50 Jahre nach Putsch in Chile: Pinochet nicht mehr Ex-Präsident
Chiles Parlament hat beschlossen, dass der Titel „Präsident“ nicht mehr für den Ex-Militärdiktator verwendet werden darf. Die Rechten stimmten dagegen.
„Unter seinem (Pinochets) Kommando wurde ein autoritäres Militärregime errichtet, das bis 1990 andauerte. Er schränkte die bürgerlichen und politischen Rechte ein, führte den Belagerungszustand und die Ausgangssperre ein, erklärte einige politische Parteien für illegal und andere für inaktiv, zensierte die Medien und ordnete die Verhaftung von politischen Oppositionsführern an. Während eines Großteils seines Regimes kam es zu willkürlichen Verhaftungen, Folter und Verbannung, Situationen, die als systematische Menschenrechtsverletzungen anerkannt wurden“, heißt es in der Resolution.
Gleichzeitig vermittelte die Parlamentsdebatte am Dienstag ein Stimmungsbild zum Umgang mit der Militärdiktatur, deren 50. Jahrestag in wenigen Wochen ansteht. Am 11. September 1973 hatte Chiles Militär den sozialistischen Präsidenten Salvador Allende gewaltsam aus dem Amt geputscht und den damaligen General Pinochet als Chef einer Junta eingesetzt.
„Es sollte in unser aller Interesse sein, dass wir Diktatoren nicht mit Präsidenten der Republik verwechseln“, erklärte Innenministerin Carolina Tohá. Um Präsident zu sein, bedarf es ein Mandat des Volkes. Pinochet habe dieses nie erhalten, fügte sie hinzu.
Auch ein Affe in Seide ist ein Affe
Das rechte Spektrum im Parlament stimmte gegen die Resolution. „Er (Pinochet) war Präsident von Chile, ob es ihnen gefällt oder nicht“, sagte der Abgeordnete Johannes Kaiser Barents-Von Hohenhagen von der Republikanischen Partei, einer rechtsextremen Abspaltung der Pinochet-treuen UDI (Unión Demócrata Independiente). Und den Befürwortern unterstellte er: „Ich weiß, dass ein Teil von ihnen für die Fortsetzung des bewaffneten Weges ist.“
„Auch wenn sich ein Affe in Seide kleidet, ist er immer noch ein Affe. Mit anderen Worten: Pinochet war, ist und bleibt nur ein Diktator“, widersprach der Abgeordnete der Sozialistischen Partei Jaime Naranjo in Anlehnung an ein Sprichwort aus dem 18. Jahrhundert
Sichtlich zufrieden zeigte sich die Vorsitzende der Angehörigengruppe der Verhaftet-Verschwundenen, Lorena Pizarro. „Die Resolution zur Berichtigung der Bezeichnung ‚Präsident‘ für den Diktator Augusto Pinochet in der Kongressbibliothek wurde soeben angenommen. Die Dinge sind so, wie sie sein sollten, trotz der Panikattacke, die die Pinochetistas hier im Plenarsaal hatten“, twitterte Pizarro, die als Abgeordnete der Kommunistischen Partei die Resolution im Parlament eingebracht hatte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren