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+++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++Raketen auf die Krim und Charkiw

Der Beschuss zwischen Russland und der Ukraine eskaliert weiter. Die EU bringt weitere Milliardenhilfen für die Ukraine auf den Weg.

Sewastopol: Russische Kriegsschiffe im Hafen der Schwarzmeerflotte auf der besetzten Krim Foto: dpa

Milliardenhilfe für die Ukraine, Sanktionen gegen Russland

Die EU bringt gegen den Willen der ungarischen Regierung rund 1,4 Milliarden Euro für Militärhilfen für die Ukraine auf den Weg. Bei einem Außenministertreffen in Luxemburg sei das geplante Verfahren dafür am Montag gebilligt worden, bestätigten mehrere Diplomaten.

Die EU geht zudem erstmals mit weitreichenden Sanktionen gegen Russlands milliardenschwere Geschäfte mit Flüssigerdgas (LNG) vor. Die Außenminister billigten die Sanktionen am Montag zusammen mit weiteren neuen Strafmaßnahmen wegen des russischen Angriffskriegs. Außenministerin Annalena Baerbock bezeichnete das Paket als Teil der entschlossenen Unterstützung für die Ukraine. Russlands Präsident Wladimir Putin habe das Land und die europäische Friedensordnung brechen wollen, sagte die Grünen-Politikerin. Erreicht habe er aber das Gegenteil.

Die Sanktionen gegen die Geschäfte mit LNG sehen vor, dass Häfen wie der im belgischen Zeebrugge künftig nicht mehr zur Verschiffung von russischem LNG in Drittstaaten genutzt werden dürfen. Dies soll dazu führen, dass Russland wegen mangelnder Transportkapazitäten weniger Flüssigerdgas verkaufen kann und weniger Gewinne erzielt, die für die Fortsetzung des Angriffskriegs gegen die Ukraine verwendet werden könnten. (dpa)

Raketenangriffe auf die Krim

Die Ukraine hat in der Nacht erneut Ziele auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim mit Raketen angegriffen. In der Hafenstadt Jewpatorija habe es mehrere Explosionen gegeben, berichtete die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform in der Nacht zum Montag. Auch die Behörden der Hafenstadt Sewastopol gaben – im Gegensatz zu den Angriffen am Tag – Luftalarm.

Die Folgen der Angriffe sind unklar. Mehrere Medien veröffentlichten Videos und Bilder von Bränden. Berichte über angeblich getroffene militärische Anlagen wurden allerdings bislang weder von der ukrainischen noch von der russischen Seiten bestätigt.

Die Krim dient der russischen Armee als wichtiges Aufmarschgebiet für ihren Angriffskrieg gegen die Ukraine. Zudem beherbergt die bereits 2014 von Moskau annektierte Halbinsel die russische Schwarzmeerflotte und eine Reihe von Stützpunkten, von wo aus die russische Luftwaffe Angriffe gegen die Ukraine fliegt. Die Krim ist daher in den letzten Monaten verstärkt zum Ziel auch ukrainischer Attacken geworden. (dpa)

Viele Verletzte bei Angriff auf Sewastopol

Erst am Sonntag war die Hafenstadt Sewastopol mit Raketen vom Typ ATACMS angegriffen worden. Eine von der russischen Flugabwehr abgefangene Rakete explodierte über einem der Stadtstrände. Bei der Explosion wurden vier Menschen getötet, darunter zwei Kinder. Die Zahl der Verletzten stieg bis zum Abend offiziellen russischen Angaben zufolge auf 151.

In Moskau war von einem gezielten Terroranschlag die Rede. Das russische Verteidigungsministerium, das zunächst den Abschuss aller ukrainischen Raketen für sich in Anspruch genommen hatte und die Explosion am Strand mit der von der Flugabwehr herbeigeführten Kursänderung einer Rakete erklärte, widerrief diese Aussage später. Stattdessen seien nur vier der fünf Raketen abgefangen worden, die fünfte hätten die Ukrainer bewusst über dem Strand explodieren lassen. Das Militär in Moskau kündigte Vergeltung an. (dpa)

Toter und ein Dutzend Verletzte bei Angriffen auf Charkiw in Ukraine

Russland hat einmal mehr die Großstadt Charkiw im Nordosten der Ukraine unter Beschuss genommen. Bei dem Angriff mit Gleitbomben ist mindestens ein Mensch ums Leben gekommen, etwa ein Dutzend wurde verletzt. Zwei der Verletzten seien minderjährig, teilte Charkiws Militärgouverneur Oleh Synjehubow auf Telegram mit. Bei dem Toten soll es sich um einen 73-jährigen Mann handeln. Synjehubows Angaben zufolge gab es drei Einschläge in mehreren dicht besiedelten Stadtvierteln. Die Schäden seien gewaltig, mehrere Hochhäuser seien schwer beschädigt.

