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5G-Ausbau und HandelsstreitBerlin prüft Huawei-Bann

Sabotagevorwürfe, Spionageverdacht, Todesstrafe: Der Handelsstreit spitzt sich zu. Oder ist Chinas Technologiekonzern doch verdächtig?

Bisschen mehr Licht könnte dem wichtigsten chinesischen Technologiekonzern Huawei nicht schaden Foto: Reuters

Peking taz | Normalerweise gibt Huawei-Chef Ren Zhengfei ausländischen Medien nur selten Interviews. Doch nun drohen dem bislang erfolgreichstem Technologiekonzern Chinas wichtige Aufträge wegzubrechen. Zudem steht seine Tochter, Huawei-Finanzchefin Meng Wenzhou, seit Wochen in Kanada unter Hausarrest – mit elektronischer Fußfessel.

„Huawei und ich selbst haben noch nie eine Anfrage von einer Regierung erhalten, unsachgemäße Informationen zu liefern“, beteuerte der Firmengründer nun in dem Gespräch mit ausländischen Journalisten.

Was gleich mehrere Länder Huawei vorwerfen, wiegt schwer: Der Technologiekonzern spioniere über seine Netzwerktechnik für China, behaupten US-Geheimdienste. Neuseeland, Australien, die britische Telekom und die drei größten Netzbetreiber Japans haben bereits ausgeschlossen, beim Ausbau des künftigen Mobilfunkstandards 5G Hua­wei-Technik zu verwenden.

Deutschland gab sich bislang gelassen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik sah „keine konkreten Beweise für den Spionageverdacht gegen Huawei“. Daher sei kein Ausschluss eines bestimmten Anbieters vom 5G-Aufbau geplant, hieß es bis vor Kurzem bei der Bundesregierung. Doch nun findet in Berlin offenbar ein Umdenken statt.

Brisanz unterschätzt?

Es lägen zwar auch weiterhin „keine Anzeichen dafür vor, dass sich die beschriebenen Vorgänge auf den nachrichtendienstlichen Erkenntnisaustausch mit Deutschland auswirken“, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Katharina Dröge. Die Willensbildung sei aber „noch nicht abgeschlossen“. „Die Bundesregierung hat die Brisanz des Themas zu lange unterschätzt“, kritisiert Dröge. Sie solle „sich endlich öffentlich erklären, wie sie eine Beteiligung des Unternehmens Huawei beim 5G-Ausbau bewertet“.

In den USA ist Huawei-Technik schon seit geraumer Zeit geächtet. Der Konzern musste sein Nordamerika-Geschäft quasi komplett einstellen. Inzwischen übt die US-Regierung auch Druck auf andere Staaten aus, auf Huawei-Technik zu verzichten. Wichtige Zukunftsbereiche wie das autonome Fahren würden auf 5G-Netze setzen, heißt es zur Begründung. China könne hier Sabotage betreiben. Belege für diese Vorwürfe haben die US-Geheimdienste allerdings bislang nicht geliefert.

Ein Zusammenhang mit dem US-chinesischen Handelsstreit ist indes nicht von der Hand zu weisen. US-Präsident Donald Trump hatte zwischenzeitlich erhebliche Strafzölle auf chinesische Waren erhoben. Anfang Dezember einigten sich beide Seiten auf einen „Waffenstillstand“. Derzeit wird verhandelt. Das hat die US-Justiz jedoch nicht davon abgeschreckt, Huawei-Finanzchefin Meng in Kanada verhaften zu lassen.

Die chinesischen Behörden wiederum rächten sich auf ihre Weise – bislang aber nur an dem Verbündeten der USA. Zwei Kanadier haben sie festgenommen. Ein chinesisches Gericht verurteilte zudem einen kanadischen Drogenhändler zum Tode. Noch im November hatte er dafür 15 Jahre Haft bekommen. Der Verdacht eines politischen Urteils liegt auch hier nahe.

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14 Kommentare

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  • Das ist mir sowas von egal, wer Frau Merkel oder Herrn Trump ausspioniert.

    Und auch persönlich ist mir die Nationalität des Kapitalisten, der mich abhört, sabotiert oder ausbeutet ziemlich wumpe.

  • Könnte nicht behaupten, dass wir von den 5-Eyes nicht aufs schamloseste abgehört worden wären. Dann sind es halt dieses Mal die Chinesen. Wenn Huawei günstiger und besser ist, warum nicht.

  • ja nee is klar:



    Cisco, Juniper, Belkin, IBM, Linksys, Netgear und auch deren lizensierte Kopien westlicher Telekommunikationsunternehmen habe allesamt Hintertüren für die "5 seeing eyes"



    Klar, daß Huawei mit einer Schmutzkampagne ausgehebelt werden soll.

