+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Hamas und Iran drohen Israel
Die Hamas droht mit schwerwiegenden Folgen nach der Tötung ihres Anführers Ismael Hanijeh in Teheran. Auch Türkei und Russland verurteilen die Aktion.
Chamenei droht Israel mit harter Bestrafung
Der oberste Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, hat Vergeltung für den Tod des politischen Anführers der islamistischen Hamas, Ismael Hanijeh, in Teheran angekündigt. „Das kriminelle zionistische Regime (Israel) hat unseren Gast in unserem Haus ermordet“, wurde Chamenei auf seiner Website zitiert. „Es wird eine harte Bestrafung geben.“ Chamenei sagte demnach mit Blick auf Hanijeh weiter, das ganze Land trauere um einen mutigen und heiligen Krieger.
Nach Angaben der Terrororganisation Hamas vom Morgen wurde ihr politischer Anführer Hanijeh bei einem israelischen Angriff auf eine Residenz in Irans Hauptstadt Teheran getötet. Israel hat sich dazu bislang nicht geäußert. Bereits davor hatte der Sprecher des iranischen Außenamts den Anschlag auf das Schärfste verurteilt. Hanijehs Blut werde Israel zum Verhängnis werden, sagte Nasser Kanaani.
Teheran hatte zudem eine Krisensitzung des Nationalen Sicherheitsrats einberufen, bei der es um mögliche Reaktionen des Irans gehen sollte. „Das war ein feiger Akt und die Verantwortlichen werden definitiv eine entsprechende Antwort darauf erhalten“, sagte Ratssprecher Ebrahim Resaei laut Nachrichtenagentur Irna.
Laut der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim, die den iranischen Revolutionsgarden (IRGC) nahesteht, wurde Hanijeh um 2.00 Uhr morgens Ortszeit (0.30 Uhr MESZ) „von einem Gegenstand aus der Luft“ tödlich getroffen. Er habe sich in einer „speziellen Residenz“ im Norden der Hauptstadt befunden. Hanijeh soll laut noch unbestätigten Medienberichten am Donnerstag in Teheran beigesetzt werden. Die IRGC gab bekannt, dass sie in Kürze weitere Details zu dem Anschlag veröffentlichen werden.
Hanijeh wohnte am Dienstag der Vereidigung des neuen iranischen Präsidenten, Massud Peseschkian, im Parlament in Teheran bei. Er war zudem mit Religionsführer Chamenei zusammengetroffen. Auch Peseschkian verurteilte den tödlichen Anschlag. „Wir werden die terroristischen Besatzer, die für diesen feigen Anschlag verantwortlich sind, ihre Tat bereuen lassen“, schrieb der Präsident auf der Plattform X. Hanijehs Tod werde den Widerstand Irans und Palästinas gegen Israel noch weiter stärken. (dpa)
Militärischer Arm der Hamas kündigt Vergeltung an
Nach dem gewaltsamen Tod von Hamas-Führer Ismael Hanijeh droht der militärische Flügel der Organisation mit Rache. „Dieses reine Blut wird sicherlich nicht umsonst geflossen sein“, hieß es in einer Stellungnahme des militärischen Arms der Hamas, der sogenannten Kassam-Brigaden, auf Telegram. Der Anschlag auf Hanijeh in der iranischen Hauptstadt Teheran werde große Auswirkungen auf die gesamte Region haben. Israel werde den Preis für die Tat bezahlen „an jedem Ort, den die Hände unserer Mudschaheddin erreichen“, so die Drohung der Kassam-Brigaden.
Die Kassam-Brigaden und verbündete Milizen haben mit dem Terrorüberfall auf Israel am 7. Oktober den Gazakrieg ausgelöst. Erst vor kurzem hat Israel den Chef der Brigaden in Chan Junis getötet.
Die Hamas hat in einer Mitteilung Israel verantwortlich für die Tötung von Hanijeh gemacht. Eine offizielle Reaktion Israels gibt es bisher nicht.
Regionale Verbündete der Hamas verurteilen Tötung Hanijehs
Regionale Verbündete der Hamas haben die Tötung des politischen Anführers der militant-islamistischen Gruppe verurteilt und ihre anhaltende Unterstützung bekundet. Die Hisbollah-Miliz im Libanon bezeichnete Ismael Hanijeh in einer Reaktion vom Mittwoch als einen „großartigen und ehrlichen Führer und lieben Bruder“ und sprach dessen Angehörigen ihr Beileid aus. Seine Familie habe „Dutzende von Märtyrern aus den Reihen ihrer Männer und Frauen auf dem Weg zur Befreiung von Jerusalem und Palästina geopfert“, erklärte die Hisbollah weiter.
Die Huthi-Rebellen im Jemen bezeichneten Hanijehs Tötung als „große Eskalation und eine noch größere Übertretung, eine eklatante Verletzung aller internationalen Gesetze, Normen und Abkommen“. Man sei „entschlossen, der Hamas und und allen Widerstandsgruppen bei der Konfrontation der von Amerika gestützten zionistischen Randale beizustehen.“
Die Gruppe Palästinensischer Dschihad, eine kleinere militante Gruppe im Gazastreifen, sprach von einem „sündhaften Attentat“, das ihre Mitglieder nicht davon abhalte, den Widerstand fortzusetzen, „um der zionistischen Kriminalität ein Ende zu setzen, die alle Grenzen überschritten“ habe.
