+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Rückzug nicht ausgeschlossen
Die ukrainische Armee steht im Donbass unter Druck. Putin warnt Deutschland und Frankreich vor weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine.
Scholz und Macron sprechen mit Putin und fordern Ende des Krieges
Der russische Präsident Wladimir Putin hat bei einem Telefonat mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron vor der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine gewarnt. Das berge das Risiko einer weiteren Destabilisierung der Lage und der Verschärfung der humanitären Krise, sagte Putin einer in Moskau am Samstag vom Kreml veröffentlichten Mitteilung zufolge. Scholz und Macron forderten in dem 80-minütigen Gespräch erneut ein Ende des Krieges, wie der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, mitteilte.
„Der Bundeskanzler und der französische Präsident drängten dabei auf einen sofortigen Waffenstillstand und einen Rückzug der russischen Truppen“, teilte Hebestreit mit. „Sie riefen den russischen Präsidenten zu ernsthaften direkten Verhandlungen mit dem ukrainischen Präsidenten und einer diplomatischen Lösung des Konflikts auf.“ Putin betonte laut Kreml die Bereitschaft Moskaus, die „durch die Schuld Kiews“ eingefrorenen Verhandlungen über eine Lösung des Konflikts wieder aufzunehmen.
Ausführlich sei es bei den Telefonat auch um die Lebensmittelsicherheit in der Welt gegangen, teilte der Kreml mit. Der Westen, darunter Deutschland und Frankreich, fordert von Russland, die Blockade der ukrainischen Häfen im Schwarzen Meer zu beenden, damit das Land wieder Weizen exportieren könne. Putin machte einmal mehr die „fehlerhafte Wirtschafts- und Finanzpolitik der westlichen Staaten“ sowie die „antirussischen Sanktionen“ für die Probleme verantwortlich. Die Bundesregierung weist stets darauf hin, dass es keine Sanktionen gegen Lebensmittel gebe. Die Ukraine hat Russland Erpressung vorgeworfen, den Kampf gegen den Hunger in der Welt mit der Sanktionsfrage zu verbinden. (dpa)
Kommunistischer Abgeordneter fordert Stopp des Krieges in der Ukraine
Ein Abgeordneter der Kommunistischen Partei Russlands ist von der Parteilinie abgewichen und hat den Angriffskrieg gegen die Ukraine kritisiert. Russland solle den Krieg beenden und seine Truppen zurückziehen, sagte Leonid Wasjukewitsch im Regionalparlament von Primorje im Fernen Osten Russlands am Freitag. „Wir begreifen, dass wir mehr Waisenkinder in unserem Land haben werden, wenn wir die Militäroperation nicht stoppen.“ Sein an Präsident Wladimir Putin gerichteter Kommentar wurde in einem Video über Telegram verbreitet.
Ein weiterer Abgeordneter schloss sich Wasjukewitsch an. Der Parlamentspräsident sprach anschließend von einer politischen Provokation, die die Mehrheit im Parlament nicht unterstütze.
Die russische Regierung will ihren Krieg ausschließlich als militärische Spezialoperation verstanden wissen und hat schwere Strafen für davon abweichende Darstellungen in der Öffentlichkeit verhängt. (ap)
Habeck: Deutschland kann nicht alle Wünsche erfüllen
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat den Vorwurf zurückgewiesen, Deutschland sei bei Waffenlieferungen an die Ukraine zu zurückhaltend. „Während wir reden, werden gerade ukrainische Soldaten an der Panzerhaubitze 2000 ausgebildet“, sagte Habeck der Welt am Sonntag mit Blick auf die geplante Lieferung der fahrbaren Artilleriegeschütze. Es sei keineswegs so, dass Deutschland nichts oder zu wenig liefere. Richtig sei, dass Berlin nicht alle Wünsche der Ukraine erfüllen könne.
Deutschland will im Juni sieben Exemplare der Panzerhaubitze 2000 an die Ukraine liefern. Seit Mitte Mai werden in der Bundeswehr-Artillerieschule im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein dutzende ukrainische Soldaten an dem auf einem Panzerfahrgestell montierten Geschütz ausgebildet.
Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), verwahrte sich gegen den Vorwurf der Zögerlichkeit der Bundesregierung. Er habe „nicht den Eindruck, dass hier jemand bewusst auf der Bremse steht“, sagte er im Deutschlandfunk. Das Thema Waffenlieferungen sei aber „komplizierter als es manchmal scheint.“ Denn die Möglichkeiten der Bundeswehr, aus ihrem Bestand zu liefern, seien „sehr, sehr eingeschränkt“.
Roth verwies dabei auch auf den geplanten Ringtausch mit dem Nato-Partner Polen. Das Land hat der Ukraine bereits eigenes Gerät geliefert und soll dafür von Deutschland Ersatz erhalten. Das Problem sei, dass Polen mit dem Leopard 2 „das modernste Gerät“ wolle, sagte der SPD-Politiker. „Den haben wir aber selber kurzfristig nicht zur Verfügung.“ Nötig sei deshalb nun eine Lösung, mit der beide Seiten gut leben könnten. (afp)
Russland verhindert Flucht aus Cherson
Das von russischen Truppen besetzte Gebiet Cherson im Süden der Ukraine hat die Grenze Richtung Norden für Flüchtlinge geschlossen. „Der Grenzübergang in Richtung der Gebiete Mykolajiw und Dnipropetrowsk ist angesichts des systematischen Beschusses vonseiten ukrainischer Kämpfer sehr gefährlich“, erklärte der Vizechef der prorussischen Militärverwaltung, Kirill Stremoussow zur Begründung der Entscheidung. Ausreisen aus dem Gebiet Cherson seien stattdessen über die Halbinsel Krim oder den russisch kontrollierten Teil des Gebiets Saporischschja möglich.
Die neue Verwaltung hat zahlreiche Initiativen unternommen, das Gebiet Cherson von der Ukraine abzuschneiden und an Russland anzubinden. So wurde die russische Landeswährung Rubel eingeführt, die Administration hat die Ausgabe russischer Pässe gefordert und den Eintritt des Gebiets in die Russische Föderation – selbst ohne vorheriges Referendum. Auf die letzte Initiative reagierte selbst Moskau zurückhaltend. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, die Menschen in der Region müssten selbst über ihr Schicksal entscheiden.
Die Schließung der Grenzen könnte dazu dienen, den Flüchtlingsstrom in ukrainisch besetzte Gebiete zu unterbinden. Nach Schätzungen der ukrainischen Gebietsverwaltung hat die Stadt Cherson seit ihrer Besatzung rund die Hälfte ihrer Bevölkerung verloren. Aus dem gleichnamigen Gebiet sei ein Fünftel der Bevölkerung geflohen, hatte Anfang Mai die ukrainische Gebietsverwaltung erklärt. (dpa)
Selenskyj: Lage im Donbass „sehr, sehr schwierig“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Lage im umkämpften Donbass als „sehr, sehr schwierig“ bezeichnet. Die russische Armee setze in dem Gebiet im Osten der Ukraine eine Maximum an Artillerie und Reserven ein, sagte Selensky am Freitagabend in seiner täglichen Videoansprache. Es gebe Raketen- und Luftangriffe – „alles“.
Die ukrainische Armee verteidige das Land mit allen seinen „derzeitigen Verteidigungsressourcen“, sagte Selenskyj weiter. „Wir tun alles, um diese zu verstärken.“
Russland hat seine Truppen aus dem Zentrum und Norden der Ukraine, wo es die Städte Kiew und Charkiw nicht einnehmen konnte, in den Osten verlagert. Seitdem dringen russische Soldaten langsam, aber stetig tiefer in den Donbass vor.
Pro-russische Separatisten hatten am Freitag die Einnahme von Lyman verkündet, einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt nordöstlich von Slowjansk und Kramatorsk. Seine Eroberung würde einen russischen Vormarsch auf die beiden Städte ermöglichen, die noch unter ukrainischer Kontrolle stehen. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben war zunächst jedoch nicht möglich.
Auch strategisch wichtige Städte wie Sewerodonezk und Lyssytschansk werden von der russischen Armee belagert. Die russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti zitierte einen pro-russischen Polizeivertreter, wonach Sewerodonezk „nun umzingelt“ sei. Ukrainische Soldaten könnten die Stadt nicht mehr verlassen. Dies wies Oleksandr Stryuk, ein ranghoher Vertreter der Stadt, zurück. Er räumte aber rein, die Lage sei „sehr schwer“.
Nach Einschätzung des von Kiew ernannten Gouverneurs von Luhansk, Serhij Gajdaj, werden die russischen Truppen nicht in der Lage sein, die gesamte Region innerhalb kurzer Zeit einzunehmen. Möglicherweise aber müssten sich die ukrainischen Verteidiger aus einigen Gebieten zurückziehen, um nicht eingekesselt zu werden. Um dies zu verhindern, „könnte es sogar einen Befehl an unsere Truppen zum Rückzug geben“, erklärte Gajdaj auf Telegram. (afp)
Ehrenpreis für Minen-Spürhund in Cannes
Bei der Kür des besten Filmhundes beim Festival von Cannes ist ein Ehrenpreis an einen ukrainischen Minen-Spürhund verliehen worden. Zum Sieger im Rennen um den „Palm Dog Award“ wurde am Freitag der Pudel Brit gekürt, der im Film „War Pony“ von Riley Keough und Gina Gammell unter dem Namen Beast mitspielt. Der Hund bekam als Trophäe ein rotes Leder-Halsband.
Ein spezieller Ehrenpreis in der Hunde-Kategorie wurde in diesem Jahr an den ukrainischen Spürhund Patron verliehen. Die Auszeichnung wurde von einer Vertreterin der ukrainischen Delegation in Cannes entgegengenommen. „Patron kann nicht hier sein, weil er zu Hause so sehr gebraucht wird“, sagte sie mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in ihrem Heimatland.
Der „Palm Dog Award“ wird seit 2001 vergeben. Einer der berühmtesten Preisträger ist der Terrier Uggie, der 2011 in dem Stummfilm „The Artist“ mitgewirkt hatte.
Das Filmfestival im südfranzösischen Cannes endet am Samstag mit der Verleihung der Goldenen Palme. 21 Filme konkurrieren bei den Festspielen an der Côte d'Azur um den Hauptpreis, der am Abend von Jurypräsident Vincent Lindon vergeben wird. (afp)
Chodorkowski drängt Westen zu Lieferung schwerer Waffen
Der Kremlkritiker Michail Chodorkowski drängt den Westen zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine. „Wenn den Ukrainern die Waffen, die sie anfordern, nicht geliefert werden, wird es bald wieder zu Kämpfen um Kiew kommen“, sagte der 58-Jährige gegenüber der Bild-Zeitung. Er denke, westliche Politiker hätten vor allem Angst vor dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Sie glauben, sich nicht in einem Krieg zu befinden. Deswegen glauben sie auch, dass die Lieferung bestimmter Waffen zu einer Eskalation führen oder sie zu einer Kriegspartei machen könnte.
Chodorkowski bezeichnete dies als „sehr dumme Haltung“, da sich westliche Politiker und Länder aus Putins Sicht bereits im Krieg mit Russland befänden. Auf die Frage, ob der Krieg Putins Regierung stärken oder schwächen werde, antwortete er: „Das hängt davon ab, wie dieser Krieg enden wird. Wenn Putin den Krieg nicht gewinnt, wird das Regime geschwächt sein.“ Anfangs habe Putin verkündet, sein Ziel sei die „Entnazifizierung“ der Ukraine und die Einnahme von Kiew. „Wenn er also Kiew nicht erobern kann, hat er den Krieg bereits nicht gewonnen. Das Problem besteht darin: Wenn er einen Teil der Ukraine erobert, wird der Krieg nur für bestimmte Zeit aufhören – und zwar nicht lange.“
Chodorkowski war früher Chef des russischen staatlichen Ölkonzerns Yukos. Nach seinem Bruch mit Putin saß er von 2003 bis 2013 in Haft. Dann wurde er begnadigt und durfte Russland verlassen. Vor gut einer Woche hatte Russland Chodorkowski als „ausländischen Agenten“ eingestuft.
Chodorkowski warf der russischen Regierung vor, die Ukraine auszurauben. Putins Befehlshaber sagten offen: „Die Ukraine hat guten Boden und wir müssen ihn uns einfach nehmen.“ Die russischen Soldaten seien schlicht und einfach Diebe. „In Wirklichkeit ist das einfach nur ein Raubzug“, sagte Chodorkowski. Für die oberste russische Ebene sei dies eine Gelegenheit, das Geld des ukrainischen Staatshaushalts zu stehlen. Auf der mittleren Ebene wollten sie sich das Land und das Getreide unter den Nagel reißen, und auf der unteren Ebene wollten sie einfach iPads klauen. (dpa)
Europol besorgt über Waffenverbleib nach dem Krieg
Die europäische Polizeibehörde Europol ist besorgt über den Verbleib der Waffen, die aus der EU in die Ukraine gelieferten werden. „Irgendwann ist der Krieg vorbei. Wir wollen eine Situation verhindern wie vor 30 Jahren im Balkankrieg“, sagte Europol-Direktorin Catherine De Bolle der Welt am Sonntag. „Die Waffen aus diesem Krieg werden noch heute von kriminellen Gruppen genutzt.“
Europol plant daher, eine internationale Arbeitsgruppe einzurichten, um Strategien für einen Umgang mit der Situation zu entwickeln. Europol beobachte zudem verdeckte Aus- und Einreiseaktivitäten bekannter terroristischer und gewaltbereiter Extremisten zwischen der Ukraine und der EU.
„Die Situation ist hochdynamisch und fragmentiert, und wir erhalten unterschiedliche Zahlen von unseren europäischen Partnern“, sagte De Bolle. Die in die Ukraine Ausreisenden seien „eine nicht homogene Gruppe“, die sich „bezüglich ihrer Erfahrungen und Ideologien“ unterscheide. Auch ernüchterte Rückkehrer, die der Brutalität der Kriegswirklichkeit nicht gewachsen seien, würden beobachtet.
Derzeit registriert Europol zudem eine Zunahme von Cyberangriffen im Kontext des Ukraine-Krieges. Die Behörde beobachte vor allem DDoS-Angriffe, bei denen versucht werde, Internetserver durch eine künstlich erzeugte Überlastung lahmzulegen, sowie den Einsatz von Ransomware. Darunter versteht man Schadsoftware, die Dateien auf fremden Computern verschlüsselt, um eine weitere Verwendung zu verhindern. (afp)
USA wollen türkische Bedenken ausräumen
US-Außenminister Antony Blinken hat sich optimistisch gezeigt, dass die türkischen Einwände gegen einen Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens schnell ausgeräumt werden können. Er gehe davon aus, dass die Bedenken der Türkei berücksichtigt werden können, sagte Blinken am Freitag nach einem Treffen mit seinem finnischen Kollegen Pekka Haavisto. Dies könne möglicherweise bis zum Nato-Gipfel Ende Juni geschehen.
Blinken betonte, die USA unterstützten den Beitrittswunsch. „Wir freuen uns darauf, Finnland und Schweden bald unsere Verbündeten nennen zu können“, sagte er.
Beide Staaten brauchen für ihren Beitritt die Zustimmung aller derzeitigen Mitglieder. Die Türkei sperrt sich derzeit und hat Finnland und Schweden vorgeworfen, Kurden finanziell und mit Waffen zu unterstützen, die die Regierung in Ankara als Terroristen betrachtet. Außerdem hätten beide Staaten Waffenlieferungen an die Türkei beschränkt. Außenminister Mevlüt Cavusoglu forderte konkrete Schritte der Beitrittskandidaten.
Haavisto sagte in Washington, Finnland und Schweden hätten gute Verhandlungen mit der Türkei geführt. Diese sollten mit dem Ziel fortgesetzt werden, bis Ende Juni eine Lösung zu finden. Er halte die Probleme für lösbar. „Wir hoffen, dass vor dem Nato-Gipfel einige Ergebnisse erreicht werden können“, sagte er. (ap)
Christlich-orthodoxe Kirche der Ukraine kappt Verbindungen
Eine der christlich-orthodoxen Kirchen der Ukraine hat angekündigt, ihre seit Jahrhunderten bestehende Verbindung nach Russland zu kappen. Die ukrainisch-orthodoxe Kirche Moskauer Patriarchat erklärte am Freitag infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ihre „vollständige Unabhängigkeit“ von geistlichen Autoritäten in Russland.
