+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Von der Leyen kritisiert Orbán
EU-Kommissionspräsidentin wirft Ungarns Regierungschef „Appeasement“ vor. Russland und China beenden Seemanöver. Ukraine erhält neue EU-Milliarden.
Von der Leyen kritisiert Orbán scharf
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich in ihrer Bewerbungsrede für eine zweite Amtszeit für ein „starkes Europa“ ausgesprochen. In ihrer Rede vor dem Plenum des Europaparlaments in Straßburg übte sie zugleich scharfe Kritik an der Reise des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán zu Russlands Präsident Wladimir Putin Anfang Juli. „Diese sogenannte Friedensmission war nichts anderes als eine Appeasement-Mission“, sagte sie unter Anspielung auf die britische Beschwichtigungspolitik gegenüber Adolf Hitler vor dem Zweiten Weltkrieg. Ungarn hat in diesem Halbjahr zwar den EU-Ratsvorsitz inne, Orbán hatte für seine Reise jedoch kein Mandat der 26 anderen Mitgliedsländer.
Angesichts des russischen Angriffskrieges in der Ukraine sprach sich von der Leyen dafür aus, eine „echte Europäische Union der Verteidigung“ aufzubauen, wie es der französische Präsident Emmanuel Macron verlangt hatte. Dafür müsse die EU mehr in ihre Sicherheit investieren. Die Nato bleibe allerdings „der Grundpfeiler unserer kollektiven Verteidigung“, sagte sie mit Blick auf Forderungen aus Deutschland. Zuvor hatte von der Leyen bereits angekündigt, dass sie im Fall einer Wiederwahl einen eigenen EU-Kommissar für Verteidigung einsetzen will. Das geht auch aus politischen Leitlinien hervor, die sie vor der Abstimmung am Donnerstag veröffentlichte.
China und Russland beenden gemeinsames Marinemanöver
China und Russland haben ein gemeinsames Marinemanöver beendet. Die chinesische Marine teilte am Donnerstag mit, alle vorgesehenen Projekte und Übungen des Manövers „Joint Sea 2024“ seien am Mittwoch abgeschlossen worden. An dem sechstägigen Manöver, bei dem den Angaben zufolge eine „gemeinsame Reaktion auf Bedrohungen der maritimen Sicherheit“ trainiert wurde, nahmen unter anderem sieben Kriegsschiffe teil. Das Manöver fand vor der Küste der Hafenstadt Zhanjiang in der südchinesischen Provinz Guangdong statt.
Die langjährigen Verbündeten China und Russland haben ihre wirtschaftliche und diplomatische Zusammenarbeit seit Beginn des Ukraine-Kriegs im Jahr 2022 weiter verstärkt. Die Nato hatte China vergangene Woche einen „entscheidenden Befähiger“ im russischen Angriffskrieg in der Ukraine genannt. Peking hat den Krieg bisher nicht öffentlich verurteilt und liefert weiter zivil wie militärisch nutzbare Güter an Moskau. (AFP)
Lawrow: Russland zur Zusammenarbeit mit „jedem US-Staatsoberhaupt“ bereit
Dreieinhalb Monate vor der Präsidentschaftswahl in den USA hat sich die russische Regierung zur Zusammenarbeit mit dem nächsten Präsidenten bereiterklärt. „Wir werden mit jedem US-Staatsoberhaupt zusammenzuarbeiten, das das amerikanische Volk wählt und das bereit ist, einen fairen und von gegenseitigem Respekt geprägten Dialog zu führen“, sagte Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch (Ortszeit) in einer Pressekonferenz bei der UNO in New York.
„Wir haben mit Präsident Trump zusammengearbeitet“, sagte Lawrow auf die Frage, wie sich die Beziehungen zwischen Washington und Moskau ändern würden, wenn der republikanische Ex-Präsident erneut in das Amt gewählt würde. Während Trumps Amtszeit seien zwar Sanktionen gegen Russland verhängt worden. Doch immerhin habe es damals „einen Dialog zwischen uns und Washington auf höchster Ebene“ gegeben. „Im Moment gibt es keinen solchen Dialog“, sagte Lawrow. Die Haltung des am Mittwoch nominierten republikanischen Vizpräsidentenkandidaten J.D. Vance, der die Unterstützung der USA für die Ukraine im Krieg gegen Russland ablehnt, begrüßte Lawrow. „Er ist für den Frieden, für die Beendigung der bisherigen Unterstützung, und das können wir nur begrüßen. Denn das ist es, was wir brauchen: die Ukraine nicht mehr mit Waffen vollzupumpen, und dann wird der Krieg enden“, sagte der russische Chefdiplomat. (afp)
Folter-Vorwürfe gegen Russland
Die Weltorganisation gegen Folter erhebt schwere Vorwürfe gegen Russland. Die Streitkräfte und Behörden Russlands hätten im ersten Kriegsjahr 2022 möglicherweise Verbrechen gegen die Menschlichkeit in besetzten Gebieten der Ukraine verübt, teilte die Weltorganisation am Donnerstag in Genf mit. Ihr Bericht deckt den Zeitraum Februar bis Oktober 2022 ab und basiert auf Interviews mit Opfern und Augenzeugen.
