+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Harris und Biden treffen Netanjahu
US-Präsident Biden betont die Notwendigkeit einer schnellen Einigung zur Geisel-Freilassung. Harris unterstützt das Recht auf israelische Selbstverteidigung.
Hunderte marschieren bei Friedensmarsch durch Tel Aviv
Mit Gesängen, wie „ja zum Frieden, ja zu einem Deal“ sind am Donnerstagabend hunderte arabische und jüdische Israelis durch Tel Aviv gezogen. Sie forderten ein Ende des Kriegs im Gazastreifen und eine Waffenruhe. Weiter riefen sie zu einer Wiederbelebung der palästinensisch-israelischen Beziehungen und Friedensbemühungen auf. Nach dem Beginn des Krieges sei es im Friedenslager „im Grunde still geworden“, sagte Amira Mohammed, eine Israeli mit palästinensischen Wurzeln. „Die Radikalen sind lauter als die Friedensbewegung. Also müssen wir jetzt radikal für den Frieden sein.“ Dazu gehöre die „Anerkennung der Machtdynamik zwischen Besatzern und Besetzten“ sowie eine „Rechenschaftspflicht auf beiden Seiten“, sagte sie.
Frieden sei der einzige Weg nach vorne, sagte der 64-jährige Marcelo Oliki, ein Überlebender der Hamas-Angriffe auf den Kibbuz Nirim. „Gleich hinter der Grenze sterben Kinder, Frauen und Säuglinge. Dort gibt es Menschen, die genauso trauern wie ich, und die ebenso wie ich Frieden wollen.“
Seit dem Beginn des Kriegs kommt es in Tel Aviv mehrmals pro Woche zu Demonstrationen, die zum einen von Familien der Geiseln, zum anderen von Regierungskritikern organisiert werden. Manchmal rufen auch jüdisch-arabische Friedensgruppen zu Demonstrationen auf.
Etwa 20 Prozent der 9,5 Millionen Einwohner Israels sind Araber, viele bezeichnen sich als Palästinenser. Nach Angaben von Aktivisten und Beobachtern ist es für palästinensische Bürger in Israel schwierig, eine Genehmigung für Antikriegsproteste zu erhalten. Die Kundgebung am Donnerstag musste um eine Woche verschoben werden, nachdem den Organisatoren die Genehmigung plötzlich entzogen worden war. (afp)
Mehrere Staaten fordern Waffenruhe
Australien, Neuseeland und Kanada fordern eine umgehende Waffenruhe im Gazastreifen. Das Leid der Menschen sei unzumutbar und dürfe nicht weitergehen, teilen die drei Länder in einer gemeinsamen Stellungnahme mit. Sie riefen alle Beteiligten auf, Zurückhaltung zu üben und die Situation zu deeskalieren. Sie betonen, dass sie die Handlungen der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation Hamas verurteilten. Israel riefen sie auf, auf eine Zweistaatenlösung hinzuarbeiten. (rtr)
Regierungschef Netanjahu besucht Trump in Florida
Nach seinem Treffen mit US-Präsident Biden wird der israelische Regierungschef Netanjahu am Freitag zu einem Besuch beim republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump erwartet. (afp)
Geisel-Angehörige in den USA vorsichtig optimistisch
Die Angehörigen von acht in Gaza festgehaltenen amerikanisch-israelischen Entführten hoffen nach einem Treffen mit US-Präsident Biden und dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu auf ein baldiges Geisel-Abkommen. Sie seien nach dem Gespräch im Weißen Haus „optimistischer als zuvor“, dass in den kommenden Tagen ein Abkommen zustande kommt, zitierte das US-Nachrichtenportal Axios Quellen, die bei dem Treffen der Angehörigen mit Biden und Netanjahu dabei waren.
Das einstündige Treffen im Weißen Haus habe im Rahmen von Bidens Bemühungen stattgefunden, Druck auf Netanjahu auszuüben, damit dieser ein Abkommen abschließt, berichtete Axios unter Berufung auf US-Beamte. Laut drei Quellen, die an dem Treffen teilnahmen, sagte Netanjahu den Angehörigen zu, Israel werde innerhalb weniger Tage einen aktualisierten Vorschlag für ein Abkommen vorlegen. Nächste Woche sollen die indirekten Verhandlungen, bei denen die USA, Katar und Ägypten vermitteln, fortgesetzt werden.
Dabei geht es um eine Waffenruhe, in deren Verlauf Geiseln im Austausch gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnisse freigelassen werden sollen. Netanjahu hatte zuvor bei einer Rede vor dem US-Kongress entgegen den Hoffnungen von Angehörigen der 115 noch in Gaza verbliebenen Geiseln keine Vereinbarung angekündigt. (dpa)
Biden fordert schnelle Einigung über Geiselfreilassung
US-Präsident Joe Biden hat den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu aufgefordert, schnell eine Einigung über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln zu erzielen. Biden habe die Notwendigkeit zum Ausdruck gebracht, „die verbleibenden Lücken zu schließen, das Abkommen so schnell wie möglich abzuschließen, die Geiseln nach Hause zu bringen und ein dauerhaftes Ende des Kriegs in Gaza zu erreichen“, erklärte das Weiße Haus am Donnerstag (Ortszeit). Demnach sprachen die beiden Politiker auch über die „humanitäre Krise“ in dem Palästinensergebiet und die Notwendigkeit, Hürden bei der Bereitstellung von Hilfe zu beseitigen.
