+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Moskau lehnt Waffenruhe ab und kritisiert Europa
Nach dem Besuch europäischer Staats- und Regierungschefs in Kyjiw macht Außenminister Andrij Sybiha Russland ein neues Angebot. Aus dem Kreml setzt es wüste Beschimpfungen.

Kreml kritisiert „konfrontative“ Haltung der Europäer
Nach dem Aufruf zu einer 30-tägigen Ukraine-Waffenruhe ab Montag hat der Kreml den Europäern eine konfrontative Haltung vorgeworfen. Von Europa gebe es „widersprüchliche Erklärungen“, die „generell eher auf Konfrontation ausgerichtet sind als auf Versuche, unsere Beziehungen auf die ein oder andere Weise wiederzubeleben“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Samstag in Moskau. Auf die Forderung der Europäer nach einer bedingungslosen 30-tägigen Waffenruhe in der Ukraine bereits ab Montag ging der Sprecher von Präsident Wladimir Putin nicht direkt ein. (afp)
Moskau lehnt Waffenruhe ab
In Moskau ist die ukrainische Forderung nach einer 30-tägigen Waffenruhe von diesem Montag an auf Ablehnung gestoßen. Sie könnten sich ihre Friedenspläne „in den Hintern“ schieben, schrieb der Vizechef des russischen nationalen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, auf Englisch auf der Plattform X. Der frühere Kremlchef äußerte sich in vulgärer Sprache zum Treffen der „Koalition der Willigen“ in Kiew, darunter auch Kanzler Friedrich Merz (CDU).
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte bei den Gesprächen mit Merz, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Keir Starmer und dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk Sanktionen an, sollte Russland der Waffenruhe ab Montag nicht zustimmen.
„Macron, Merz, Starmer und Tusk sollten in Kiew über Frieden sprechen. Stattdessen stoßen sie Drohungen gegen Russland aus“, sagte Medwedew dazu. Er fragte, ob es klug sei, Russland vor die Wahl einer Waffenruhe für die „Horden“ oder neuer Sanktionen zu stellen?
Medwedew äußert sich immer wieder mit besonders drastischem Vokabular. Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte vor Bekanntwerden des Ultimatums für Montag gesagt, Russland lasse sich von Sanktionen nicht abschrecken. Außerdem dürfe eine Waffenruhe nicht zu einem Vorteil für Kiew führen, sich militärisch neu aufzustellen. Als konkrete Bedingung für eine Waffenruhe von 30 Tagen nannte Peskow den Stopp von westlichen Waffenlieferungen an das Land. (dpa)
Russland zu 30-tägiger bedingungsloser Waffenruhe aufgerufen
Die Ukraine hat eine 30-tägige Waffenruhe im Krieg mit Russland bereits ab Montag angeboten. „Die Ukraine und alle Verbündeten sind bereit für eine vollständige, bedingungslose Waffenruhe zu Land, in der Luft und auf See für mindestens 30 Tage schon ab Montag“, schrieb der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha auf der Plattform X. „Wenn Russland zustimmt und eine wirksame Überwachung gewährleistet ist, können ein dauerhafter Waffenstillstand und vertrauensbildende Maßnahmen den Weg zu Friedensverhandlungen ebnen.“
Zuvor waren Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die Regierungschefs von Großbritannien und Polen, Keir Starmer und Donald Tusk, in Kiew mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zusammengetroffen. (dpa/afp)
Russland: Waffenruhe nur mit Waffenlieferungsstopp
Im Falle einer Waffenruhe müssten Russland zufolge Waffenlieferungen der USA und europäischer Länder an die Ukraine gestoppt werden. „Andernfalls wäre es ein Vorteil für die Ukrain“, sagt der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow in einem am Samstag veröffentlichten ABC-Interview. „Die Ukraine wird ihre vollständige Mobilmachung fortsetzen und neue Truppen an die Front bringen.“ Die Ukraine würde diese Zeit auch nutzen, um neue Soldaten auszubilden und den kämpfenden Truppen eine Pause zu gönnen, argumentiert Peskow. „Warum also sollten wir der Ukraine einen solchen Vorteil gewähren?“
US-Präsident Donald Trump hat Russland und die Ukraine am Freitag aufgefordert, „diesen dummen Krieg zu beenden“. Trump drang auf eine 30-tägige Waffenruhe, der die Ukraine nach eigenen Angaben zustimmen würde. (rtr)
Auch EU-Kommissionspräsidentin für 30-tägige Waffenruhe
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen fordert, den Vorschlag einer vollständige und bedingungslose Waffenruhe von 30 Tagen umzusetzen, „um den Weg für sinnvolle Friedensverhandlungen zu ebnen“. Auf der Plattform X schrieb sie weiter: „Der Ball liegt nun im Feld Russlands. Wir sind bereit, den Druck auf Russland aufrechtzuerhalten und im Falle eines Bruchs des Waffenstillstands weitere scharfe Sanktionen zu verhängen.“
Das Ziel der EU-Kommission sei ein gerechter und dauerhafter Frieden für die Ukraine, „der für die Sicherheit und Stabilität auf unserem Kontinent von entscheidender Bedeutung ist.“
Auch EU-Ratspräsident António Costa unterstützt den Vorschlag für die Waffenruhe und betonte Bereitschaft für zusätzliche Sanktionen, falls Russland den Waffenstillstand nicht einhalte. „Wir bleiben unserem Engagement für die Unterstützung der Ukraine treu und werden weiterhin die Instrumente der EU für künftige militärische und sicherheitspolitische Garantien nutzen“, schrieb er auf X. (dpa)
Fico trifft Putin und äußert sich gegen Gasimportverbot
Der slowakische Regierungschef Robert Fico hat bei einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin seine Ablehnung eines EU-weiten Verbots für russische Gasimporte bekräftigt. Er habe einen entsprechenden Vorstoß der EU-Kommission in Moskau als „wirtschaftlich unhaltbar und schädlich für Europa“ bezeichnet, teilte ein Sprecher des linksnationalen Politikers mit. Die Slowakei ist sowohl Mitglied der EU als auch der Nato.