In ihrem neuen Report wirft die Nichtregierungsorganisation den Russen folgende Taten gegen Zivilisten vor: systematische und weitverbreitete Festnahmen, Folter, Verschwindenlassen, sexuelle Gewalt und andere Verbrechen. Es gebe Hinweise darauf, dass es sich dabei nicht um einzelne Vorfälle handelte. Vielmehr sei es eine groß angelegte und koordinierte Befehlskette und eine bewusste, auf höchster Ebene des russischen Staates orchestrierte Politik gewesen. (epd)
Berichte über Drohnenangriffe auf beiden Seiten
Russland hat in der Nacht nach eigenen Angaben 33 ukrainische Drohnen über der Krim abgeschossen. Wie das Verteidigungsministerium am Donnerstag im Onlinedienst Telegram mitteilte, zerstörten russische Streitkräfte im Schwarzen Meer zudem zehn ferngesteuerte Wasserfahrzeuge, die auf dem Weg zu der annektierten Halbinsel waren. Zwei weitere Drohnen wurden nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums in der an die Ukraine angrenzenden Region Brjansk abgefangen.
Die ukrainische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben alle 16 Drohnen abgefangen, die die russischen Streitkräfte in der Nacht zu Donnerstag auf Ziele in der Ukraine abgefeuert haben. Zudem seien zwei von drei russischen Raketen abgefangen worden.
Russland und die Ukraine setzen seit Beginn der russischen Offensive im Februar 2022 bei ihren gegenseitigen Angriffen regelmäßig Drohnen ein. Die Ukraine hat ihre Angriffe auf russisches Territorium in diesem Jahr verstärkt und zielt dabei unter anderem auf die Energieinfrastruktur Russlands ab, aber auch auf Städte und Dörfer im Grenzgebiet.
Ukraine soll neue EU-Milliarden bekommen
Die Ukraine soll in Kürze die erste reguläre Auszahlung aus dem neuen milliardenschweren Hilfsprogramm der EU erhalten. Das Land habe die Reformauflagen dafür erfüllt, teilte die für die Prüfung zuständige EU-Kommission mit. Dazu gehört, dass die Regierung in Kiew mit neuen Gesetzen einen effektiveren Kampf gegen Steuerhinterziehung und Wirtschaftskriminalität ermöglicht. Zudem mussten Grundsätze für die Leitung staatseigener Unternehmen angepasst und ein nationaler Energie- und Klimaplan angenommen werden. Deshalb könnten jetzt knapp 4,2 Milliarden Euro ausgezahlt werden.
Das neue EU-Hilfsprogramm sieht in einem Zeitraum von vier Jahren Finanzhilfen von 50 Milliarden Euro vor. 33 Milliarden Euro davon sollen als Darlehen ausgezahlt werden, der Rest in Form nicht rückzahlungspflichtiger Zuschüsse. In Form von einer Brückenfinanzierung war bislang bereits 7,9 Milliarden Euro ausgezahlt worden.
Mit den Finanzhilfen will die EU es dem ukrainischen Staat ermöglichen, weiter Löhne und Renten zu zahlen. Zudem soll der Betrieb von Krankenhäusern, Schulen und Notunterkünften für umgesiedelte Menschen garantiert werden. Darüber hinaus kann das Geld auch genutzt werden, um durch den russischen Angriffskrieg zerstörte Infrastruktur wiederherzustellen. Dazu gehören etwa Stromleitungen, Wassersysteme sowie Straßen und Brücken. Im vergangenen Jahr zahlte die EU Finanzhilfen in Höhe von 18 Milliarden Euro aus.
Baltische Staaten steigen im Februar 2025 aus Moskaus Stromnetz aus
Die baltischen Staaten haben eigenen Angaben zufolge Russland und seinen Verbündeten Belarus über ihren Ausstieg aus dem Stromnetz der ehemaligen Sowjetunion informiert. „Wir werden die letzten Energieverbindungen mit Russland kappen“, erklärte der Chef des staatlichen litauischen Netzbetreibers Litgrid, Rokas Masiulis, am Dienstag. Der Schritt soll demnach im Februar 2025 erfolgen. Kurz danach werden sich die drei Länder ans europäische Stromnetz anschließen.
Die Länder hatten sich bereits 2018 entschieden, ihr Stromnetz mit dem europäischen Stromnetz zu synchronisieren, und dafür finanzielle Hilfe zugesagt bekommen. Der Anschluss an das EU-Netz soll über Polen geschehen. Lettland, Litauen und Estland waren bis 1991 Teil der Sowjetunion. Die drei Staaten stoppten den Kauf von russischem Gas und Strom nach Russlands Überfall auf die Ukraine im Februar 2022. (afp)
Selenskyj erinnert an Boeing-Abschuss vor zehn Jahren
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat der Opfer des Abschusses eines Verkehrsflugzeugs vor zehn Jahren über dem Donbass-Gebiet gedacht. 298 Menschen an Bord, darunter 80 Kinder, seien getötet worden, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.
Am 17. Juli 2014 war eine Boeing der Malaysia Airline auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur über umkämpftem Gebiet in der Ostukraine von prorussischen Rebellen mit einer russischen Luftabwehrrakete abgeschossen worden. Nach den internationalen Ermittlungen war das Flugabwehrsystem vom Typ Buk von einer russischen Militärbasis über die Grenze in die Ostukraine gebracht und nach dem Abschuss zurücktransportiert worden. Es war die Anfangsphase der Kämpfe, die sich schließlich zur Invasion Russlands in das Nachbarland Ukraine 2022 ausweiten sollten.
Zwei Russen und ein Ukrainer wurden 2022 in Abwesenheit von einem niederländischen Gericht wegen Mordes in 298 Fällen zu lebenslanger Haft verurteilt. Russland weist jegliche Verantwortung zurück und lehnt auch die Auslieferung der Männer ab. „Ich habe keine Zweifel, dass der Gerichtsprozess und die Arbeit der internationalen Justiz insgesamt zu absolut gerechten Strafen für all diejenigen führen, die an dem Unglück schuld sind“, sagte Sekenskyj. Diese Bestrafung sei auch nötig, genauso wie für alle anderen Verbrechen, die Russland in dem Krieg begangen habe. (dpa)
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