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+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++Waffenstillstand in Gaza greifbar

Für Gaza wird in Katar gerade ein Waffenstillstand verhandelt. Laut Informationen der Nachrichtenagentur AP stimmte die Hamas dem Abkommen bereits zu.

Vielleicht wird diese Forderung nun bald Wirklichkeit: Proteste für ein Ende des Krieges in Tel Aviv am vergangenen Wochenende Foto: dpa

Hamas stimmt laut AP Entwurf für Abkommen zu

Die militant-islamistische Hamas hat nach Informationen der Nachrichtenagentur AP einem vorgeschlagenen Waffenruheabkommen mit Israel zugestimmt. Das sagten in die Gespräche eingebundene Gewährsleute der Hamas und des Vermittlers Ägypten der Nachrichtenagentur AP am Dienstag. In einer offiziellen Hamas-Stellungnahme hieß es, die Gespräche seien im Endstadium.

Ein Vertreter Israels sagte, es seien Fortschritte gemacht worden, aber einige Details müssten noch festgezurrt werden. Katar, ein weiterer Unterhändler und Gastgeber der Gespräche, erklärte, Israel und die Hamas seien einer Einigung so nahe wie nie zuvor. Die Verhandlungen liefen produktiv und konstruktiv, sagte der katarische Außenministeriumssprecher Madschid al-Ansari: „Ich kann bestätigen, dass die Gespräche auf höchster Ebene hier in Doha laufen, während wir sprechen“, sagte al-Ansari. Er warnte zugleich vor zu hohen Erwartungen oder überzogener Aufregung vor einer offiziellen Verkündung zu einer möglichen Waffenruhe. „Solange nichts verkündet wird, ist nichts verkündet“, sagte al-Ansari.

Der AP lag eine Kopie des vorgeschlagenen Waffenruheabkommens vor. Die Vertreter der Hamas und Ägyptens bestätigten die Echtheit des Dokuments. Auf israelischer Seite müsste letztlich auch das Regierungskabinett einem Abkommen zustimmen.

Das in drei Phasen aufgeteilte Abkommen, das auf einer von der US-Regierung unter Präsident Joe Biden entworfenen und vom UN-Sicherheitsrat gebilligten Rahmenvereinbarung basiert, würde mit der schrittweisen Freilassung von 33 Geiseln über einen Zeitraum von sechs Wochen beginnen, darunter Frauen, Kinder, ältere Erwachsene und verwundete Zivilisten, im Austausch für möglicherweise Hunderte von palästinensischen Frauen und Kindern, die von Israel inhaftiert sind.

Unter den 33 Geiseln wären auch fünf israelische Soldatinnen, die im Austausch gegen 50 palästinensische Gefangene freigelassen würden, darunter 30 verurteilte Extremisten, die lebenslange Haftstrafen verbüßen. Am Ende der ersten Phase sollen alle zivilen Gefangenen – lebend oder tot – freigelassen werden.

In dieser ersten, 42 Tage dauernden Phase würden sich die israelischen Streitkräfte aus den Bevölkerungszentren im Gazastreifen zurückziehen, die Palästinenser dürften in ihre Häuser im nördlichen Gazastreifen zurückkehren und es würde ein großer humanitärer Hilfseinsatz beginnen mit täglich etwa 600 Lastwagen.

Die Einzelheiten der zweiten Phase müssen noch während der ersten Phase ausgehandelt werden. Diese Details sind nach wie vor schwer zu klären – und die Vereinbarung enthält keine schriftlichen Garantien, dass die Waffenruhe bis zum Abschluss eines Abkommens andauern wird. Das lässt die Möglichkeit offen, dass Israel seine Militäraktion nach dem Ende der ersten Phase wieder aufnimmt.

Die drei Vermittler hätten der Hamas jedoch mündliche Garantien gegeben, dass die Verhandlungen wie geplant fortgesetzt werden und dass sie auf eine Einigung zur Umsetzung der zweiten und dritten Phase vor dem Ende der ersten Phase drängen würden, sagte der ägyptische Vertreter.

Die Vereinbarung würde es Israel erlauben, während der gesamten ersten Phase die Kontrolle über den Philadelphi-Korridor zu behalten, den Gebietsstreifen entlang der Grenze des Gazastreifens zu Ägypten, aus dem die Hamas ursprünglich den Rückzug Israels gefordert hatte. Israel würde sich jedoch aus dem Nezarim-Korridor zurückziehen, einem Streifen quer durch das Zentrum des Gazastreifens.