Fico drohte den Angaben zufolge mit einem Veto, falls in der EU einstimmig über ein Ende der russischen Gasimporte entschieden werden sollte. Sollte eine qualifizierte Mehrheit gesucht werden, können kleine Staaten wie die Slowakei überstimmt werden. Die EU-Kommission will die Einfuhr von russischem Gas bis Ende 2027 vollständig verbieten.
Bei dem Treffen mit Putin am Freitag habe sich Fico zudem dafür ausgesprochen, dass die Slowakei weiterhin nukleare Brennelemente aus Russland beziehe. Das sei für einen „sicheren und stabilen Betrieb“ der slowakischen Kernkraftwerke „unumgänglich“.
Fico war als einziger EU-Regierungschef zum Gedenken zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs nach Moskau gereist. Bei dem Vieraugengespräch mit Putin ging es Ficos Sprecher zufolge auch um die Entwicklung im Ukraine-Krieg. Fico habe dabei erneut betont, dass es aus seiner Sicht keine militärische Lösung des Konflikts gebe. Er unterstütze alle Friedensinitiativen, unabhängig davon, von welchem Land sie ausgingen. Die Slowakei und die von Russland angegriffene Ukraine teilen sich eine knapp 100 Kilometer lange Grenze. (dpa)
Russland reagiert gelassen auf neue Sanktionsdrohungen
Russland hat gelassen auf den Vorschlag für eine 30-tägige Waffenruhe in der Ukraine inklusive neuer Sanktionsdrohungen des Westens reagiert. Russland werde sich davon nicht einschüchtern lassen und habe sich ohnehin an die Strafmaßnahmen gewöhnt, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow dem Staatsfernsehen in Moskau. „Wir stellen uns sogar schon vor, was wir nach der Verhängung dieser Sanktionen tun, wie wir ihre Folgen minimieren werden“, sagte Peskow. „Uns mit Sanktionen Angst zu machen, läuft ins Leere.“
US-Präsident Donald Trump hatte Russland neue Sanktionen angedroht, sollte sich das Land einer Waffenruhe verweigern. Für eine 30-tägige Feuerpause stellt Moskau aber Bedingungen, darunter etwa ein Ende der westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) schloss sich der Sanktionsdrohung an. Zum Zeitplan für eine Waffenruhe sagte er zuletzt: „Ich habe die große Hoffnung, dass es über dieses Wochenende eine Verabredung gibt für einen Waffenstillstand in der Ukraine.“
Die EU und die USA haben Russland mit zahlreichen Sanktionen belegt, um dem Land wirtschaftlich die Grundlage für die Fortsetzung des Angriffskriegs gegen die Ukraine zu nehmen. Auch westliche Experten bescheinigen der russischen Wirtschaft aber eine so nicht erwartete Robustheit. Zwar sind die vielen wirtschaftlichen Probleme unübersehbar, weil es etwa am einfachen Zugang zu westlicher Technik fehlt. Die Rohstoffgroßmacht nimmt aber weiter Milliarden, etwa aus dem Öl- und Gasverkauf ein. Das Geld hält wiederum die Kriegswirtschaft am Laufen. (dpa)
Russland behauptet, es halte sich an dreitägige Waffenruhe
Die russischen Truppen halten sich nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau strikt an die von Präsident Wladimir Putin ausgerufene einseitige Waffenruhe. Dagegen hätten die ukrainischen Streitkräfte in 9318 Fällen gegen die Waffenruhe verstoßen, teilt das Ministerium mit. So hätten die ukrainischen Soldaten in den vergangenen 24 Stunden allein viermal versucht, die Grenze zu den russischen Oblasten Kursk und Belgorod zu durchbrechen.
