+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: „Verneige mich vor eurem Mut“
Außenministerin Baerbock verspricht den ukrainischen Frauen ihre Unterstützung. Die EU-Kommission prüft den Antrag der Ukraine auf Aufnahme in den Staatenbund.
EU-Kommission soll sich zu möglichem EU-Beitritt der Ukraine äußern
Die Europäische Kommission soll eine Einschätzung zum möglichen EU-Beitritt der Ukraine, Moldau und Georgien abgeben. Darauf einigten sich Vertreter der 27 EU-Länder am Montag, wie die französische Ratspräsidentschaft am Montag bekanntgab. Die Ukraine, Moldau und Georgien hatten in der vergangenen Woche offizielle Anträge auf eine EU-Mitgliedschaft beim Rat eingereicht. Mit der Weiterleitung an die Kommission erfolgt ein erster Schritt auf dem Weg zu offiziellen Beitrittsverhandlungen. Nach Angaben eines EU-Vertreters dauert eine solche Einschätzung in der Regel ein bis anderthalb Jahre.
Der Chef des Europäischen Rats, Charles Michel, sagte, die EU wolle in den nächsten Tagen über den jüngst gestellten Beitrittsantrag der Ukraine beraten. Er könnte Thema bei einem zweitägigen informellen EU-Gipfel sein, der am Donnerstag in Versailles in Frankreich beginnt. Über einen Beitritt zur Europäischen Union entscheiden schlussendlich die EU-Länder, sie müssen einstimmig dafür sein.
Der EU-Betrittsprozess ist in der Regel enorm kompliziert und langwierig. Grundsätzlich kann nach Artikel 49 des EU-Vertrags jeder europäische Staat die Aufnahme beantragen, sofern er vorgegebene EU-Grundwerte wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit achtet. Praktisch muss zuvor aber etwa EU-Recht in nationales Recht umgesetzt werden. Selbst für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen gelten strenge Anforderungen. Derzeit gibt es schon fünf Kandidaten: Serbien, Albanien, Montenegro, Nordmazedonien und die Türkei. Deren Beitrittsverhandlungen kommen aber seit mehr als 20 Jahren nicht vom Fleck. (dpa)
Baerbock: Im Herzen sind wir bei den mutigen Frauen der Ukraine
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verspricht den ukrainischen Frauen ihre Unterstützung. „Im Herzen sind wir heute bei den mutigen Frauen der Ukraine“, sagte sie am Montag in Berlin bei einer Veranstaltung zur Geschlechtergleichstellung anlässlich des Weltfrauentags am 8. März. „Ich möchte euch sagen: Wir sehen euch. Wir stehen an eurer Seite.“ Deutschland tue alles in seiner Macht Stehende, um diesen „abscheulichen Krieg“ zu beenden.
Sie fügte mit Blick auf die „mutigen Frauen Russlands und Belarus“ hinzu: „Wir sehen auch euch. Dieser Krieg ist nicht euer Krieg. Es sind eure Söhne, die einen Kampf führen müssen, den sie sich nicht ausgesucht haben.“ Sie schaue „voller Anerkennung“ auf die vielen Frauen in Russland, „die gegen diese inakzeptable Aggression demonstrieren.“
Baerbock betonte: „Ich verneige mich vor eurem Mut.“ Anschließend diskutierte Baerbock mit der belarussischen Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja und anderen Menschenrechtlerinnen und Politikerinnen über eine stärkere Beteiligung von Frauen bei der Lösung von Konflikten. Tichanowskaja rief dazu auf, auch beim Blick auf Belarus zwischen den Menschen und der Regierung zu unterscheiden.
Die Menschen in ihrem Land wollten Frieden, nicht Krieg, betonte sie. Dennoch sei Belarus zur Ausgangsbasis für eine ungerechtfertigte Invasion geworden. An der Veranstaltung nahmen auch die sudanesische Klimaaktivistin Nisreen Elsaim, die Menschenrechtsaktivistin Nyein Chan May aus Myanmar und die ehemalige afghanische Gouverneurin Habiba Sarabi teil. (epd)
UN zählen bisher 1,7 Millionen Geflüchtete
Die Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine steigt weiter deutlich. Nach aktuellen Zahlen der UN-Flüchtlingshilfsorganisation UNHCR haben inzwischen 1,7 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen, teilte die Organisation am Montag auf Twitter mit. Das ist ein Plus von 200.000 binnen eines Tages. In den kommenden Tagen würden weitere Millionen Menschen entwurzelt, wenn dieser sinnlose Konflikt nicht sofort beendet werde. Das Bundesinnenministerium weiß nach eigenen Angaben bislang von 50.294 nach Deutschland eingereisten Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. Da es keine Grenzkontrollen gibt, kann die tatsächliche Zahl aber deutlich höher liegen. (dpa)
UN: Mindestens 1.207 zivile Opfer seit Russlands Einmarsch
Seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine sind laut den UN mindestens 1.207 Zivilisten verletzt oder getötet worden. Durch Gewalt seien 406 Menschen ums Leben gekommen, 801 hätten Verletzungen erlitten, teilte das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte am Montag in Genf mit.