Wie genau die Verbündeten der Hamas in der Region auf die Tötung Hanijehs reagieren werden, blieb unklar. (afp)
Russland und Türkei verurteilen Hanijehs Tötung
Russland hat die Tötung des politischen Hamas-Anführers Ismael Hanijeh scharf verurteilt. „Das ist ein absolut inakzeptabler politischer Mord, der zu einer weiteren Eskalation der Spannungen führen wird“, zitierte die Nachrichtenagentur RIA den stellvertretenden Außenminister Michail Bogdanow. Dies werde auch negative Auswirkungen auf die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen haben. Russland unterhält einerseits zwar Beziehungen zu Israel, andererseits aber noch engere Beziehungen zu den mit Israel verfeindeten Ländern Iran und Syrien sowie der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation Hamas.
Die Türkei hat nach der Tötung des Hamas-Anführers Israel vorgeworfen, den Gazakrieg in der Region ausweiten zu wollen. Es habe sich erneut gezeigt, dass die Regierung von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu keine Absicht habe, den Frieden zu erreichen, teilte das türkische Außenministerium mit. (rtr)
USA, Katar und Palästinenserpräsident Abbas äußern sich
Die USA würden nach den Worten von Verteidigungsminister Lloyd Austin ihren Verbündeten Israel im Falle eines Angriffs verteidigen. Mit Blick auf die zunehmenden Spannungen im Nahen Osten sagt Austin bei einem Besuch auf den Philippinen, er halte einen größeren Krieg in der Region nicht für unvermeidlich.
Katar hat die Tötung des Hanijehs scharf verurteilt. Dies sei eine gefährliche Eskalation, teilt Katars Außenministerium mit. Katar versucht seit Monaten gemeinsam mit Ägypten eine Waffenruhe zwischen Israel und der radikalislamischen Palästinenser-Organisation Hamas sowie eine Freilassung der israelischen Geiseln aus der Gewalt der Extremisten im Gazastreifen zu vermitteln.
Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas, der im Westjordanland das Sagen hat, verurteilt die Tötung des Hamas-Führers Ismael Hanijeh in Teheran. Das meldet die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa. Die Fraktionen in dem Palästinensergebiet rufen zum Generalsstreik und zu Massendemonstrationen auf. (rtr)
Libanon rechnet mit Hisbollah-Vergeltung für den Anschlag auf Kommandeur Shukr
Die libanesische Regierung rechnet mit einer Vergeltungsreaktion der radikalislamischen Hisbollah-Miliz wegen des israelischen Angriffs auf ihren ranghöchsten Militärkommandeur Fuad Shukr. Man habe die Sorge, dass die Lage nach dem israelischen Angriff auf einen Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut eskalieren könnte, sagt Informationsminister Ziad Makary nach einer Kabinettssitzung. Die Regierung werde diplomatische Anstrengungen unternehmen, um die Spannungen zu entschärfen.
Die libanesische Hisbollah-Miliz teilt mit, dass ihr ranghoher Kommandeur Fuad Shukr sich in dem von einem israelischen Angriff getroffenen Gebäude in einem südlichen Vorort von Beirut aufgehalten hat. Über sein Schicksal machte die radikalislamische Organisation jedoch keine Angaben. Das israelische Militär hatte am Dienstagabend erklärt, es habe Shukr getötet. Er sei der ranghöchste Kommandeur der Hisbollah und für einen Raketenangriff am Wochenende verantwortlich, bei dem in den von Israel besetzten syrischen Golanhöhen zwölf Fußball spielende Kinder und Jugendliche ums Leben gekommen sind. Israel hatte eine harte Reaktion darauf angekündigt. Die Hisbollah hat eine Verantwortung für diesen Angriff bestritten. (rtr)
Foltervorwürfe seitens UN-Menschenrechtsbüro
Das UN-Menschenrechtsbüro wirft Israel Misshandlung und Folter palästinensischer Gefangener aus dem Gazakrieg vor. Tausende Palästinenser seien gewaltsam aus dem Gazastreifen in israelische Gefängnisse verschleppt worden, einige davon seien gefoltert worden und Dutzende gestorben, heißt es in einem 23-seitigen Bericht des Menschenrechtsbüros der Vereinten Nationen.
Er stützt sich vor allem auf Aussagen Freigelassener, anderer Opfer und Zeugen. Viele Palästinenser seien auf der Flucht vor der israelischen Militäroffensive an Kontrollpunkten oder in Schulen und Krankenhäusern gefangenen genommen, in denen sie Schutz gesucht hätten. Oft seien sie mit verbundenen Augen und gefesselt nach Israel gebracht worden, wo sie „käfigähnlich“ in Militärlagern untergebracht worden seien.
Dort seien sie gezwungen worden, für längere Zeit nichts als Windeln zu tragen. Die Zeugenaussagen deuteten „auf eine Reihe entsetzlicher Handlungen“ hin, wie etwa „Waterboarding und Loslassen von Hunden auf Häftlinge, was eine eklatante Verletzung der internationalen Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts darstellt“, so der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk. Dem UN-Bericht zufolge starben 53 Gefangene in der Haft. (rtr)
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