    Aber bis auf den Kommentar der Kanzlerin "Ausspähen unter Freunden geht gar nicht", ist nichts passiert.

    • @JPP:

      Diesen Satz rauszuhauen dabei als "passieren" zu bezeichnen, ist sehr großzügig! :)

  • 9G
    92489 (Profil gelöscht)

    Kritische Infrastruktur ins (eu)Ausland zu verkaufen ist halt auch das dümmste was man man machen kann. Man muss nur zwei Schritte weit denken.

  • Die amerikanische Regierung muss es ja wissen. Sie besteht ja auf Hintertürchen in der Software von Handys usw. um ihre Bürger ausspionieren zu können.

  • "US-Geheimdienste. Neuseeland, Australien, die britische Telekom" Ja, völlig voneinander unabhängige Stellen, die nichts miteinander zu tun haben. Knallharter Journalismus. Die USA wollen einen ungeliebten Konkurrenten aus dem Markt drängen und die internationale Presse macht eifrig mit, übernimmt deren Aussagen oder berichtet eben "neutral". Den Kommentaren in den Technik-fernen Foren zufolge wird das auch bereitwillig aufgenommen. Ein schönes Beispiel dafür, wie wir... *Aluhut aufsetz* ... manipuliert werden.

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Ich werde es sehen, Huawei baut bei uns aktuell im Auftrag der Telekom ein Glasfasernetz bis in die Wohnungen/Häuser.

  • Lieber Felix Lee, bitte berichten Sie doch über den Spionagefall im Nachbarland Tschechien. Die tschechische Regierung hat eine Ausschreibung für Handyanbieter für ihre Mitarbeiter gemacht. Das kostengünstigste Angebot, von Huawei, hat gewonnen. Monate später hat man in Tschechien gemerkt, dass die Mobiltelefone der Regierungsvertreter abgehört wurden. Das Angebot war damals so günstig, weil die chinesische Regierung es mitfinanziert hat. Huawei ist jetzt daher auch in CZ verpönt.

  • Hier ist der Artikel, der andeutet, dass alle drei Telefon-Anbieter auf Huawei angewiesen sind. Die Chinesen haben Technisch die Nase vorne, ohne sie wird es wohl nicht gehen. Falls Huawei ausgeschlossen würde, käme der Ausbau erst Jahre später.



    www.dw.com/de/sier...eworfen/a-45368804

  • Da werden einige traurig sein. Es könnte eine Liebesgeschichte sein mit dem OB von Duisburg:



    www.presseportal.de/pm/100745/4051263



    www.golem.de/news/...d-1806-134892.html



    www.waz.de/staedte...n-id214804559.html



    rp-online.de/nrw/s...nzhen_aid-32719107

    Bislang läuft der Zug in diese Richtung:



    www.vodafone.de/me...knetz-kooperieren/



    www.teltarif.de/te...au/news/74249.html

    Die Vereinigten Staaten sehen sich auch von Kaspersky bedroht, obwohl es Symantec ist, die eine Whitelist-backdoor für den US-Geheimdienst einbauen. Es kann also durchaus sein, dass die Chinesen keine Abhörtechnik verwenden, sondern nur zu Zustimmung für US-Abhörprojekte verweigern. Seit Bush hat das Heimatschutz-Ministerium aus dem "Land of the free." einen Staat von Angst und Überwachung gemacht.

    Weiter geht es um massive Wirtschaftsinteressen. Soll Huawei den Auftrag bekommen, die Europäer sind ja ohnehin raus? Oder sollen Apple und Cisco das Geschäft machen? "America first!" soll wohl auch bei uns gelten.

  • Die Sache ist doch ganz einfach: Vertrauen ist gut, Kontrolle besser. Was nicht heißt, dass diese gleich etwas findet. Was man aber zunehmend liest, das sind schlicht und einfach Skandale mit der Datensicherheit, die zu verteidigen zunehmend schwieriger wird. Insofern kann man der Regierung mit Merkel voran (Handy wird abgehört, geht gar nicht, aber wohl doch) nur Naivität und Blauäugigkeit vorwerfen. Nicht nur hier. Merkel pur halt, alles perlt ab. Warum soll das, was Facebook kann, nicht auch China können?

    • @Sarg Kuss Möder:

      Ist schon ein gewisser Unterschied. Facebook muß ich nicht benutzen, aber chinesische Hintergrund-Hardware in deutschen Funkmasten und Netzwerken kann ich nicht umgehen.



      Aber wir sind selbst schuld: Siemens konnte sowas auch mal liefern.

      • @Katzenberger:

        Inklusive der "Hintergrund-Hardware". Es ist dermaßen naiv anzunehmen, dass andere Telekom-Anbieter nicht gleich verfahren.