Unter den Getöteten befinden sich den Angaben zufolge 27 Kinder, 42 weitere Mädchen und Jungen seien verletzt worden. Die Angaben beziehen sich laut dem Hochkommissariat auf den Zeitraum vom Beginn der russischen Invasion am 24. Februar bis zum 6. März um Mitternacht. Die tatsächliche Zahl der getöteten und verletzten Zivilisten dürfte wesentlich höher liegen.
Die meisten verletzten oder getöteten Zivilisten seien Opfer von Beschuss mit Explosivwaffen mit einem weiten Radius geworden. Die Waffen umfassten Artillerie sowie Raketenwerfer. Zudem seien Zivilisten bei Luftschlägen getroffen worden. Bei dem Beschuss von Wohngebieten und Zivilisten handelt es sich laut dem Hochkommissariat um Kriegsverbrechen. (epd)
Nawalny-Team ruft Frauen zu Protesten am Frauentag auf
Das Team des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny hat russische Frauen dazu aufgerufen, am Internationalen Frauentag an diesem Dienstag gegen die russische Invasion in der Ukraine auf die Straßen zu gehen. Um 14.00 Uhr Moskauer Zeit (12.00 Uhr MEZ) sollten Frauen auf zentralen Plätzen ihrer Heimatorte protestieren, sagte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch in einer Videobotschaft. Der Internationale Frauentag am 8. März ist in Russland ein Feiertag, an dem Frauen traditionell Blumen geschenkt bekommen.
Frauen dürften sich in diesem Krieg nicht verstecken. „Frauen verschwinden nicht, wenn der Krieg beginnt“, sagte Jarmysch. „Sie tragen im Krieg eine genauso große Last wie Männer – wenn nicht sogar eine größere.“ Am Frauentag sollten die Frauen daher zeigen, dass mit ihrer Meinung zu rechnen sei. „Wir wollen diesen Krieg nicht. Wir wollen, dass er unverzüglich beendet wird.“
Bereits am Sonntag hatte es in zahlreichen Städten Russlands Demonstrationen gegen den Krieg in der Ukraine gegeben. Dabei waren nach neuen Angaben der Bürgerrechtsorganisation Owd-Info vom Montag mehr als 5.140 Menschen in über 70 Städten festgenommen worden. In Sankt Petersburg verurteilte ein Gericht nach Angaben der Staatsagentur Tass einen US-Amerikaner zu sieben Tagen Haft wegen Teilnahme an einer nicht genehmigten Demonstration.
Auf einem Video des Nawalny-Teams war zu sehen, wie Milizionäre auch alte Frauen abführten. Insgesamt zählte die Organisation mehr als 13.400 Festnahmen bei Anti-Kriegs-Demonstrationen in Russland seit Beginn des Krieges am 24. Februar. (dpa)
Russland zahlt nur noch in Rubel an „unfreundliche Staaten“
Als Reaktion auf die Sanktionen des Westens hat die russische Regierung beschlossen, dass finanzielle Verpflichtungen bei „unfreundlichen Staaten“ nur noch in Rubel beglichen werden. Auf der am Montag bestätigten Liste stehen Deutschland und alle anderen EU-Mitglieder sowie zahlreiche weitere Länder. Darunter sind auch die Ukraine, die Schweiz, Japan, Großbritannien und Kanada sowie weitere Länder, wie die Regierung in Moskau mitteilte. Bisher standen nur die USA und Tschechien auf der Liste. Es handelt sich um eine Reaktion auf die Sanktionen der Länder gegen Russland wegen des Kriegs von Kremlchef Wladimir Putin gegen die Ukraine.