In der Ukraine gibt es mehrere Kirchen orthodoxer Christen: Dazu gehören die ukrainisch-orthodoxe Kirche Moskauer Patriarchat und die 2018 entstandene orthodoxe Kirche der Ukraine. Die Kirche Moskauer Patriarchat war bisher Patriarch Kirill, dem Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, unterstellt.
Kirill steht treu zu Kreml-Chef Wladimir Putin und unterstützt Moskaus militärische Einsätze im Ausland. Die Gegner der russischen Armee in der Ukraine beschimpfte er als „Kräfte des Bösen“ und warf den ukrainischen Soldaten vor, die historische Einheit zwischen den beiden Ländern brechen zu wollen.
„Wir widersprechen der Position des Moskauer Patriarchen Kirill (…) zum Krieg“, erklärte die ukrainisch-orthodoxe Kirche in einer Mitteilung nach einem Konzil zu Russlands „Aggression“. Das Konzil verurteile „Krieg als Verletzung von Gottes Gebot ‚Du sollst nicht töten‘“ und drücke all jenen, die darunter litten, ihr „Beileid“ aus.
Das Konzil appellierte zudem an die Ukraine und Russland, „den Verhandlungsprozess weiterzuführen“ und einen Weg zu finden, um „das Blutvergießen zu beenden“. Kirchensprecher Erzbischof Kliment sagte, der Moskauer Patriarch Kirill habe es versäumt, „Russlands militärische Aggression zu verurteilen“ und „Worte für die leidenden Menschen in der Ukraine“ zu finden.
Die russisch-orthodoxe Kirche erklärte, sie habe „keine offizielle Erklärung der ukrainisch-orthodoxen Kirche erhalten“. Diese befinde sich „in einer sehr schwierigen Lage und stehe unter Druck aus vielen Richtungen: von den Behörden, von Intriganten, von nationalistisch gesinnten Menschen und den Medien“, schrieb der Sprecher der russisch-orthodoxen Kirche, Wladimir Legojda, im Messengerdienst Telegram. Externe Kräfte würden versuchen, „die Einheit der russisch-orthodoxen Kirche zu zerstören“.
Die ukrainische Kirche war mehr als 300 Jahre mit dem Patriarchat in Moskau verbunden. Eine Loslösung der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats wäre die dritte religiöse Abspaltung der Ukraine von Russland binnen weniger Jahre. Nach Russlands Annexion der Krim im Jahr 2014 und der anhaltenden Unterstützung Moskaus für separatistische Rebellen in der Ostukraine wurde im Dezember 2018 die von Russland unabhängige Orthodoxe Kirche in der Ukraine gegründet.
Innerhalb des anderen Zweiges, der ukrainisch-orthodoxen Kirche, hatte es danach eine weitere tiefe Spaltung gegeben: zwischen den Gläubigen Moskauer Patriarchats, die der russischen Hauptstadt treu blieben und denjeingen, die sich lossagten – und seither als Orthodoxe Kiewer Patriarchats bezeichnet werden.
Nach der russischen Invasion der Ukraine und der Unterstützung durch Patriarch Kirill war die Kirche Moskauer Patriarchats zunehmend unter Druck geraten. Hunderte Priester hatten einen offenen Brief unterschrieben, in dem sie ein religiöses Tribunal für Kirill forderten.
Das Kiewer Patriarchat – das sich Bartholomäus I., dem Patriarchen von Konstantinopel, verbunden fühlt – nannte die Unabhängigkeitsankündigung der Kirche Moskauer Patriarchat einen PR-Gag. „Sie haben Kirill nicht verurteilt, sie haben die Beziehungen zu ihm nicht gekappt“, schrieb der stellvertretende Sprecher Erzbischof Jewstratij in einem Beitrag auf Facebook. Ob die beiden Lager unter diesen Umständen wieder fusionieren können, bleibt offen. (afp)
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