In der Nacht zum Montag erschütterten mehrere Explosionen die Vororte von Charkiw, wie das ukrainische Fernsehen berichtete. Nähere Angaben lagen zunächst nicht vor. (dpa)

Selenskyj fordert weiterreichende Waffen und Einsatzerlaubnis

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vom Westen weiter reichende Waffen und die Erlaubnis zu Schlägen tief in russisches Gebiet hinein gefordert. „Die russische Luftwaffe muss vernichtet werden, da wo sie ist und mit allen nur möglichen Mitteln, die effektiv sind“, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Kiew arbeite mit seinen westlichen Partnern an einer entsprechenden Entscheidung.

Das jüngst von westlichen Staaten aufgehobene Verbot, mit den gelieferten Waffen grenznahes russisches Gebiet zu beschießen, habe bereits Resultate gebracht. Ein „Teil des russischen Terrorpotenzials“ sei zerstört, allerdings nur ein Teil. Es sei nötig, die Ukrainer besser zu schützen. „Dazu brauchen wir weiter reichende Waffen.“ Auch dazu werde weiter verhandelt. Selenskyj erwartet eigenen Angaben nach in den nächsten Wochen weitere Fortschritte auf dem Gebiet. (dpa)

Russland: Anschläge in Dagestan

Derweil wurde Russland im Kaukasus von einer Anschlagsserie erschüttert. Erst nach mehreren Stunden konnte die Polizei in der islamisch geprägten russischen Teilrepublik Dagestan im Nordkaukasus die Attentäter, die Synagogen, Kirchen und einen Polizeiposten angegriffen hatten, ausschalten. „Die Einsatzkräfte und Sicherheitsorgane haben schnell reagiert, aber leider ist es nicht ohne Opfer abgelaufen“, sagte der Bürgermeister von Machatschkala Jussup Umawow.

Insgesamt haben die Terroristen nach Angaben der Behörden zehn Menschen getötet, darunter acht Polizisten. Weitere 16 Personen mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Mindestens sechs Attentäter seien getötet worden, berichten russische Medien unter Berufung auf die Polizei.

Am Abend wurden parallel Angriffe in der südrussischen Stadt Derbent und in Dagestans Gebietshauptstadt Machatschkala gemeldet. In beiden Städten seien Synagogen attackiert worden, teilte der Russische Jüdische Kongress mit. In Derbent wurde die Synagoge durch einen Brand schwer beschädigt. Angegriffen wurden zudem zwei orthodoxe Kirchen, dort kamen auch ein Priester und ein Wachmann ums Leben. Ein weiteres Ziel der Angreifer war ein Polizeiposten in Machatschkala. (dpa)

Weitere Sanktionen gegen Russland

Beim Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg wollen die Minister einen Beschluss für weitere Sanktionen gegen Russland fassen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow ist derweil zu Gesprächen in Minsk. Dabei soll er auch Moskaus engsten Verbündeten, Belarus' Machthaber Alexander Lukaschenko treffen. (dpa)

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12 Kommentare

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  • Das die Ukrainer gezielt den Strand angegriffen hätten ist natürlich Humbug. Dennoch zeigt sich, dass selbst bei bestem Handeln, die Verwendung von Streumunitionsgefechtsköpfen (Atacams variante), zu erheblichen Gefahren für Civilisten führt.

    Es zeigt sich einmal mehr, ein krieg führt immer zu Civilen Opfern, ein "sauberer Krieg" wie er von manchen Pressesprechern postuliert, und von manchen Journalisten gegenüber Konfliktparteien gefordert wird, existiert nicht!

    • @Berglandraupe:

      Niemand behauptet, es gäbe einen sauberen Krieg. Das ist eine Nebelkerze.

      Im übrigen könnte Russland den Krieg noch heute beenden.

