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Neuaufstellung der Deutschen BahnStaatskonzern könnte erstmals eine Chefin bekommen

Die neue Koalition will Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Bahn neu aufstellen. Erste Namen für den neuen Vorstandsvorsitz machen die Runde.

Sie könnte die erste Bahn-Chefin werden: Managerin Sigrid Nikutta, zurzeit für den Güterverkehr des Staatskonzerns verantwortlich Foto: Sachelle Babbar via www.imago-images.de

Berlin taz | Ein Satz aus dem Koalitionsvertrag sorgt bei der Deutschen Bahn für Unruhe. „Sowohl beim DB-Konzern als auch bei der InfraGO soll eine Neuaufstellung von Aufsichtsrat und Vorstand erfolgen, mit dem Ziel, mehr Fachkompetenz abzubilden und eine Verschlankung zu erreichen“, lautet die Passage. Vor allem die Union würde die Führungsspitze des Konzerns gerne umbauen. Der Plan könnte Bahnchef Richard Lutz vorzeitig den Job kosten. Sein Vertrag läuft noch bis 2027. Schon bei der Vorstellung der Jahresbilanz 2024 vor wenigen Wochen war sich Lutz nicht mehr sicher, ob dies seine letzte Präsentation der Zahlen sein sollte. Weitermachen würde er gerne.

Doch längst wird über potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten für den Spitzenjob spekuliert. Die Besetzung des Chefpostens ist Sache des Kanzlers. Dafür dürfen die Gewerkschaften bei der Auswahl des Personalvorstands ein gewichtiges Wort mitreden. So war die Aufgabenteilung zwischen Eigentümer und Gewerkschaftsseite bisher.

Einer der Namen, die gelegentlich als Nachfolgeoption genannt werden, ist der des scheidenden Verkehrsministers Volker Wissing, einst FDP. Der mittlerweile parteilose Politiker hat sich im Konzern einen guten Ruf verschafft, weil er sich als erster Ressortchef seit Langem verlässlich für den Schienenverkehr eingesetzt hat. Realistisch erscheint diese Personalie allerdings nicht. Es fehlt die Managementerfahrung. Im Aufsichtsrat könnte Wissing ob seiner Fachkenntnis eher eine Chance haben.

Gestandene Manager von außen anzuheuern, dürfte im laufenden Sanierungsprozess auch nicht die erste Lösung darstellen. Fragt man Headhunter, ist das Anforderungsprofil des Bahnchefs schon umfangreicher als das bei einem nicht ständig im Licht der Öffentlichkeit stehenden Unternehmensvorstand. Gefragt ist neben den betriebswirtschaftlichen Fähigkeiten auch der Umgang mit Ministern, Abgeordneten, Landräten und Medien. In Frage käme vielleicht ein erfolgreicher Bahnmanager aus dem Ausland.

Konkurrenz fordert Problemanalyse

Näher liegt daher eine interne Lösung. Lange wurde die Vorständin des Güterverkehrs, Sigrid Nikutta, als potenzielle Lutz-Nachfolgerin gehandelt. Die frühere Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe gilt als ehrgeizig und durchsetzungsstark. Allerdings hat sich die von ihr geführte Cargosparte zu einem notorischen Verlustbringer entwickelt. Bisher hat Nikutta nur tiefrote Zahlen präsentieren können. Außerdem hat sich die Vorständin mit der Gewerkschaft EVG über den Sanierungskurs verkracht. Zeitweilig habe man nicht mehr miteinander gesprochen, sagen Insider. Inzwischen ist der Streit beigelegt.

So könnte eine andere Vorständin zur Favoritin werden. Sie heißt Evelyn Palla, ist für den Regionalverkehr zuständig und seit 2022 im Konzernvorstand. Zuvor war sie unter anderem für die Österreichische Staatsbahn tätig und hat einiges an Auslandserfahrung. Die 52-jährige Betriebswirtin hat den Regionalverkehr wieder in die Gewinnzone geführt. Aus 22 Millionen Miesen wurden im vergangenen Jahr über 100 Millionen Euro Gewinn. Damit hat sie gezeigt, dass sie Sanierung kann. Fleiß hat sie auch an den Tag gelegt und nebenher den Lokführerschein gemacht. „Ich wollte wissen, wie es sich anfühlt, im Führerstand zu sitzen“, sagt sie.

Die private Konkurrenz warnt vor einer überstürzten Personaldebatte. „Bevor die Politik die Top-Jobs bei der DB neu besetzt, muss sie ihr eigenes Strategiedefizit aufarbeiten“, verlangt Neele Wesseln vom Verband Die Güterbahnen. Die Wettbewerber fordern erst einmal eine gründliche Analyse vergangener Versäumnisse, bevor Personal ausgetauscht wird.

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7 Kommentare

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  • Die wichtigste Qualifikation eines Bahnmanagers ist es bisher, die Schuld bei anderen suchen zu können. Von daher kann es vielleicht auch nicht besser werden.

  • Das ist ja ein Dauerthema:



    Leute lassen sich in Arbeitskleidung abbilden, von der sie nichts verstehen, weder von der Kleidung noch von der Arbeit.



    Ob sie dabei ein gutes oder ein fatales Beispiel sind verstehen sie nicht, bestenfalls wäre es ihnen nicht egal.

    etem.bgetem.de/3.2...al-und-lange-haare



    medien.bgetem.de/m...tikel/QkdSIDE4OQ--



    www.komnet.nrw.de/...etools/dialog/7790

    *

    Sonst kann man wenig dazu sagen. Der Güterverkehr DB Cargo ist eine der Sparten mit einer konstant fallenden niedrigen Kundenzufriedenheit Gemessen daran, dass die Kunden im Güterverkehr ausnahmslos fachkundig sind und daher sachlich urteilen, besonders aussagekräftig.

  • Und plötzlich erkennt man, dass Kompetenz entscheidend ist. Gut, wenn dabei eine Frau in Betracht gezogen wird. Bitter, dass die bisherigen Männer offenbar völlig inkompetent waren.

  • In privaten Unternehmen ist die Einstellung der Vorstände die wichtigste Aufgabe des Aufsichtsrats.

  • „Regionalverkehr wieder in die Gewinnzone geführt“ - wenn blindes Gewinnstreben einen Regionalverkehr zur Folge hat, der kaum noch funktioniert (so sieht es auf vielen Strecken aus), dann kann man es auch gleich lassen.



    So lange Fahrpläne eindampfen und Strecken demontieren, bis auf wenigen hochfrequentierten Strecken kein Minus mehr gemacht wird, ist lächerlich einfach. Darauf läuft es aber leider immer wieder hinaus.

    • @guzman:

      Wenn das so war, ist das auch keine Empfehlung. Lokführerschein ist schon ein Ansatz, war früher aber nicht zur Selbsterfahrung, sondern nur mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung Metall oder Elektro möglich. Die Schlafwagen haben die Österreicher gewinnbringend übernommen. Was läuft schief bei der Bahn und wohin ? Wir müssen uns nur den Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestags ansehen, dann wissen wir etwas mehr über das Unternehmen, das den Deutschen gehört.

  • Frau, Mann, Trans, Besen-stiehl solange mindestens 1% kompetent ein Fortschritt.