100-jähriger Spendensammler gestorben: Trauer um Captain Tom
Für seinen Rekord-Spendenlauf am Rollator wurde Tom Moore von der Queen zum Ritter geschlagen. Nun ist der 100-jährige Weltkriegsveteran gestorben.

taz | Als der Weltkriegsveteran Tom Moore mitten im ersten Lockdown der Pandemie in England am 6. April des letzten Jahres eine kleine Spendenaktion begann, ahnte der damals 99-Jährige nicht, was er auslösen würde. Als Dank für die Fürsorge, die ihm bei mehreren Behandlungen im britischen Gesundheitssystem NHS entgegengebracht worden war, wollte der Engländer zum Jux über mehrere Tage 100 Mal in seinem 25 Meter weiten Garten mit dem Rollator auf und ab gehen. So wollte er 1.000 Pfund über eine spezielle Spendenseite im Internet für das NHS sammeln.
Die Nachricht, dass ein fast 100 Jahre alter britischer Panzerkommandant des Zweiten Weltkriegs Geld für das jahrzehntelang unterfinanzierte NHS sammelte, ging vielen Brit*innen ans Herz. Die Spendensammlung verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Schon bald war der „Captain Tom“ genannte Moore im nationalen Fernsehen zu sehen, und die Spenden begannen zu strömen. Moore vollendete seine 100 Runden am 16. April. Insgesamt waren dabei umgerechnet 37,4 Millionen Euro zusammengekommen, was ihn in das Guinnessbuch der Rekorde brachte.
Moore war zum Inbegriff eines britischen Helden geworden: Er vereinte den Geist der britischen Widerstandsfähigkeit und des selbstlosen Einsatzes der 1940er Jahre mit den Bedürfnissen der britischen Bevölkerung nach unverrückbarem Optimismus – Moore verwies immer wieder auf die Gewissheit besserer Tage. In seinem Namen wurden Songs veröffentlicht und Lokomotiven, Krankenhäuser, ja sogar Hunde wurden nach ihm benannt. Unter den 150.000 Glückwunschkarten zu seinem 100. Geburtstag war auch Post von der Queen. Gute zwei Wochen später, am 17. Juli, wurde Moore in Windsor von der Königin zum Ritter geschlagen.
Am Dienstag starb Moore nach einer Covid-19-Erkrankung. Premier Boris Johnson ließ die Fahnen auf Halbmast setzen, das britische Unterhaus legte am Mittwoch eine Schweigeminute ein. Seine Familie erklärte, das letzte Lebensjahr habe Moore verjüngt und ihn Sachen erleben lassen, von denen er vorher nur geträumt habe.
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