In der zweiten Phase würde die Hamas die verbleibenden lebenden Gefangenen, hauptsächlich männliche Soldaten, im Austausch für weitere Gefangene und den „vollständigen Rückzug“ der israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen freilassen, heißt es im Entwurf des Abkommens. Die Hamas betont, dass sie die restlichen Geiseln aber nicht ohne Garantien freilassen werde, dass der Krieg auch tatsächlich endet. (ap/dpa)

Hamas-Gesundheitsbehörde: 61 Tote bei neuen Angriffen in Gaza

Bei israelischen Angriffen im Gazastreifen sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde binnen 24 Stunden 61 Menschen getötet worden. Mehr als 280 weitere hätten Verletzungen erlitten, teilte die Behörde mit. Die Angaben, die nicht zwischen Zivilisten und Kombattanten unterscheiden, ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs mit dem beispiellosen Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober 2023 sind nach palästinensischen Angaben in dem Küstenstreifen mehr als 46.600 Menschen getötet worden. Mehr als 110.000 wurden demnach verletzt.

Das israelische Militär betont stets, es kämpfe im Gazastreifen gegen die islamistische Terrororganisation Hamas und unternehme alles, um zivile Opfer zu vermeiden. Besonders bei Kämpfen im Norden Gazas waren zuletzt immer wieder israelische Soldaten getötet worden. (dpa)

Waffenruhe soll 42 Tage dauern

Laut israelischen Medien wurde in Doha ein Drei-Stufen-Plan für eine Waffenruhe ausgearbeitet. Eine Einigung könne an diesem Dienstag bekanntgegeben werden. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es nicht. Laut dem israelischen TV-Sender Channel 13 sieht der Plan in einer ersten Phase eine Kampfpause von 42 Tagen vor. In der Zeit sollen 33 Geiseln freigelassen werden, von denen die meisten noch am Leben seien, während es bei den anderen um die Übergabe der Leichen gehe, hieß es. Die israelische Seite werde bis zur Freilassung nicht wissen, welche der Geiseln lebend zurückkommen. Es handele sich um Frauen, darunter Soldatinnen, zwei Kinder, Menschen über 50 sowie Verletzte und Kranke.

Im Gegenzug sollten 1.000 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freigelassen werden, hieß es. Israels Armee werde sich außerdem nach und nach aus bewohnten Gebieten des Gazastreifens und schließlich auch aus dem Philadelphi-Korridor entlang der Grenze zu Ägypten zurückziehen. Ferner sollen demnach die in den Süden des abgeriegelten Küstenstreifens geflohenen Einwohner unter internationaler Aufsicht in ihre Wohngebiete im Norden zurückkehren dürfen. Laut US-Medienberichten wird Israel zunächst Pufferzonen entlang seiner östlichen und nördlichen Grenze zum Gazastreifen aufrechterhalten. (dpa)

Bericht: Hamas bekam Garantie für weitere Verhandlungen

Verhandlungen über die zweite Phase – die den Krieg beenden soll – würden am 16. Tag der Umsetzung des Abkommens beginnen, berichtete CNN. Die Hamas habe ein wichtiges Zugeständnis gemacht, indem sie mündliche Garantien der USA, Katars, Ägyptens und der Türkei akzeptiert, dass Israel die Verhandlungen darüber fortsetzt, erfuhr das Wall Street Journal aus Vermittlerkreisen. Dabei soll es laut israelischen Medien auch um den Abzug der Armee aus ganz Gaza gehen. Die dritte Phase eines möglichen Abkommens soll schließlich einen Wiederaufbau des weitgehend zerstörten Gazastreifens und eine alternative Regierung ohne Beteiligung der Hamas vorsehen.

Wie die US-Nachrichtenseite „Axios“ unter Berufung auf drei US-Beamte berichtete, sieht der Nachkriegsplan der USA einen Regierungsmechanismus unter Beteiligung der internationalen Gemeinschaft und arabischer Länder vor. Diese könnten auch Truppen nach Gaza entsenden, um die Sicherheitslage zu stabilisieren und humanitäre Hilfe zu leisten. Außerdem müsse die im Westjordanland regierende und von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas geführte Palästinensische Autonomiebehörde (PA) an einer Regierung beteiligt werden. Die PA solle nach dem Willen der USA zuvor reformiert werden.