Biden hatte in einer Fernsehansprache wenige Tage nach seinem Verzicht auf eine erneute Präsidentschaftskandidatur gesagt, er werde sich in den verbleibenden Monaten seiner Amtszeit vorrangig um Anliegen wie die Beendigung des Kriegs im Gazastreifen bemühen. Die USA haben ihren engen Verbündeten Israel seit dem Angriff der Hamas auf das Land am 7. Oktober militärisch und diplomatisch unterstützt. Über das militärische Vorgehen Israels hat es allerdings immer wieder teils erhebliche Differenzen bis hin zu Irritationen zwischen beiden Regierungen gegeben. (afp)
Treffen mit Elon Musk bei USA-Besuch
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu schreibt auf der Plattform „X“, dass er sich nach seiner Rede vor dem US-Kongress in Washington mit Tesla-Chef Elon Musk getroffen hat. „Wir diskutierten die Chancen und Herausforderungen der KI, ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Gesellschaft und erkundeten Möglichkeiten der technologischen Zusammenarbeit mit Israel“, so Netanjahu. (rtr)
Netanjahu trifft Harris
US-Vizepräsidentin Kamala Harris hat nach ihrem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zum Krieg im Gazastreifen Stellung bezogen. Der Konflikt sei kompliziert. Das Gespräch darüber sei häufig „binär“, die Realität sei aber alles andere als das. Sie unterstütze das israelischen Recht auf Selbstverteidigung, machte sie deutlich. Zugleich ging sie auf das große Leid von Zivilisten angesichts der anhaltenden Kämpfe ein.„Wir können im Angesicht dieser Tragödien nicht wegschauen“, sagte die 59-Jährige. „Wir können es uns nicht erlauben, dem Leid gegenüber abzustumpfen. Und ich werde nicht schweigen.“ Man dürfe nicht den Blick von der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen abwenden. Sie forderte ein Waffenruhe-Abkommen, das zur Freilassung der Geiseln führt.
Das Treffen mit Netanjahu sei „offen und konstruktiv“ gewesen. Sie betonte, dass sie und Präsident Joe Biden „jeden Tag“ daran arbeiteten, die US-Geiseln aus dem Gazastreifen nach Hause zu holen. Besorgt zeigte sie sich über die Tötung und Vertreibung von Zivilisten in dem Küstengebiet. Als Senatorin und Vizepräsidentin fühle sie sich dem Existenzrecht des israelischen Staats und dessen Volkes unerschütterlich verpflichtet. Israel habe das Recht, sich zu verteidigen – wie es das tue, sei von Belang. Sie erklärte, dass beide Seiten auf eine Waffenruhe hinarbeiteten. Sie selbst setze sich weiter für eine Zweistaatenlösung ein. (ap)
Palästinenser im Gazastreifen erzürnt von Netanjahu-Rede
Palästinenser im Gazastreifen haben mit Zorn auf die Rede des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im US-Kongress reagiert. Sie verurteilten Netanjahus Angabe, dass das israelische Militär auf die militant-islamistische Hamas abziele und nicht auf Zivilisten. „Wir waren sehr schockiert“, sagte Im Ismail Farwanah über die Rede. Die Frau war aus ihrem Haus im Norden des Gazastreifens vor den israelischen Offensiven geflüchtet. „Er hat Zivilisten bombardiert.“
Mehrere Palästinenser sagten, sie hätten gehofft, dass Netanjahu eine Waffenruhe ankündigen werde. Netanjahu hatte in seiner flammenden Rede im Kongress am Mittwoch einen „totalen Sieg“ über die Hamas versprochen und amerikanische Gegner des Gaza-Kriegs als „nützliche Idioten“ bezeichnet. Das israelische Militär versuche, Zivilisten zu schützen, indem es die Evakuierung von Kampfgebieten anordne. Er machte die Extremisten für getötete Zivilisten verantwortlich, weil sie unter ihnen operierten.
Islam Srei aus der zentral gelegenen Stadt Deir al-Balah verwies darauf, dass Netanjahu einen Waffenstillstand gar nicht erst erwähnt habe. Der israelische Regierungschef wolle die Hamas zerschlagen, könne das aber nicht tun und lösche deshalb das palästinensische Volk aus. (ap)
USA setzen sich für Geiseldeal ein
Seinen Kurs hatte Netanjahu am Mittwoch mit aller Deutlichkeit bei einer Rede vor dem US-Kongress gerechtfertigt. Der in der Heimat und international unter Druck stehende Ministerpräsident ließ sich im Kapitol in Washington insbesondere von Republikanern feiern, teilte in alle Richtungen gegen Kritiker aus und nannte unter anderem die Vorwürfe des Internationalen Strafgerichtshofes gefährliche Lügen. Entgegen den Hoffnungen von Angehörigen der 120 noch im Gazastreifen verbliebenen Geiseln verkündete Netanjahu keine Vereinbarung über eine Waffenruhe im Gegenzug für die Freilassung der Geiseln.
Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, sagte, bei dem Treffen zwischen Biden und Netanjahu stehe viel auf der Tagesordnung. Die USA seien überzeugt, dass das der Geisel-Deal zustande kommen müsse. Man sei der festen Überzeugung, dass die noch vorhandenen Lücken geschlossen werden könnten, „aber es wird, wie immer, ein gewisses Maß an Führung, Kompromissbereitschaft und Anstrengung erfordern, um dieses Ziel zu erreichen.“
Es ist Netanjahus erster Besuch in Washington seit fast vier Jahren und seine erste Auslandsreise seit dem Terrorüberfall der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober, der zum Krieg in Gaza führte. (dpa)
Proteste gegen Netanjahu in den USA
Netanjahus Aufenthalt in Washington wurde begleitet von größeren Protesten. Dabei kam es auch zu antisemitischen Vorfällen. Harris verurteilte diese auf Schärfste: „Ich verurteile alle Personen, die sich mit der brutalen Terrororganisation Hamas solidarisieren, die geschworen hat, den Staat Israel zu vernichten und Juden zu töten“, teilte die US-Vize mit. „Pro-Hamas-Graffiti und -Rhetorik sind verabscheuungswürdig und dürfen in unserem Land nicht geduldet werden.“
Sie verurteile auch das Verbrennen der US-Flagge, so Harris. „Sie sollte niemals auf diese Weise geschändet werden.“ Sie unterstütze das Recht, friedlich zu protestieren, sagte Harris, und fügte hinzu: „Aber lassen Sie uns klar sagen: Antisemitismus, Hass und Gewalt jeglicher Art haben in unserem Land keinen Platz.“
Die Proteste waren auch Thema in dem regelmäßig stattfindenden Pressekonferenz des Weißen Hauses. Kirby wurde gefragt, ob er Behauptungen zustimme, dass der Iran einige der Demonstranten finanziell unterstütze. Darauf antwortete er, man wisse, „dass der Iran einige der Proteste hier in den Vereinigten Staaten finanziert und unterstützt“. Man glaube aber nicht, dass aller Protest vom Iran unterstützt werde. (dpa)
Netanjahu trifft Biden im Weißen Haus
Nach seiner Rede im US-Kongress hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu US-Präsident Joe Biden getroffen. Die beiden kamen am Donnerstag im Weißen Haus zusammen.
Das Verhältnis zwischen dem amtierenden US-Präsidenten Biden und Israels Regierungschef ist schon lange angespannt. Wegen des Vorgehens der israelischen Führung im Gaza-Krieg hat sich die Stimmung weiter verschlechtert. Die USA als wichtigster Verbündeter drängen Israel seit Monaten, die humanitäre Hilfe in Gaza zu verstärken und den Schutz der Zivilbevölkerung zu verbessern. Netanjahu weist jegliche Kritik am militärischen Vorgehen seines Landes im Gazastreifen zurück.
Zum Auftakt des Treffens bedankte sich Netanjahu bei Biden für dessen Unterstützung: „Ich möchte Ihnen für 50 Jahre im öffentlichen Dienst und 50 Jahre Unterstützung für den Staat Israel danken“, sagte der israelische Regierungschef zu Biden, der am Sonntag seinen Rückzug aus dem Präsidentschaftsrennen erklärt hatte. (dpa)
Hamas-Führungsmitglied in Haft verstorben
Wie eine palästinensische Behörde am Freitag mitteilt, ist am Morgen ein Führungsmitglied der Hamas im Westjordanland in israelischer Gefangenschaft gestorben. Mustafa Muhammad Abu Ara sei aufgrund einer starken Verschlechterung seines Gesundheitszustandes gestorben, teilt die Palästinensische Kommission für Angelegenheiten von Gefangenen in einer Erklärung mit. (rtr)
Insider: Israel will Änderungen am Waffenstillstands-Plan
Israel fordert Insidern zufolge Änderungen am Plan für einen Waffenstillstand im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln. Das erschwere eine Einigung, sagte vier mit den Vorgängen vertraute Personen – ein westlicher Beamter sowie ein palästinensischer und zwei ägyptische Insider. So fordere Israel eine Überprüfung vertriebener Palästinenser, wenn sie in den Norden der Enklave zurückkehrten. Das weiche von der Vereinbarung ab, die es Zivilisten, die nach Süden geflohen sind, erlaube, frei nach Hause zurückzukehren. Die Hamas lehne die Forderung ab. Dem ägyptischen Insider zufolge fordert Israel zudem auch weiterhin die Kontrolle über die Grenze des Gazastreifens zu Ägypten. Das weise Ägypten zurück. (rtr)
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