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Sprengstoffanschlag auf PipelinesNord-Stream-Saboteur wird nicht ausgeliefert

Ein italienisches Gericht hat die Auslieferung des Ukrainers Serhij K. an Deutschland vorerst gestoppt. Er soll den Anschlag von 2022 geplant haben.

Im September 2022 wurden bei Sprengstoffanschlägen die Ostseepipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 beschädigt Foto: DANISH DEFENCE COMMAND/rtr
Michael Braun

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Michael Braun aus Rom

Der Ukrainer Serhij K. wird vorerst nicht von Italien nach Deutschland ausgeliefert. Dies entschied am Mittwochabend das Kassationsgericht in Rom, das den Fall an das Appellationsgericht in Bologna zurückverwies.

K. wird von Deutschland mit einem europäischen Haftbefehl gesucht. Er wird verdächtigt, eine führende Rolle bei den im September 2022 ausgeführten Sprengstoffanschlägen auf die Ostseepipelines Nord-Stream 1 und Nord-Stream 2 gespielt zu haben, die Deutschland mit russischem Gas versorgten. Die Explosionen, erfolgt in der Nähe der Insel Bornholm, sorgten für vier Lecks und machten so die weitere Durchleitung von Gas durch die Pipelines unmöglich.

Der Drahtzieher soll K. gewesen sein. Er soll die Tätergruppe – neben ihm werden sechs weitere Personen verdächtigt – koordiniert haben. Deshalb sucht ihn die Bundesanwaltschaft wegen gemeinschaftlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und verfassungsfeindlicher Sabotage.

Das Kassationsgericht in Rom traf allerdings keine Entscheidung in der Sache. Es folgte der Argumentation der Verteidigung des 49-jährigen Ukrainers. Die hatte Einspruch gegen die im September gefällte Entscheidung des Appellationsgerichts in Bologna eingelegt, das der Auslieferung stattgegeben hatte, weil in dem Verfahren die Rechte des Angeklagten verletzt worden seien. Damit wird eine andere Kammer des Appellationsgerichts Bologna den Fall erneut entscheiden müssen.

Auch Polen liefert Komplizen nicht aus

K. hatte im Sommer mit seiner Familie sorglos an der Adriaküste Urlaub gemacht, bis er am 21. August verhaftet worden war. Sein Anwalt will jetzt seine Haftentlassung beantragen, da das Kassationsgericht seiner Auffassung gefolgt sei, der europäische Haftbefehl habe eine juristisch falsche Einordnung der Tatvorwürfe vorgenommen.

Im Detail sind allerdings die Gründe für die am Mittwoch erfolgte Entscheidung nicht bekannt, da – wie in Italien üblich – das Gericht ohne weitere mündliche Ausführungen nur seinen Beschluss bekannt gegeben hat, während die Begründung schriftlich erst in einigen Wochen folgen wird.

Am Freitag wird ein Gericht in Polen über die Auslieferung eines weiteren dort inhaftierten Tatverdächtigen entscheiden. Dessen Widerstand gegen die Überstellung an die deutsche Justiz genießt Unterstützung von ganz oben. Polens Ministerpräsident Donald Tusk hatte vor einigen Tagen erklärt: „Das Problem Europas, der Ukraine, Litauens und Polens ist nicht, dass Nord Stream 2 in die Luft gesprengt wurde, sondern, dass es gebaut wurde.“

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