatten der Verband und die Initiative Volksentscheid Fahrrad dem Senat vorgeworfen, das geplante Gesetz auszubremsen. Dringend nötige juristische Unterstützung werde nicht gewährt.

Das Gesetz zur „Förderung des Radverkehrs in Berlin“ wäre das erste Radgesetz Deutschlands. Der 28 Seiten lange Entwurf sieht unter anderem vor, an allen Hauptverkehrsstraßen Radverkehrsanlagen mit einer Breite von mindestens 2 Metern einzurichten. Zudem soll ein stadtweites Netz aus Fahrradstraßen und Radschnellwegen entstehen und 50.000 Abstellanlagen an Bus- und Bahnhaltestellen bis 2025.

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2 Kommentare

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  • Das Berlin bei den Kontrollen von Falschparkern auf Radwegen schlecht abschneidet, wundert mich überhaupt nicht. Bei den meisten Ordnungshütern scheint in dem Punkt 0 Problembewusstsein zu bestehen.

    Ich sehe die Grün-Weißen regelmäßig auf Fahrradstreifen stehen. Ob zum Brötchen holen oder wenn ein Verkehrsunfall aufgenommen wird - da ist der Fahrradstreifen eine prima Abstellfläche für ihre Blechkisten.

    Immerhin wird dann der *richtige* Verkehr - also die Autos nicht durch die Einsatzfahrzeuge behindert. ;-)

    Viele Radstreifen sind die meiste Zeit des Tages für Radfahrer nicht benutzbar, weil sie praktisch durchgängig vom Lieferverkehr zugestellt sind. Die stehen auch lieber auf dem Radstreifen, um bloß nicht den Autoverkehr zu behindern.