Putin hatte eine dreitägige Waffenruhe vom 8. Mai an während der Feierlichkeiten zum Sieg der Sowjetunion über Nazi-Deutschland ausgerufen. Sie läuft am Samstag um Mitternacht Moskauer Zeit (23.00 Uhr MESZ) aus. Die Ukraine hingegen hat mehrfach die Waffenruhe als Farce bezeichnet. Nach ihren Angaben haben die russischen Truppen weiterhin angegriffen. (rtr)
Ukrainischer Botschaft: Merz wird Waffenlieferung zusagen
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, rechnet damit, dass Bundeskanzler Friedrich Merz der Ukraine bei seinem Besuch in Kiew neue Waffenlieferungen zusagen wird. „Ich bin mir sicher“, sagte der Botschafter bei der Ankunft von Merz, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen Premierminister Keir Starmer in Kiew auf eine entsprechende Frage. Details wollte er nicht nennen. Die neue Bundesregierung will deutsche Waffenlieferungen in die Ukraine wieder größtenteils geheim halten, wie Freitagabend aus Regierungskreisen verlautete. Damit wolle man vor allem „dem Aggressor im Ukraine-Krieg militärische Vorteile verweigern“ (dpa)
Erneute Forderungen nach Taurus-Lieferung
In der Debatte um die künftige Unterstützung der Ukraine durch die von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) angeführte Regierung nehmen Forderungen nach einer Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern zu. Sie erwarte vom neuen Bundeskanzler, „dass er sich nicht hinter Formelkompromissen versteckt, sondern die Führungsverantwortung in Europa übernimmt, die unsere Partner seit langem erwarten, die sein Vorgänger aber hat vermissen lassen“, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Europaparlament, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), der Rheinischen Post vom Samstag.
Dazu gehöre die rasche und ausreichende Lieferung militärischer Ausrüstung, „einschließlich moderner Waffensysteme wie Taurus – neben humanitärer und wirtschaftlicher Hilfe“, betonte Strack-Zimmermann.
Auch der frühere Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, mahnte eine solche Lieferung an, sieht aber die neue Regierung auf gutem Kurs in der Ukraine-Politik. Die neue Bundesregierung habe „die richtigen Signale gesetzt“, sagte Heusgen der Rheinischen Post. „Sie will die Ukraine weiterhin unterstützen, und sie lässt auch keine Zweifel aufkommen, wer in diesem furchtbaren Konflikt Täter und Opfer ist.“
Auch sie die beabsichtigte gemeinsame Herangehensweise „in engem Schulterschluss mit Frankreich, Polen und Großbritannien“ sei „richtig“, erklärte Heusgen. Entscheidend sei dann das Ergebnis: Die Europäer müssten „neben Geschlossenheit auch Stärke zeigen“, betonte Heusgen. Als Beispiel dafür nannte er die von Merz angekündigte Entscheidung, „gemeinsam mit den Partnern Lenkflugkörper an die Ukraine zu liefern“.
Deutschland ist innerhalb von Europa weiterhin der größte Unterstützer der Ukraine. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft beziffert die deutsche Hilfe für die Ukraine auf 17,3 Milliarden Euro, gefolgt von Großbritannien mit 15,2 Milliarden.
Bundeskanzler Friedrich Merz hatte vor seinem Amtsantritt die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine in Abstimmung mit europäischen Partnern in Aussicht gestellt – sein Vorgänger Scholz hatte dies stets abgelehnt. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch bekräftigte die Ablehnung seiner Partei. (afp)
Kim Jong Un rechtfertigt Kriegsbeteiligung Nordkoreas
Der nordkoreanische Staatschef Kim Jong Un bezeichnete die Beteiligung Nordkoreas am Krieg zwischen Russland und der Ukraine einem Agenturbericht zufolge als gerechtfertigt. „Unsere Beteiligung an dem Konflikt war gerechtfertigt und fällt unter die souveränen Rechte unserer Republik“, sagte Kim am Samstag laut der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA. „Ich betrachte alle tapferen Soldaten, die an der Kursk-Operation teilgenommen haben, als Helden und höchste Vertreter der Ehre unserer Nation“, fügte er hinzu.
Kim sagte auch, dass Pjöngjang nicht zögern werde, den Einsatz militärischer Gewalt zu genehmigen, falls die USA ihre nach seinen Worten militärischen Provokationen gegen Russland fortsetzen sollten. Nordkorea hatte erst Ende April offiziell bestätigt, dass es mehr als 10.000 Soldaten und Waffen nach Russland entsandt hatte. (rtr)
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