Urteil zu Verkauf von Äckern: Sieg für gemeinwohlorientierte Bodenfonds und Biohof
Ein Oberlandesgericht erleichtert Käufe von Agrarflächen durch gemeinwohlorientierte Bodenfonds. Der betroffene Hof darf den Acker vorerst behalten.

Gemäß Grundstückverkehrsgesetz dürfen die Behörden den Verkauf von Agrarland untersagen, wenn er „eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet“. In diesem Fall ist die Behörde die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen – und die legte ihr Veto ein. Ihr zufolge wäre die ungesunde Verteilung schon deshalb gegeben, weil die Kulturland-Tochtergesellschaft keine Landwirtin sei. Es gebe dagegen einen Schweinemäster, der die Fläche nicht nur pachten, sondern direkt kaufen wolle.
Anders als das Amtsgericht Münster in der ersten Instanz stufte das OLG Hamm die Kulturland-Firma nicht als Landwirt ein. Dennoch führe der Verkauf an sie nicht zu einer „ungesunden“ Verteilung des Bodens, heißt es im Urteil. Im Gegenteil: Er stehe im Einklang mit den agrarpolitischen Zielen der Bundesregierung – zum Beispiel, dass neue Höfe gegründet werden können.
Denn durch den Kauf werde eine „eine landwirtschaftliche Fläche langfristig für einen Junglandwirt im Rahmen einer regional eingebundenen ökologischen Landwirtschaft gesichert, der sich ansonsten seinen eigenen Flächenerwerb gar nicht leisten könnte“, schreibt das Gericht.
Der Bauer, David Büchler, könne die 615.000 Euro Kaufpreis nicht selbst aufbringen. Deshalb sei er darauf angewiesen, dass die Genossenschaftsfirma den Acker kauft, um diesen dauerhaft an ihn zu verpachten. Die Satzungen der Kulturland-Genossenschaft, ihrer Tochtergesellschaft Kulturland Westfalen KG, der Kaufvertrag und der zwischen der Kulturland Westfalen KG und Hof Biolee zu schließende Pachtvertrag sorgten dafür, dass eine „zweckwidrige Verwendung der landwirtschaftlichen Flächen, insbesondere zu Spekulationszwecken, ausgeschlossen“ sei.
Mindestens 30 Jahre Pacht
Büchler hatte argumentiert, dass er als Komplementär der Tochtergesellschaft ein Vetorecht bei allen Entscheidungen darüber habe, was mit der Fläche passiert. Der Pachtvertrag werde auf 30 Jahre geschlossen, schon jetzt kündigt die Gesellschaft eine Option auf weitere 30 Jahre Pacht an. Im Gesellschaftsvertrag steht auch, dass sie den Zweck hat, die Flächen für Büchlers Ökolandbau zu sichern.
Kulturland wertete den Beschluss als „Erfolg auf ganzer Linie“. Allerdings könne die Landwirtschaftskammer binnen eines Monats zum Bundesgerichtshof gehen. So eine Entscheidung „wäre völlig unverantwortlich und würde eine klare Parteinahme der Landwirtschaftskammer gegen junge landwirtschaftliche Betriebsgründungen darstellen“, sagte Titus Bahner, Vorstand der Genossenschaft. Die Kammer teilte am Mittwoch mit, sie prüfe die Angelegenheit noch.
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