Konkret bedeutet der Schritt, dass russische Bürger, Unternehmen, der Staat selbst oder auch Kommunen Verpflichtungen in anderen Währungen nur noch in Rubel bezahlen. Zudem müssten die Staaten dafür ein Verrechnungskonto bei einer russischen Bank einrichten, heißt es. Der Westen hatte zahlreiche russische Banken mit Sanktionen belegt und zudem einen Ausschluss zahlreicher Finanzinstitute aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift beschlossen. Das erschwert Überweisungen und andere Bankgeschäfte erheblich. Russland hat nach Angaben der russischen Zentralbank Auslandsschulden von 478,2 Milliarden US-Dollar – Stand 1. Januar 2022. Der russische Rubel verzeichnet seit Tagen starke Kursverluste, auch am Montag gab er gegenüber Dollar und Euro deutlich nach.
Die russische Regierung hatte im vergangenen Jahr nach einem Erlass Putins mit der Erstellung einer Liste „unfreundlicher Staaten“ begonnen, auf der zuerst die USA und Tschechien erschienen waren. So durften die Botschaften beider Länder keine russischen Staatsbürger mehr als Mitarbeiter beschäftigen. Dadurch ist die Arbeit der diplomatischen Vertretungen, die auf russische Ortskräfte setzen, deutlich eingeschränkt. (dpa)
🐾 Sachsen kann auch anders
Keine Stadt in Deutschland ist der Ukraine so nah wie Görlitz. Zugleich ist sie AfD-Hochburg. Wie werden die ersten Geflüchteten dort empfangen? Die Reportage unserer Korrespondentin Rieke Wiemann lesen Sie hier.
Biden berät mit Scholz und anderen Verbündeten über Ukrainekrieg
US-Präsident Joe Biden berät am Montag mit europäischen Verbündeten wie Deutschland über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. An der Videoschalte um 16.30 Uhr MEZ werden Bundeskanzler Olaf Scholz, der französische Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Boris Johnson teilnehmen, wie aus Bidens aktualisiertem Tagesprogramm hervorging, das das Weiße Haus verbreitete. Thema seien „die neuesten Entwicklungen in Bezug auf Russland und die Ukraine“. Auf dem ursprünglichen Programm Bidens für Montag war der Termin zunächst nicht vermerkt gewesen. (dpa)
Flüchtlingsrat beklagt Ungleichbehandlung bei Ankommenden aus Ukraine
Der Flüchtlingsrat Berlin beobachtet bei der Behandlung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine die Entstehung einer Zwei-Klassen-Gesellschaft. Nicht-ukrainische Staatsangehörige, die vor dem Krieg geflohen sind, würden aktuell im Unterschied zu Ukrainern auf das Asylverfahren verwiesen. Auch sie müssten aber den vorübergehenden Schutz im Sinne der EU-Massenzustrom-Richtlinie erhalten, forderte Martina Mauer vom Flüchtlingsrat Berlin im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
„Es kommen viele Afghaninnen, die vor kurzem evakuiert wurden, ausländische Studierende, die dort studiert haben, Menschen, die dort im Asylverfahren waren oder dort gearbeitet haben als ausländische Fachkräfte“, sagte Maurer. Die Situation dieser Menschen sei aktuell unklar. Diese Menschen dürften nicht aus den Augen verloren werden. „Wir erleben, dass hier eine Unterscheidung zwischen Geflüchteten erster und zweiter Klasse entsteht, dass es eine unterschiedliche Art der Behandlung gibt“, beklagte Maurer.
An der polnisch-ukrainischen Grenze etwa hätten Schwarze Menschen Probleme, in Busse zu kommen, und beim Grenzübertritt. „Da muss gegengesteuert werden, sodass alle Schutz bekommen, die Schutz benötigen“, betonte die Vertreterin des Flüchtlingsrats Berlin: „Es darf bei der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen nicht mit zweierlei Maß gemessen werden.“
Mauer begrüßte die große Bereitschaft der Zivilbevölkerung, zu helfen, zu spenden und Flüchtlinge bei sich aufzunehmen. Gleichzeitig warnte sie, der Staat dürfe seine Aufgaben in dieser Lage nicht Privatleuten überlassen: „Berlin ist an der Kapazitätsgrenze angelangt. Viele Menschen sind auf private Übernachtungsmöglichkeiten angewiesen.“ Auch der Senat verweise auf Bettenbörsen. Man könne sich nicht darauf verlassen, dass alle Angebote seriös seien: „Wir sehen mit Skepsis, dass da eine Tür für Missbrauch geöffnet wird.“ Private Bettenbörsen könnten nur ein zusätzliches Angebot sein. Überdies seien Kontrollmechanismen und eine Registrierung erforderlich: „Das kann nicht mal eben so am Bahnhof auf Zuruf stattfinden.“
Der Flüchtlingsrat befürchtet überdies, dass die Lage von Geflüchteten aus anderen Ländern in Vergessenheit gerät. Die Ausländerbehörde sei seit dem Beginn der Pandemie völlig überlastet. Wer dort seinen Aufenthaltstitel verlängern lassen oder eine Arbeitserlaubnis beantragen wolle, warte mitunter Monate auf einen Termin zur Vorsprache: „Da braucht es dringend eine schnelle pragmatische Lösung.“ (epd)
Zahl ukrainischer Geflüchteter in Deutschland auf über 50.000 gestiegen
Die Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland ist auf über 50.000 gestiegen. Bei Kontrollen und an Bahnhöfen wurden bis Montagvormittag 50.294 Menschen aus dem Kriegsgebiet registriert, wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin sagte. Allein der Bund wolle deshalb kurzfristig 5.000 zusätzliche Unterkunftsplätze schaffen. Der Großteil wird über die Länder untergebracht.
„Alle Bundesländer haben Unterstützung angeboten, und das wirklich sozusagen von der ersten Minute an“, sagte der Sprecher weiter. Die Verteilung der Geflüchteten, von denen ein großer Teil in Berlin ankommt, müsse nun bestmöglich koordiniert werden. Angesichts der gefährlichen und dynamischen Lage in der Ukraine lasse sich nur schwer vorhersagen, wieviele Geflüchtete noch nach Deutschland kommen könnten.
Der Sprecher verwies darauf, dass ein großer Teil der ukrainischen Geflüchteten biometrische Pässe habe und daher visafrei einreisen dürfe. Sie haben in Deutschland Anspruch auf vorübergehenden Schutz, das gilt auch für Drittstaatler, die zuletzt in der Ukraine gelebt haben.
Um zu verhindern, dass andere Drittstaatler nach Deutschland einreisen, sei die Bundespolizei in der Grenzregion zu Polen mit deutlich verstärkten Kräften unterwegs. Im Moment kämen aber „ganz überwiegend Frauen und Kinder aus der Ukraine“ an, betonte der Sprecher. „Da geht es natürlich darum, jetzt ganz schnell und unbürokratisch zu helfen.“ (afp)
Türkei: Gespräch zwischen Lawrow und Kuleba geplant
Die Außenminister Russlands und der Ukraine kommen nach Angaben aus Moskau und Ankara am Donnerstag für Gespräche in der Türkei zusammen. Das Treffen von Sergej Lawrow und Dmytro Kuleba werde am Rande einer Konferenz in Antalya stattfinden, erklärte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu am Montag auf Twitter. Die Regierung in Moskau bestätigte dies nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen. (afp)
Waffenexporte von Ungarn aus in die Ukraine per Dekret verboten
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán erklärt via Facebook, per Dekret werden Waffenexporte von Ungarn aus in die Ukraine verboten. Damit setzt sich Orban von mehreren EU-Ländern ab, darunter Deutschland, die mit Rüstungsgütern die ukrainische Armee unterstützen. Gegen die europäischen Sanktionen gegen Russland hatte Ungarn vergangene Woche kein Veto eingelegt, Orban hatte den Angriff auf die Ukraine verurteilt. (rtr)
Ukraine fordert von UN-Gericht: Stoppt Gewalt Russlands
Vor dem Hintergrund heftiger russischer Angriffe hat die Ukraine den Internationalen Gerichtshof dringend aufgerufen, alles zu tun, um die Gewalt zu stoppen. „Russland verübt Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, sagte der Vertreter der Ukraine, Anton Korynevych, am Montag in Den Haag. „Russland muss gestoppt werden.“
Zum ersten Mal seit der Invasion in die Ukraine muss sich Russland vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen wegen der Verletzung der Völkermord-Konvention von 1948 verantworten. Doch Russland verweigert die Teilnahme an der Anhörung, wie die Vorsitzende Richterin Joan Donoghue zu Beginn der Sitzung mitteilte. Der Vertreter der Ukraine sprach von einer Missachtung des internationalen Rechts. „Sie sind nicht hier im Gerichtssaal, sie sind auf den Schlachtfeldern. … So lösen sie Konflikte.“
Im Friedenspalast in Den Haag werden zunächst die Rechtsvertreter der Ukraine ihren Fall darlegen. Ein Vertreter Russlands sollte am Dienstag das Wort ergreifen. Wann ein Urteil erfolgt, steht noch nicht fest. Urteile des Gerichts sind zwar bindend. Doch das Gericht besitzt keine Machtmittel, um einen unterlegenen Staat zu zwingen, das Urteil auch umzusetzen.
Die Ukraine ruft das UN-Gericht auf zu erklären, dass Russland keine rechtliche Grundlage für die Invasion hat. Russland hatte den Krieg mit der unbewiesenen Behauptung gerechtfertigt, dass Russen vor einem Völkermord geschützt werden müssten. „Das ist eine schreckliche Lüge Putins“, sagte Korynevych. (dpa)
Gedenkstätte „Haus der Wannseekonferenz“ sammelt Spenden
Eigentlich sollte die Berliner Gedenkstätte „Haus der Wannseekonferenz“ am Dienstag wegen des Frauentag-Feiertags geschlossen bleiben. Wegen des Kriegs gegen die Ukraine wird nun aber geöffnet: aus Solidarität mit den ukrainischen Partnern der Gedenkstätte. An diesem Tag will die Gedenkstätte, die an die Organisation des Holocaust vor 80 Jahren erinnert, Spenden für ihre ihre Partnerorganisationen sammeln – das Ukraine Center for Holocaust Studies und das Jewish Forum of Ukraine. Der Eintritt in die Gedenkstätte ist frei, Spenden werden dringend erbeten. (taz)
Russische Delegation wohl in Brest eingetroffen
Die russische Delegation ist einem Agenturbericht zufolge zu neuen Verhandlungen mit der Ukraine in der belarussischen Stadt Brest eingetroffen. Die russische Nachrichtenagentur RIA beruft sich bei ihrer Meldung auf den Internetdienst Flightradar. Den genauen Ort und Zeitpunkt des geplanten Treffens hatten Russland und die Ukraine vorab nicht mitgeteilt. (rtr)
Kiew lehnt humanitäre Korridore nach Belarus und Russland ab
Kiew hat eine Evakuierung von Zivilisten über humanitäre Korridore nach Belarus und Russland abgelehnt. „Das ist keine akzeptable Option“, erklärte die stellvertretende ukrainische Regierungschefin Iryna Wereschtschuk am Montag. Die Zivilisten würden „nicht nach Belarus gehen, um dann nach Russland zu fliegen“, betonte sie.
Die russische Armee hatte am Montagmorgen die Öffnung mehrerer humanitärer Korridore angekündigt, über die Menschen aus den Städten Kiew, Charkiw, Mariupol und Sumy in Sicherheit gebracht werden sollten. Dazu sollten in den umkämpften Städten Feuerpausen gelten.
Die russische Armee erklärte, sie werde einen Korridor zwischen der ukrainischen Hauptstadt Kiew und der belarussischen Stadt Gomel öffnen, die nahe der Grenze zur Ukraine liegt. Zwei weitere Korridore sollen demnach von Mariupol entweder in Richtung Russland nach Rostow-am-Don oder nach Westen in die ukrainische Stadt Saporischschja führen. Einen vierten Korridor solle es zwischen Charkiw und der russischen Stadt Belgorod geben. Schließlich sollten von Sumy zwei Korridore entweder nach Belgorod oder ins ukrainische Poltawa führen.
In der strategisch wichtigen Hafenstadt Mariupol war am Sonntag ein zweiter Versuch einer Evakuierung der Zivilbevölkerung gescheitert. (afp)
Preis für Erdgas in Europa schnellt um 60 Prozent in die Höhe
Der Preis für Erdgas in Europa hat angesichts des fortgesetzten russischen Angriffs auf die Ukraine und der Wirtschaftssanktionen gegen Moskau neue Höchststände erreicht. Am Montag wurde am wichtigen niederländischen Handelspunkt TTF eine Megawattstunde zeitweilig für 345 Euro gehandelt – ein Plus von rund 60 Prozent. Zuvor war wegen zunehmender Befürchtungen vor den negativen Folgen für die Energieversorgung bereits der Ölpreis in die Höhe geschnellt. (afp)
🐾 Ausgelöschte Geschichte
Putin deutet „Nazismus“ zu einem Kampf- und Feindbegriff um. NS-Gedenkinitiativen und Überlebende des Naziterrors sollten sich dagegen wehren, meint unser Redakteur Klaus Hillenbrand. Seinen Kommentar lesen Sie hier.
Gemeindevorsteher von Hostomel bei Kiew getötet
In der Ukraine ist der Gemeindevorsteher von Hostomel nach Angaben der örtlichen Behörden getötet worden. Russische Truppen hätten Jurij Prylypko gezielt erschossen, teilte der Gemeinderat am Montag bei Facebook mit. „Er starb bei der Ausgabe von Brot an Hungrige und Arzneien an Kranke.“ Mit ihm seien zwei weitere Helfer getötet worden. Von russischer Seite gab es dazu keine Reaktion. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.