    • @Berglandraupe:

      Darum führt man am besten auch keinen Krieg. Aber Putler hat mittlerweile ganz Russland aufgesetzt, so dass selbst Russen Russland deutschen dringend von einem Besuch in Russland abraten.



      Urlaub in einem Kriegsgebiet muss man sich sorgfältig überlegen, insbesondere, wenn man noch Kinder mitnimmt. So viel Selbstverantwortung muss sein. Auch in Russland.

    • @Berglandraupe:

      "ein "sauberer Krieg" ... existiert nicht!"



      Insbesondere dann nicht, wenn eine der Kriegsparteien es offensichtlich auf zivile Ziele abgesehen hat.

      • @Encantado:

        Und insbesondere nicht, wenn beide Seiten auch bereit sind international geächtete Streumunition einzusetzen (in Fall der Ukraine sogar gegen die eigene Bevölkerung, auch wenn ich hier kein Absicht bzgl der Toten unterstellen möchte).

        • @Alexander Schulz:

          Es war keine Streumunition sondern eine Rakete mit zielsuchender submunition. Und die Ukrainene setzt sie gegen die Russische Armee ein, dabeib geraten auch ukrainische Zivilisten manchmal unter Feuer aber das ist etwas anderes als zu sagen sie setzt sie "gegen die eigene Bevölkerung ein" dies impliziert Intention.

          • @Machiavelli:

            Der Kommentator ist dafür bekannt, stets die für die Ukraine unvorteilhafteste und für Russland schonendste Interpretation der Fakten zu wählen. Immer wieder wird suggeriert, die Ukraine habe unseren Beistand nicht verdient.

            • @Suryo:

              Das ist doch absurd. Im Gegenteil ich plädiere für mehr Empathie, aber auch Ehrlichkeit mit den Menschen in der Ukraine. Wie kann man denn ihrer Meinung die unbeabsichtigte Tötung und Verletzung von Zivilisten "positiver" interpretieren?

            • @Suryo:

              Ich weiß aber Fakten sind heilig auch im Internet

              • @Machiavelli:

                Natürlich darf die Ukraine sich verteidigen, ob dabei Angriffe wie oben erwähnter notwendig ist, sehe ich jedoch sehr kritisch. Ich auch nochmal an den unbequemen Fakt erinnern, dass die Ukraine schon seit Kriegsbeginn Streumunition einsetzt und bereit ist ihre Bevölkerung einem enormen Risiko auszusetzen. Ich sehe diesen Ansatz sehr kritisch.



                Das mag von Russland erwarten, jedoch wäre von der Ukraine eine andere Strategie wünschenswert.

                www.nytimes.com/20...ter-munitions.html

                • @Alexander Schulz:

                  "ob dabei Angriffe wie oben erwähnter notwendig ist, "



                  Ob, bzw. warum es für die Russen "notwendig" ist, mit staatlich subventionierten Lockangeboten propagandaverblödete Bürger dazu zu bringen, mitten im Kriegsgebiet Strandurlaub zu machen, fragen Sie sich hoffentlich auch.



                  Keine 1000 m von diesem Strand entfernt befindet sich der Stützpunkt einer russischen Luftabwehreinheit, die wohl das eigentliche Ziel dieses Angriffs war.



                  Die Russen missbrauchen in maximalst zynischer Weise ihre eigenen Bürger als lebende Schutzschilde.



                  Der bekannte russische Journalist Plyushev (ehemals "Echo Moskau", jetzt im Exil) hat anlässlich dieses Vorfalls berichtet, dass der russische Staat bei den seit Kriegsbeginn schwächelnden Tourismusunternehmen, die auf der Krim aktiv sind, Übernachtungskontingente massenhaft kauft. Diese Urlaube werden dann im ganzen Land "Bedürftigen" kostenlos oder vergünstigt angeboten. Mutter-Kind-Kur, Reha, und dergleichen: Entweder man fährt auf die Krim, oder es gibt keinen Urlaub.



                  "Die russische Regierung sieht keinen Grund, die Urlaubssaison auf der Krim für beendet zu erklären". Offizielles Statement von Putins Pressesprecher Peskow.

  • "....widerrief diese Aussage später. Stattdessen seien nur vier der fünf Raketen abgefangen worden, die fünfte hätten die Ukrainer bewusst über dem Strand explodieren lassen"

    Das russische Regime schämt sich mittlerweile gar nicht mehr für seine Lügen. Es erzählt sie augenzwinkernd und höhnisch grinsend.