Rückführung in Krisenländer: Abschiebung mit zweierlei Maß

Die Regierung schiebt nach Afghanistan ab. Gleichzeitig warnt sie Kenia vor Rückführungen nach Somalia. Die Opposition spricht von „Bigotterie“.

Sonnenuntergang über einem Lager, in dem die Zelte eng gedrängt stehen

Das Flüchtlingslager Dadaab. Somalier, die hier leben, will Kenias Regierung loswerden Foto: reuters

BERLIN taz | Abschiebungen aus Deutschland nach Afghanistan gehen klar, Abschiebungen aus Kenia nach Somalia dagegen gehen überhaupt nicht: Entsprechende Äußerungen aus dem Auswärtigen Amt bezeichnet der Grünen-Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour als „bigott“. Er wirft der Bundesregierung vor, bei Rückführungen in Krisenländer mit zweierlei Maß zu messen.

Der Außenpolitiker hatte sich in der Fragestunde des Bundestags in der vergangenen Woche nach der Situation im kenianischen Flüchtlingslager Dadaab erkundigt. Seit Beginn des somalischen Bürgerkriegs im Jahr 1991 haben sich dort hunderttausende Flüchtlinge angesiedelt. Wegen Anschlägen somalischer Terroristen in Kenia will die Regierung die Flüchtlinge aber loswerden. Die Behörden drängen sie zur Rückkehr, nach Angaben von Amnesty International auch durch Drohungen.

Von der Bundesregierung wollte Nouripour nun wissen, welche Möglichkeiten sie für die rund 250.000 in Dabaab verbliebenen Menschen sieht, „angesichts der Sicherheits- und Versorgungslage sicher nach Somalia zurückzukehren“.

Bundesregierung mahnt Kenianer

Die Antwort von Maria Böhmer (CDU), Staatsministerin im Auswärtigen Amt: ausweichend. Durch Entwicklungshilfe versuche die Bundesregierung, Somalia zu stabilisieren. Darüber hinaus habe sie „gegenüber Kenia immer wieder deutlich gemacht, dass die Rückkehr somalischer Flüchtlinge nur freiwillig und unter Beachtung der Standards des internationalen Rechts erfolgen darf“.

Diese Antwort bezeichnet Nouripour als scheinheilig. In das ebenfalls instabile Afghanistan hat die Bundesrepublik seit Dezember schließlich drei Abschiebeflüge durchgeführt; das Auswärtige Amt rechtfertigt diese mit Verweis auf „vergleichsweise ruhige und stabile“ Regionen innerhalb des Landes. Der grüne Abgeordnete sagt deshalb: „Die Bundesregierung handelt zutiefst bigott: sie belehrt andere Staaten – völlig zurecht –, dass man Flüchtlinge nicht einfach in ihre Herkunftsländer abschieben kann. Sie selbst aber missachtet diese Grundsätze mit jeder Sammelabschiebung nach Afghanistan.“

Immerhin: Nach Somalia hat die Bundesregierung selbst im Jahr 2016 wegen der Sicherheitslage keine Abschiebungen durchgeführt. Europäische Nachbarstaaten schätzen die Lage allerdings anders ein. So bereitet Dänemark seit einigen Wochen Abschiebungen somalischer Flüchtlingen in ihr Heimatland vor.

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