Das nordwestlich der Hauptstadt Kiew gelegene Hostomel mit dem nahen Flugplatz ist seit Beginn des Kriegs umkämpft. Der Großteil der ursprünglich 16.000 Einwohner ist geflohen. Den Verbliebenen droht aufgrund der fortgesetzten Kämpfe eine humanitäre Katastrophe. Russland hatte das Nachbarland Ukraine vor etwa anderthalb Wochen angegriffen. (dpa)
Chinas Außenminister bietet Vermittlung an
Im Ukrainekrieg hat China sich als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine angeboten. Peking sei bereit, mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten, um „die notwendige Vermittlung“ zu gewährleisten, sagte der chinesische Außenminister Wang Yi am Montag vor Journalisten. Zugleich betonte er, die Freundschaft seines Landes zu Russland sei „felsenfest“. „Die Aussichten für die künftige Zusammenarbeit beider Seiten sind sehr groß“, fügte Wang hinzu.
Peking vollzieht im Umgang mit dem Ukrainekrieg eine Gratwanderung: Zum einen steht es an der Seite Russlands und hat den Krieg nicht verurteilt. Zum anderen betont China auch die Unantastbarkeit der staatlichen Souveränität und hat Moskau keine direkte Unterstützung zugesagt. Die chinesische Regierung dementierte kürzlich einen US-Bericht, wonach sie Russland um eine Aufschiebung des Einmarsches in die Ukraine bis nach den Olympischen Winterspielen gebeten habe. (afp)
🐾 Russland kündigt neuen Anlauf für Fluchtkorridore in der Ukraine an
Russland hat einen neuen Anlauf für die Einrichtung von Fluchtkorridoren für Zivilsten in mehreren ukrainischen Städten angekündigt. Dafür sei ab 08.00 Uhr eine Feuerpause geplant, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Montag mit. Neben der Hauptstadt Kiew seien derartige Passagen auch für Charkiw, Mariupol und Sumy geplant. Im ganzen Land wurden die schweren Kämpfe zwischen russischer Armee und ukrainischen Truppen am zwölften Tag der Invasion fortgesetzt.
Russland komme mit den angekündigten humanitären Korridoren einem persönlichen Ersuchen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron nach, erklärte das Verteidigungsministerium. Die russische Nachrichtenagentur RIA berichtete, der Fluchtweg für die Kiewer Bevölkerung solle nach Belarus führen, der für Charkiw nach Russland. Die Korridore für Mariupol und Sumy sollten in andere ukrainische Regionen und nach Russland führen. Die überwältigende Mehrheit der bislang rund 1,5 Millionen Menschen auf der Flucht will in westliche Länder gelangen.
Am Wochenende war zweimal die Schaffung eines humanitären Korridors für rund 200.000 Menschen aus dem umzingelten Mariupol gescheitert. Russland und die Ukraine gaben sich dafür gegenseitig die Schuld. In der Ukraine und im Westen wird befürchtet, dass die Angriffe mit Raketen und Granaten auf die Städte zunehmen werden.
Für diesen Montag ist nach Angaben des ukrainischen Unterhändlers David Arachamia eine dritte Gesprächsrunde mit Russland über eine Waffenruhe geplant. Der russische Präsident Wladimir Putin ließ am Wochenende keine Anzeichen für ein Einlenken erkennen. „Es ist zu hoffen, dass die Vertreter der Ukraine bei der geplanten nächsten Runde von Verhandlungen einen konstruktiveren Ansatz zeigen, (und) die neu entstehende Realität voll berücksichtigen“, erklärte er nach Angaben des Präsidialamtes. Russland bezeichnet sein Vorgehen als „Spezialoperation“. Ziel sei nicht die Besetzung der Ukraine, sondern die Zerstörung der militärischen Kapazitäten der Ukraine sowie die Festnahme als gefährlich eingestufter Nationalisten. Auch die Regierung in Kiew zeigte sich bislang nicht bereit, den russischen Forderungen nachzugeben. (rtr) Anna Murlykina berichtet für die taz aus Mariupol.
Söder: Brauchen eine „absolute Energiepreisbremse“
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat wegen der hohen Spritpreise eine Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Energie ins Gespräch gebraucht. Man brauche eine „absolute Energiepreisbremse“, sagt er im ZDF angesichts des Anstiegs der Preise für Öl, Gas und Benzin. „Deswegen sollte die Mehrwertsteuer so weit reduziert werden, wie es geht und vielleicht sogar mit Zustimmung der Europäischen Union auf null reduziert werden.“ Der CSU-Chef äußert sich skeptisch zu Forderungen, nun auf Energieimporte aus Russland zu verzichten, weil die Preise jetzt schon explodierten. Auch die USA bezögen im übrigen sehr viel Öl aus Russland.
