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Autoreifen, Kunstrasen und AckergifteEuropäische Flüsse sind massiv mit Mikroplastik verseucht

Forschende haben Tausende Wasserproben in Europa genommen, alle waren mit kleinen Kunststoffpartikeln belastet. Helfen würde etwa ein Tempolimit.

Eine der größten Quellen von Mikroplastik ist der Abrieb von Autoreifen Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Berlin taz | „Alarmierend“ sei die Belastung durch Mikroplastik in europäischen Gewässern, heißt es in der Fachzeitschrift Environmental Science and Pollution Research, in der am Montag zeitgleich 14 Studien der Tara Ocean Foundation veröffentlicht wurden. Die Stiftung hat in ihrer „Mission Mikroplastik 2019“ insgesamt 2.700 Wasserproben aus neun großen europäischen Flüssen wie der Elbe in Deutschland und der Themse in Großbritannien entnommen. Diese wurden nun auf Mikroplastik untersucht. Das Ergebnis: Mikroplastik war in 100 Prozent der entnommenen Wasserproben enthalten.

Bei Mikroplastik handelt es sich um feste, nicht biologisch abbaubare Plastikteile, die kleiner als 5 Millimeter sind. Sie gelangen auf diversen Wegen in die Gewässer. Die größten Quellen sind der Abrieb von Autoreifen, Kunstrasen sowie die Nutzung von Dünger und Pestiziden in der Landwirtschaft, sagte Janine Korduan, Referentin für Kreislaufwirtschaft beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, der taz.

Das Gefährliche an Mikroplastik sei, dass die Teilchen wie ein Magnet für Umweltchemikalien sind. Auf Plastik seien bis zu hundertmal höhere Konzentrationen von Schadstoffen zu finden als im Meerwasser darum.

Kleinstpartikel besonders gefährlich

Die aktuellen Studien zeigen, dass die Masse der Kleinstpartikel größer ist als die Masse an sichtbaren Mikroplastik-Partikeln. Kleinstpartikel sind besonders gefährlich, denn sie verteilen sich über den gesamten Flussverlauf und werden von vielen Tieren und Organismen aufgenommen.

Durch beispielsweise den Verzehr von Fisch nimmt auch der Mensch das Plastik und die Schadstoffe auf. „Es ist so wahnsinnig. Der Zustand der Meeresumwelt ist besorgniserregend und die Auswirkungen kaum abschätzbar“, so Korduan. Mikroplastik müsse in der Umwelt überall vermieden werden, wo es geht.

Die Politik könne zum Beispiel mit einem Tempolimit helfen, denn je schneller die Reifen sich drehen, desto mehr Kunststoff reibt sich ab. Auch etwa die Mikroplastik-Beschränkung der EU sei ein Schritt in die richtige Richtung, sagte Korduan. Um gegen Mikroplastik anzukommen, müsse aber an der Quelle angesetzt, die Plastikproduktion weltweit reguliert werden.

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8 Kommentare

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  • Also, eigentlich ist es eine Studie, nicht 14. 14 Artikel, inkl. Editorial, sind in dem Band versammelt.



    In der Studie wird auch auf ein Tempolimit nicht eingegangen. Es zeigt sich auch kein systematischer Zusammenhang - Flüsse in Ländern mit Tempolimit haben teilweise höhere Belastungen.



    Und, um positiv für Europa zu enden, andere Flüsse, zB in Asien, sind höher belastet.



    Abgesehen von der Kritik, sollte Mikroplastik natürlich möglichst gar nicht erst entstehen. Also auch keine Kleidung mit Plaste getragen werden.

  • Plastik bei Kunstrasenplätzen wurde direkt verboten, doch bei Autos wird natürlich wieder nichts gemacht. Wir machen uns lieber Sorgen darüber, wenn irgendwelche Dödel der Autoindustrie den Job verlieren, weil deren Gewinne schmelzen. Verkehr (te) Welt.

  • Vorsicht auch beim viel gelobten Plastikrecycling. Recyclingmaterial unterliegt, da vorgeschädigt, verstärkter Degradation und Zerfall zu Mikroplastik. Parkbänke, Sichtschutzzäune...

    • @sollndas:

      Generell zerfällt Kunststoff draußen schneller als drinnen - Verwitterung halt. Und was steht planmäßig draußen? Parkbänke, Sichtschutzzäune ...



      (Unplanmäßig finden sich draußen natürlich auch andere Plastikgegenstände, wie Flaschen, Tüten etc ... auch alle nicht lange im brauchbaren Zustand.)

  • Der direkte gesundheitsschädliche Wirkungspfad von Reifenabrieb ist die Luft. Wir atmen das 24/7 ein. Je ärmer (wer wohnt an lauten Hauptstrassen?) desto mehr.



    Aber die Leichtigkeit (!) des (Auto-)Verkehrs ist weiterhin das staatstragende Dogma in Deutschland.



    Hepa-Filter am Kippfenster?



    Tja.

  • Nichts gegen ein Tempolimit.



    Aber die Argumentation, dies zur Reduktion von Mikroplastik einzusetzen ist schon reichlich absurd...



    Das wirkt, mit Verlaub, wie aus der M

  • Verwunderlich, liest man den Wikipedia Eintrag über Mikroplastik (de.wikipedia.org/wiki/Mikroplastik) ist das Waschen von synthetischen Textilien die größte Quelle von Mikroplastik, noch vor Reifenabrieb, dafür wird die Landwirtschaft gar nicht erwähnt. Reifenabrieb wird durch die E-Mobilität sicherlich noch zunehmen da sie einfach, durch die Akkus, ein viel höheres Gewicht haben.

    • @Günter Witte:

      Gewichtsmäßig dürften olle Verbrenner-SUVs da auch nicht besser sein.



      Ich hab aber den Eindruck, dass E-Auto-Fahrer dazu neigen, wie bescheuert zu beschleunigen, einfach, weil sie's können. Nur, um dann gleich wieder an der nächsten roten Ampel zu stehen, weil die grüne Welle üblicherweise nicht für sowas ausgerichtet ist.