+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Orbán sorgt erneut für Irritationen
Ungarns Regierungschef kassiert nach einem Treffen mit den Turkstaaten erneut Kritik aus der EU. Experten sehen keine Verhandlungsbereitschaft bei Putin.
![Viktor Orbán steht an einem Pult im Hintergrund ist die ungarische Flagge Viktor Orbán steht an einem Pult im Hintergrund ist die ungarische Flagge](https://taz.de/picture/7104761/14/35739242-1.jpeg)
Reise nach Aserbaidschan: Borrell distanziert sich von Orbán
Die Teilnahme des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán an einem Treffen der Organisation der Turkstaaten in Aserbaidschan ist in der EU auf Kritik gestoßen. Orbáns Besuch am Samstag habe ausschließlich „im Rahmen der bilateralen Beziehungen zwischen Ungarn und dieser Organisation“ stattgefunden, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Samstag. Ungarn habe von den anderen EU-Staaten kein Mandat erhalten, um die Beziehungen der EU zur Organisation der Turkstaaten voranzutreiben.
Orbán hatte wenige Tage nach der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch sein Land bereits mit einer Reise nach Moskau für Irritationen gesorgt. Mehrere EU-Spitzenvertreter erklärten, der ungarische Ministerpräsident vertrete dort nicht die gesamte Union. Borrell erklärte, Orbán habe „kein Mandat“ der anderen 26 Mitgliedsländer für den Besuch und vertrete in Moskau „die EU (…) in keiner Form“. Orbán unterhält trotz des Ukraine-Krieges weiter enge Beziehungen zu Moskau. Sanktionen gegen Russland und Finanzhilfen der EU für Kyjiw hat der pro-russische Regierungschef mehrfach verzögert.
Die Organisation der Turkstaaten wurde 2009 von der Türkei, Aserbaidschan, Kasachstan und Kirgisistan gegründet. Ungarn ist seit 2018 Beobachterstaat. Auch die selbsternannte Türkische Republik Nordzypern genießt diesen Status, was in der EU auf Ablehnung trifft. Die Türkei ist der einzige Staat, der die 1983 ausgerufene Türkische Republik Nordzypern anerkennt. (afp)
US-Institut sieht keinen echten Verhandlungswillen bei Putin
Kremlchef Wladimir Putin zeigt nach Einschätzung von US-Experten auch nach seinem Treffen mit dem ungarischen Regierungschef Viktor Orbán keinen echten Willen für Verhandlungen in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine. „Putin forderte stattdessen eine Kapitulation der Ukraine durch „Entmilitarisierung“ und die Übergabe bedeutender Territorien, die Russland derzeit nicht besetzt hält“, teilten die Analysten des Instituts für Kriegsstudien (ISW) in Washington mit. Putin habe zudem an zwei Tagen hintereinander eine Feuerpause in dem Konflikt abgelehnt.
Die Ukraine und Russland werfen sich gegenseitig vor, eine Feuerpause für die Neuaufstellung und frische Bewaffnung von Truppen nutzen zu können. Zum Besuch Orbáns am Freitag bei Putin stellten die ISW-Experten fest, dass der ungarische Regierungschef wohl versuche, die Aufmerksamkeit des Westens weg von der militärischen Hilfe für die Ukraine hin zur Möglichkeit von Friedensverhandlungen zu lenken. Orbán wolle sich als potenzieller Vermittler für eine Beendigung des Kriegs in der Ukraine in Stellung bringen, obwohl Putin kein Interesse daran habe.
Laut ISW untergräbt Orban so die Unterstützung der Europäischen Union für die Ukraine. Die Experten verweisen immer wieder darauf, dass Putin seine behauptete Verhandlungsbereitschaft vor allem dazu nutze, um den Westen zu spalten und letztlich die militärische Unterstützung der Verbündeten der Ukraine zu brechen. Orban stellte sich immer wieder gegen EU-Militärhilfe für die Ukraine. (dpa)
Orbán wirft Nato Konfliktstreben vor
Orbán hatte bei einem gemeinsamen Auftritt mit Putin im Kreml gesagt, dass die Vorstellungen Moskaus und Kyjiws für eine Lösung des Konflikts weit auseinander lägen. Der Ungar hatte vor seinem Treffen auch in Kyjiw mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gesprochen und dort eine Feuerpause gefordert. Russland und die Ukraine werfen sich gegenseitig vor, kein Interesse an Verhandlungen zu haben und den Konflikt lieber auf dem Schlachtfeld auszutragen.
In einem Meinungsbeitrag für das Magazin „Newsweek“ warf Orbán der Nato vor, ihre Gründungsprinzipien zu verletzen. „Doch statt Frieden steht heute das Streben nach Krieg auf der Tagesordnung, statt Verteidigung ist es Angriff“, schrieb Orbán in dem Beitrag. (dpa)
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