Selenksi warnt vor bevorstehenden Angriffen auf Odessa
Am Wochenende warnte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski vor bevorstehenden Raketenangriffen auf die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer. Die russische Armee versuchte, weiter auf die Hauptstadt Kiew vorzurücken und diese einzukreisen. Britischen Geheimdienstkreisen zufolge griffen die Russen ähnlich wie in Syrien oder im Tschetschenienkrieg dicht besiedelte Gebiete an. Der ukrainische Widerstand verzögere jedoch den Vormarsch der russischen Truppen weiter. Russland bestreitet, Zivilisten ins Visier zu nehmen.
Die Ukraine meldete, bislang seien rund 11.000 russische Soldaten getötet und 88 russische Flugzeuge und Hubschrauber abgeschossen worden. Über eigene Verluste machte die Regierung in Kiew keine Angaben. Reuters konnte die Angaben der beiden Kriegsseiten nicht überprüfen. Nach UN-Angaben sind bislang mindestens 350 Zivilisten bei den Kämpfen gestorben, Hunderte wurden verletzt.
Am Wochenende liefen auch die internationalen Bemühungen um eine Feuerpause auf Hochtouren. Israels Ministerpräsident Naftali Bennett, den die Ukraine um Vermittlung gebeten hatte, sprach am Samstag überraschend drei Stunden mit dem russischen Präsidenten in Moskau. Anschließend flog er nach Berlin zu Kanzler Olaf Scholz. Am Sonntag telefonierte er nach russischen Angaben erneut mit Putin. Mit Selenski sprach er nach israelischen Angaben am Wochenende dreimal. Zudem telefonierte er am Sonntag mit Scholz und mit Macron. Auch Macron und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatten Gespräche mit Putin geführt. Ein greifbares Ergebnis der Krisendiplomatie lag zunächst jedoch nicht vor. (rtr)
Lindner erwartet rasche Integration von Geflüchteten
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) geht davon aus, dass die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine leichter zu bewältigen ist als der verstärkte Flüchtlingszuzug 2015. „Es ist zu erwarten, dass die Geflüchteten aus der Ukraine aufgrund ihrer Qualifikationen schnell und gut integriert werden können“, sagte Lindner dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Montag). „Nach heutigem Stand werden die sozialen Folgen andere sein als bei der Flüchtlingskrise 2015.“
Im Zentrum stünden zunächst Schutz und Zuwendung für die Geflüchteten, erklärte der Finanzminister. „Aber wir sollten den Menschen sofort auch Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt geben“, fügte er hinzu. „Es ist unsere zivilisatorische Verpflichtung, die Menschen aufzunehmen, die bei uns Schutz suchen“, betonte Lindner. Bund und Länder stünden hier in gemeinsamer Verantwortung. (ep)
🐾 Schröder, antreten, sofort!
Ex-Kanzler Gerhard Schröder macht sich wegen seiner Verbindungen nach Russland unbeliebt. Dabei könnte er versuchen, Putin zur Vernunft zu bringen. Den Kommentar von taz-Redakteur Gereon Asmuth finden Sie hier.
Ukraine meldet heftigen russischen Beschuss mehrerer Städte
Russische Invasionstruppen haben nach ukrainischen Angaben ihren Beschuss von Städten im Norden, Osten und Süden des Landes verschärft. Dazu zählten die Außenbezirke der Hauptstadt Kiew, Tschernihiw im Norden, Mykolajiw im Süden und Charkiw im Osten, sagte Präsidentenberater Oleksiy Arestowitsch im ukrainischen Fernsehen. „Die jüngste Welle von Raketenangriffen kam bei Einbruch der Dunkelheit“, berichtete er.
Aus Charkiw, der zweitgrößten Stadt des Landes hieß es, der Fernsehturm sei beschädigt worden und schwere Artillerie treffe Wohngebiete. Aus Tschernihiw war zu hören, alle Bereiche der Stadt seien Raketenangriffen ausgesetzt. Die Lage in den Kiewer Vorstädten Butscha, Hostomel und Irpin sei katastrophal, sagte Arestowitsch. Versuche, Einwohner am Sonntag von dort in Sicherheit zu bringen, waren weitgehend gescheitert. Die Regierung versuche alles in ihrer Macht Stehende, die Evakuierungen wieder aufzunehmen, sagte er. Ähnliche Aktionen waren auch in Mariupol im Süden und Wolnowacha im Osten wegen fortdauernden Beschusses gescheitert.