Hoffnungen auf eine abschließende Einigung über eine Waffenruhe haben sich bei den zähen Verhandlungen bisher immer wieder zerschlagen. Doch nun zeige der „Trump-Effekt“ Wirkung, zitierte das Wall Street Journal einen israelischen Beamten. Der designierte US-Präsident hatte in der vergangenen Woche gesagt, wenn die Geiseln nicht bis zu seiner Amtseinführung am 20. Januar frei seien, werde im Nahen Osten „die Hölle losbrechen, und das wird nicht gut für die Hamas sein, und es wird – offen gesagt – für niemanden gut sein“. (dpa)

Weißes Haus: Für Hamas ist Hölle schon losgebrochen

Bidens Sicherheitsberater Sullivan sagte dazu jetzt in Washington, über die Hamas breche faktisch schon „seit 14 Monaten“ die Hölle herein. Er warf die Frage auf, was es konkret bedeute, den militärischen Druck auf die Hamas noch weiter zu erhöhen. „Die Israelis haben ihre militärischen Strukturen zerschlagen, ihre oberste Führung ausgeschaltet und ihre militärischen Fähigkeiten in erheblichem Umfang zerstört“, sagte Sullivan.

Nach Informationen des Wall Street Journal soll jedoch Mohammed al-Sinwar dabei sein, die Hamas in Gaza wieder aufzubauen. Er ist der jüngere Bruder des am 16. Oktober von Israels Armee getöteten Hamas-Chefs in Gaza, Jihia al-Sinwar. Der Krieg habe eine neue Generation von willigen Kämpfern hervorgebracht und den Gazastreifen mit nicht explodierten Sprengkörpern übersät, die zu improvisierten Bomben umgebaut werden könnten, hieß es in dem Bericht.

Die Hamas stelle sich unter Führung Mohammed Sinwars schneller wieder auf, als Israels Armee sie Stück für Stück auslösche, sagte Amir Avivi, ein pensionierter israelischer Brigadegeneral, der US-Zeitung. „Wir arbeiten hart daran, ihn zu finden“, wurde ein ranghoher Vertreter des israelischen Einsatzkommandos in Gaza zitiert. (dpa)

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3 Kommentare

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  • Verstehe ich das richtig?



    Trump, also die USA, sind bereit, die Hölle losbrechen zu lassen.

    Wie verpennt sind wir eigentlich, wenn wir bei einer solchen Meldung nicht ausflippen?

    • @francisco acha-orbea:

      Gegenüber Trump ist man schon ziemlich abgestumpft.

      Jedenfalls scheint die Aussage in Puncto Geiselfreilassung Verhandlungstaktisch zweckdienlich zu sein. Mit so einer Aussage macht er unmißverständlich klar, dass mit ihm im Amt Hamas & Co keine günstigere Verhandlungsposition zu erwarten hat, und nicht noch mehr von der isr. Seite herausschlagen kann, sodass es besser ist noch vorher zu einer Einigung zu kommen - auch wenn man bei den Forderungen Abstriche machen muss - weil es sonst sein könnte, dass man soäter noch weniger fordern kann.

  • Also sorry aber die USA haben ja wohl jegliche Glaubwürdigkeit verloren. Wie oft haben die in den letzten Monaten davon geredet, dass eine Waffenruhe unmittelbar bevor steht? Un jedem seriösen Politiker/Journalisten etc. ist auch klar, dass sie den Krieg vor Monaten hätten beenden können, wenn sie wollten. Stattdessen haben sie sich in den Augen vieler an Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit mitschuldig gemacht und den Augen von immer mehr Menschen sogar des Völkermordes mitschuldig gemacht.



    Und wie viel ist denn ein Wiederaufbauplan durch Blinken und co. wert, wenn auch er nur noch wenige Tage im Amt ist? Glaubt jemand wirklich daran, dass die Regierung Trump auch nur einen Cent in den Wiederaufbau von Gaza stecken wird? Sein Schwiegersohn hat doch Anfang letzten Jahres davon geschwärmt wieviel schöne (Luxus) Immobilien mit Meerblick in Gaza gebaut werden könnten... aufgebaut auf einem Massengrab. Es ist wahrscheinlicher, dass wir mit amerikanischen Segen eine Annexion des Westjordanlandes und von Gaza sehen werden und die Antwort europäischer Regierungen sein wird: "Wir sind besorgt".