„Dies dürfte der Versuch sein, die Moral der Ukrainer zu brechen“, erklärte das britische Verteidigungsministerium zur russischen Taktik am Beginn des zwölften Kriegstages. Der russische Plan, die Ukraine schnell zu überrennen, ist am heftigen Widerstand der Verteidiger gescheitert. Die Invasoren verzeichnen zwar Geländegewinne im Süden entlang der Küste, doch viele ihrer Angriffe sind steckengeblieben. Das zeigt sich unter anderem an einem Dutzende Kilometer langen Militärkonvoi nördlich von Kiew, der nach US-Angaben seit Tagen kaum von der Stelle kommt.
In Mariupol am Asowschen Meer wurde ein Waffenstillstand zur Evakuierung von Zivilisten und Verletzten nicht eingehalten. Der geplante humanitäre Korridor sei durch russische Angriffe blockiert, erklärten ukrainische Regierungsvertreter. Für Montag waren erneute Gespräche zwischen Vertretern Russlands und der Ukraine geplant. (ap)
Selenski ruft zum Widerstand auf
Das russische Verteidigungsministerium warf den ukrainischen Truppen vor, diese planten einen Versuchsreaktor in Charkiw zu sprengen und dann einem russischen Raketenangriff die Schuld für die Detonation zu geben. Beweise legte das Ministerium nicht vor, doch hatte Putin bereits den Brand im größten Atomkraftwerk Europas in Saporischdschja vergangene Woche als von ukrainischen Extremisten geplante Provokation bezeichnet. Die Ukraine führte ihn auf eine russische Rakete zurück.
Putin behauptete am Wochenende, ein Ende der Kämpfe hänge allein von der Ukraine ab. Die Regierung in Kiew müsse ihre Feindseligkeiten beenden und seine Forderungen erfüllen. Dazu zählt Putin eine Neutralisierung und „Entnazifizierung“ des Landes. Letzteres meint offensichtlich den Sturz der Regierung des aus einer jüdischen Familie stammenden Präsidenten Wolodymyr Selenski. Putin drohte, weiterer Widerstand gefährde den Fortbestand der Ukraine. „Wenn sie so weitermachen wie bisher, stellen sie die Zukunft der ukrainischen Staatlichkeit in Frage“, sagte er mit Blick auf die ukrainische Führung. „Und wenn dies geschieht, werden sie es selbst zu verantworten haben.“
Nach einer Einschätzung aus dem US-Verteidigungsministerium hat Russland mittlerweile 95 Prozent seiner für die Ukraine vorgesehenen Streitmacht in das Land einrücken lassen. Die Angreifer versuchten, Kiew, Charkiw und Tschernihiw einzukesseln, stießen jedoch auf heftigen Widerstand, sagte eine Quelle, die nicht genannt werden wollte.
Selenski rief seine Landsleute zu fortgesetztem Widerstand auf. „Ihr solltet kämpfen!“, sagte er am Samstag im ukrainischen Fernsehen. „Es ist notwendig, hinauszugehen und dieses Übel aus unseren Städten und aus unserem Land zu vertreiben.“ (ap)
Netflix stoppt Russland-Geschäft
Nach der russischen Invasion in die Ukraine stellt Netflix den Betrieb in Russland ein. Bereits vor einigen Tagen hatte der Videostreaming-Riese angekündigt, er werde entgegen den Vorschriften keine russischen TV-Sender über die Plattform verfügbar machen. Jetzt zieht der US-Konzern den Stecker: Angesichts der Situation werde der Dienst ausgesetzt, sagte eine Netflix-Sprecherin. Bisherige Kunden werden den Dienst noch schauen können, bis die nächste monatliche Zahlung fällig wird. (dpa)
Tiktok schränkt Funktionen in Russland ein
Tiktok schränkt den Dienst in Russland ein, da nach einer Gesetzesänderung Gefängnisstrafen für Äußerungen drohen, die von der offiziellen Darstellung des Krieges in der Ukraine abweichen. Nutzer in Russland werden nicht mehr live streamen und neue Inhalte in den Videodienst hochladen können. Man habe angesichts der neuen Gesetzeslage keine andere Wahl, schrieb Tiktok bei Twitter. Nach der Gesetzesänderung von Freitag kann die Verbreitung angeblicher Falschinformationen über russische Streitkräfte mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden. (dpa)
Die Entwicklungen im Ukrainekrieg vom Sonntag, 6. März, lesen Sie hier.
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